Christian Rüegger ist 59 Jahre alt, seit 30 Jahren Executive Director bei der UBS Zürich und ebensolange bekennender Christ. Das Schweizer Nachrichtenportal "swissinfo" hat ihn getroffen und festgestellt, dass das Geschäft mit dem Geld alles andere als schmutzig sein muss. Denn Rüegger trifft in seinem Job Entscheidungen für "Firmen oder Privatpersonen, die Mühe haben, finanziell zu überleben", wie er sagt und weiter: "Geld ist für mich ein Instrument zum Arbeiten wie für den Schreiner das Holz, sonst nichts. Profitdenken und viel Geld stehen bei mir nicht im Vordergrund." Für den Christen ist klar: "Wenn ich bei einer Bank arbeiten würde, die in meinem Gebiet unethisch handelt, dann wäre ich am falschen Ort."
Christen und Geld – wie passt das zusammen?
Rüegger hat den "Christlichen Verein der UBS" 1993 mitgegründet. Dort gibt es Gebets- und Bibelgruppen. Innerhalb der UBS im Raum Zürich gebe es an jedem Wochentag eine Bibelzusammenkunft der Christen. Persönlichkeiten aus Wirtschaft oder Politik erzählen einmal im Jahr, wie sie ihren Glauben in den Arbeitsalltag integrieren. 2009 ging es etwa um das Thema "Gott liebt Banker". Davon haben längst nicht alle Mitarbeiter etwas gemerkt, weiß Rüegger: "Wie ich es sehe, haben die Mitglieder in unseren Bibelgruppen durch die Finanzkrise nicht zugenommen", sagt Rüegger, im Gegenteil, "durch Entlassungen bei den Banken ist die Mitgliederzahl bei einzelnen Gruppen sogar geschrumpft."
Dennoch findet er die Gemeinschaft der "UBS-Christen" wichtig: "Gläubige Christen suchen die Gemeinschaft und den Gedankenaustausch mit anderen. Das gibt ihnen Kraft zu wissen, ‚es sind mit mir noch andere, Gleichgesinnte, auf dem gleichen Weg." Auf sein Arbeitsleben habe der Glaube hingegen weniger Einfluss. "Ich denke nicht, dass die Tatsache, dass ich Christ bin, Einfluss auf die Kreditentscheidungen bei der Bank hat. Ich entscheide nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen. Ich richte mich in erster Linie nach den Vorgaben der Bank. Meine Kriterien sind betriebswirtschaftlicher Natur und nicht sozialer oder humaner". Wie "swissinfo" schreibt, sind die Leitlinien für seine Arbeit nicht die Bibel konkret, sondern diejenigen der Bank. Sein Christsein bedeute für Rüegger, eine persönliche Beziehung zu Gott zu haben.
Fundamentalismus: "Vom Grunde her nichts Falsches"
Dem Schweizer "Tagesanzeiger" verriet er jüngst: "Das Gebet durchdringt mein ganzes Leben, also auch den Beruf." Dabei sei die Fürbitte nur ein Teil des Gebets. "Gebet ist vor allem Dank und Lobpreis an Jesus Christus, weil ich ein Kind Gottes sein darf und in seiner Gunst stehe." Am eigenen Leib habe er eine Gebetserhörung erfahren, als er nach einem Zusammenbruch aus beruflichen Gründen unerwartet schnell wieder auf die beine gekommen sei.
"Ich habe keine Mühe mehr, dazu zu stehen, dass ich an Jesus Christus glaube", sagt er, zögert aber bei dem Wort "evangelikal": "Ich möchte das Wort nicht nutzen, weil es einen negativen Beigeschmack bekommen hat. Das ist schade. Es stimmt, im Wortsinn sind wir evangelikal. Die Verbindlichkeit zum Wort Gottes, zum Evangelium, das ist das, was die Leute qualifiziert. Verbindlich heißt nicht, fundamentalistisch zu sein. Vom Grund her sehe ich darin zwar nichts Falsches." Die Volksmeinung über die Ausdrücke "fundamentalistisch" und "evangelikal" habe sich leider zum Negativen gewendet. (PRO)