Gottesdienste auf der Toilette

Die Nordkoreanerin Hea Woo glaubte, dass der Führer ihres Landes ein Gott sei. Als sie Christin wurde, kam sie ins Arbeitslager. Im pro-Interview berichtet sie von Gottesdiensten auf der Toilette und der Kraft des Gebets.
Von PRO
In Nordkorea müssen Christen wegen ihres Glaubens in Arbeitslager. Gottesdienste feiern sie dort heimlich – auch auf der Toilette
Hae Woo wurde in Nordkorea geboren und wuchs dort in dem Glauben auf, die ganze Welt sei so wie ihr Land. Sie glaubte auch, dass der Führer des Landes ein Gott sei. Sie heiratete und brachte vier Kinder zur Welt. Dann kam ihr Mann in ein Arbeitslager, wo er starb. Er war Christ, ohne dass sie es wusste. Später kam sie selbst zum Glauben an Jesus. Deshalb wurde auch sie verfolgt, eingesperrt und gefoltert. Doch Gott gab ihr die Kraft, ihm treu zu bleiben, erzählt sie. Sie überlebte ihre Haftstrafe und kam frei. Die heute knapp 70 Jahre alte Frau sieht sich als christliche Botschafterin Nordkoreas. Sie lebt in Südkorea und reist von dort aus um die Welt, um zum Gebet aufzurufen und auf die Situation in Nordkorea aufmerksam zu machen. Immer wieder geht sie in Gefängnisse, um Menschen Mut zu machen und ihre Geschichte mit Gott zu erzählen.

pro: Wie sind Sie zum Glauben gekommen?

Hae Woo: Eines Tages stand ein fremder Mann vor meiner Tür. Ich machte ihm auf und er erzählte mir, er habe meinen Mann im Arbeitslager kennengelernt. Mein Mann habe ihn zum Glauben geführt. Und dann begann dieser fremde Mann, auch mir von Jesus Christus zu erzählen. Ich bekehrte mich.

Kennen Sie auch Zweifel?

Ich bin mit der Juche-Ideologie großgeworden. Sie geht davon aus, dass die früheren Staatsoberhäupter Kim Il-sung und Kim Jong-il Gottheiten sind und Verantwortung für die ganze Welt tragen. Menschen sind so beschaffen, dass sie ständig zweifeln, und wahrscheinlich ist das bei mir auch mit dieser Ideologie passiert. Dem Führer des Landes kann man nicht glauben. Aber der Gott, der uns als seine Kinder annimmt, auf den kann man vertrauen, denn er sorgt für uns bis in die Ewigkeit. Ich glaube, dass oft diejenigen an Gott zweifeln, die in einer Überflussgesellschaft leben. Sie haben alles und sie kennen das Leiden und den Mangel nicht. Menschen, die im irdischen Leben nur materielle Güter als wichtig empfinden, sind arme Menschen. Das ist etwas, was sie nicht mitnehmen können, wenn sie sterben. Für mich ist solch ein Leben wertlos. Mit Jesus finden Menschen alles und auf diesem starken Fundament kann man weiteres aufbauen. Und wir können auf die Wiederauferstehung unserer Seele hoffen und darauf, dass wir ihm eines Tages begegnen.

Wie hat Ihnen der Glaube geholfen?

Ich habe in meiner Verfolgung erlebt, dass Jesus Christus meine Hand genommen hat, für mich sorgt und bei mir ist.

Sie haben mehrere Jahre im Arbeitslager verbracht und dort Gottesdienste auf der Lagertoilette gefeiert. Warum?

Gott gab mir die Aufgabe, im Lager zu missionieren. Jeden Tag zeigte er mir eine neue Person, der ich von Jesus erzählen sollte. Es entstand eine Untergrundkirche innerhalb des Lagers. Doch es gab keinen Ort, an dem wir uns treffen konnten. Wir beteten und fragten Gott, wo wir Gottesdienste feiern könnten. Er antwortete: „Geht doch auf die Toilette.“ Wir wussten, dass es dort entsetzlich stank, und es wimmelte nur so von Ratten, Läusen und Flöhen. Dennoch kamen wir jeden Sonntag heimlich dort zusammen und feierten ganz leise unseren Gottesdienst. Wenn wir dann zum Arbeiten auf die Felder gingen, drückten wir uns gegenseitig die Hände und sprachen uns leise Ermutigung zu: „Halleluja.“

Welchen Stellenwert hat das Gebet in Ihrem Leben?

Das Gebet ist das Leben und die Kraft. Viele zweifeln an Gott, weil sie glauben, dass ihre Gebete nicht erhört werden. Doch ich bin mir sicher, dass Gebete erhört werden. Vielleicht erfüllt sich nicht das, was wir uns wünschen, und vielleicht dauert es lange, bis etwas passiert. Doch Gott vergisst unsere Gebete nicht. Er erfüllt sie nach seiner Zeit und nach seinem Plan.

Hat sich in den letzten Jahren etwas an der Christenverfolgung in Nordkorea verändert?

Ich nehme wahr, dass die Verfolgung zugenommen hat. Weil ich aber selbst verfolgt wurde, bin ich mir sicher, dass der Glauben der verfolgten nordkoreanischen Christen stark ist. Denn der Glaube ist das einzige, was ihnen Kraft schenkt. Christen, die aufgrund ihres Glaubens gefasst werden, kommen in Umerziehungslager. Da kommt man eigentlich nicht lebend heraus. Sie werden dort umgebracht. Dennoch bin ich mir sicher, dass diese Christen Gott sehr nahe sind. Vor einiger Zeit hörte man niemals den Namen Jesus Christus in Nordkorea. Deswegen ist es für die Verbreitung des Evangeliums gut, dass viele Menschen, die von Nordkorea nach China fliehen, dort den Glauben annehmen und biblisch geschult werden. Zwar werden sie dann oft gefasst, zurückgeschickt und wieder eingesperrt. Doch sie haben Jesus im Herzen und wollen in Nordkorea das Wort Gottes verkünden. Ich glaube, dass das Gottes Plan ist.

Was sind Ihre Eindrücke von den Christen in Europa?

Ich habe in Korea gehört, dass die Kirchen in Europa sehr geschwächt sind und sowohl qualitativ als auch quantitativ abnehmen. Auch, dass viele Kirchen schließen, war für mich sehr schmerzhaft zu hören. Aber vor Ort war ich überrascht, dass so viele Christen hier zusammengekommen sind. Das ist für mich eine Bestätigung, dass die Christen in Deutschland sehr aktiv sind. Ich bin mir sicher, dass Deutschland für Gottes Werke wichtig werden wird. (pro)
https://www.pro-medienmagazin.de/kultur/veranstaltungen/detailansicht/aktuell/verfolgung-der-christenheit-nimmt-zu-88181/
https://www.pro-medienmagazin.de/politik/detailansicht/aktuell/nordkorea-graeueltaten-beenden-87589/
https://www.pro-medienmagazin.de/gesellschaft/weltweit/detailansicht/aktuell/schreckensherrschaft-in-nordkorea-87024/
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