Gott segne meinen Wahlkampf

Bis zur nächsten Wahl des US-Präsidenten sind es zwar noch etwas mehr als 13 Monate, aber der Wahlkampf hat längst begonnen. Nachdem die Schuldendebatte des Sommers überstanden ist, bläst nun auch Barack Obama zum Angriff. Seine Waffe: religiöse Rhetorik.
Von PRO

Die amerikanische Zeitung "USA Today" sprach mit verschiedenen Experten, die die religiöse Rhetorik in den Reden des US-Präsidenten und Präsidentschaftskandidaten untersuchen. Wie der Kommunikationswissenschaftler David Domke festgestellt hat, greife Barack Obama in seinen politischen Reden nun auf weitaus mehr religiöse Wendungen zurück. In den ersten beiden Amtsjahren hätte allenfalls das übliche "Gott segne Amerika" am Ende einer jeden Rede religiöse Anklänge gehabt.

Domke, Co-Autor des Buches "The God Strategy: How Religion Became a Political Weapon in America", vermutet dahinter eine Strategie, die letztlich darauf abziele, den Begriffen "christlich" und "amerikanisch" die gleiche Bedeutung zu geben. Damit wolle Obama deutlich machen, was für einen Anspruch die Nation aus seiner Sicht hat. Obama habe dieses rhetorische Mittel nicht verwendet, als seine Umfragewerte noch bei guten 60 Prozent lagen, so der Wissenschaftler.

Allerdings äußerte der Politologe John Green gegenüber "USA Today" seine Zweifel, ob die Rechnung für Obama aufgehen wird. Die Stimmen der konservativen Evangelikalen werde er wohl auch so nicht für sich gewinnen. Allenfalls werde er noch zwiespältige Wähler ansprechen, die es ungern sehen, wenn ein kompromissloser Glaube die nationale Politik bestimmt.

Überhaupt würden viele Amerikaner Zweifel hegen, ob Obama es mit seinem Glauben ernst meint, gibt Domke zu bedenken. Immerhin sei er der erste Präsident mit multikulturellem Hintergrund, der zudem als erster Präsident in der Antrittsrede auch die Ungläubigen Amerikas als gesellschaftliche Gruppe erwähnt hatte. Da könne Obama noch so viel Gebete sprechen oder von seinem persönlichen Bekehrungserlebnis erzählen. Die Menschen, die ihn ohnehin nicht mögen, würden ihm dies einfach nicht abkaufen, so der Kommunikationswissenschaftler.

Anders sähe es etwa bei Rick Perry aus, einem Präsidentschaftsanwärter der Republikaner. Ob  Amerikaner seine religiösen Bekenntnisse in politischen Reden gut heißen oder nicht, in jedem Fall fänden sie ihn authentisch. Rick Perry trete außerdem wesentlich offener mit seinem Glauben an die Öffentlichkeit. Anders als Obama würde er auch bei säkularen Veranstaltungen, etwa im Rahmen einer Rede zur Außenpolitik, von seinem persönlichen Bekehrungserlebnis berichten. Obama habe dies bislang nur im religiösen Kontext getan, meint Domke.

Der Soziologe Paul Froese gab "USA Today" gegenüber sein Bedauern zum Ausdruck, dass es in den Debatten um die Präsidentschaftskandidaten kaum um Politik, dafür aber um die moralische Einstellung des Einzelnen ginge. Hätte ein Kandidat ein anderes Gottesbild, würde er gleich als fanatisch oder gottlos abgestempelt werden. (pro)

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