Willkommen bei der River at Tampa Bay Kirche“, steht auf einem Schild, das die Pastoren derselben Gemeinde in dieser Woche an die Kirchentüren geheftet haben. Für Irritation sorgt, was dann folgt: „Begrenztes Eintrittsrecht – Privatbesitz – WARNUNG – dies ist keine waffenfreie Zone – wir sind schwer bewaffnet – auf jeden Anschlag wird mit tödlicher Gewalt reagiert – ja, wir sind eine Kirche und wir beschützen unsere Mitglieder – die Pastoren.“. Nicht sehr einladend?
Dennoch: Einige Amerikaner fühlen sich durch Waffen in der Kirche sicherer, bekunden sie auf Instagram. Besonders nach dem Attentat in einer Baptistenkirche im texanischen Sutherland Springs, bei dem vor Kurzem 26 Menschen ums Leben kamen.
Ein Instagram-Nutzer kommentiert das Schild an der Kirchentür deswegen so: „Gott wird seine Leute beschützen, aber er erwartet, dass auch wir unsere Hausaufgaben machen. Deswegen tragen wir ja auch Sicherheitsgurte oder Schutzhelme. Wir tun das Unsrige, Gott tut das Seine.“
Der Nutzer liegt nicht ganz falsch, und dennoch ist seine Schlussfolgerung fatal: Eine Glaubenshaltung, die Menschen komplett passiv werden lässt und keinerlei Eigeninitiative erlaubt, wünscht sich Gott sicher nicht. Gleichzeitig spricht alles, was in der Bibel über ihn zu lesen ist, dagegen, dass Gott sich diese Form von Waffennutzung in seinem Haus wünschen würde. Vielmehr spricht Jesus von Sanftmut, Einheit und Mission. Es stünde den Amerikanern gut an, neue Waffengesetze zu schaffen, nicht, sich in den Kirchen zu bewaffnen.
Wie kommen also ausgerechnet Pastoren auf die Idee, so ein Schild an ihrer Kirche anzubringen? Das Recht auf privaten Waffenbesitz spaltet seit Jahrzehnten die amerikanische Gesellschaft. Im Zweiten Verfassungszusatz von 1791 findet sich seine historische Rechtsgrundlage. Da heißt es: „Da eine gut ausgebildete Miliz für die Sicherheit eines freien Staates erforderlich ist, darf das Recht des Volkes, Waffen zu besitzen und zu tragen, nicht beeinträchtigt werden.“ Viele Waffen-Fans, so offenbar auch die Pastoren der Tampa Bay Kirche, leiten daraus so etwas wie einen automatischen Waffenschein für alle volljährigen Amerikaner ab. Tatsächlich dürfte dies nicht dem entsprechen, was die Gründungsväter im Sinn hatten: Als sie den Verfassungszusatz formulierten, gab es noch keine staatlichen Streitkräfte. Es gab Milizen, deren Aufgabe es beispielsweise war, die Regierenden vor Revolten von Sklaven und anderen Minderheiten zu schützen. Seither gibt es um das korrekte Verständnis dieses Verfassungszusatzes Streit.
Vor ziemlich genau zehn Jahren urteilte der Oberste Gerichtshof in den USA, dass damit auch das Recht gedeckt sei, zum Selbstschutz zu Hause eine Waffe zu besitzen. Hierauf berufen sich die Pastoren offenbar, wenn sie auf „Privatbesitz“ hinweisen und ankündigen, dass dieser im Notfall mit Gewalt verteidigt würde.
Um die Zeit, als der Verfassungszusatz formuliert wurde, waren unter den Einwanderern nicht wenige Menschen, die in der USA Zuflucht suchten, weil sie ihren Glauben in ihrem Heimatland nicht offen leben konnten. Diese Menschen wünschten sich (Glaubens-)Freiheit.
Heute halten in dem „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“ manche Pastoren Waffen für nötig, um ihren Gott „in Freiheit“ anbeten zu können. So hatten sich das die Gründungsväter nicht gedacht. Und Gott selbst erst recht nicht.
Von: Stefanie Ramsperger