"Religion kann dazu beitragen, Kinder fürs Leben stark zu machen", sagt die Karlsruher Religionspädagogin Susanne Betz laut der Nachrichtenagentur dapd. Der Glaube daran, dass jeder Mensch von Gott gewollt ist und bedingungslos geliebt wird, fördere das Selbstbewusstsein und präge ein positives, zuversichtliches Weltbild. "Die Resilienzforschung bestätigt, dass religiöse Menschen über mehr seelische Widerstandskraft verfügen."
Die Expertin vom Religionspädagogischen Institut der Evangelischen Landeskirche in Baden weist außerdem auf die kulturelle Dimension des Glaubens hin. "Christliche Feste wie Ostern oder Weihnachten prägen unseren Alltag – Kinder sollten die Möglichkeit bekommen, die Hintergründe dieser Bräuche zu verstehen", sagt Betz.
Auch der Tübinger Religionspädagoge Albert Biesinger pflichtet dem bei. "Wir leben zunehmend in einer multireligiösen Gesellschaft – darauf sollten wir unsere Kinder vorbereiten." Schon in der Kita erlebten die Kleinen, dass es unterschiedliche Glaubensrichtungen gibt, und sie bräuchten religiöse Bildung, um mit diesen Unterschieden gut umzugehen, meint der katholische Theologe.
Eltern prägen religiöse Erziehung
Eine wichtige Rolle komme dabei dem Elternhaus zu, denn vor allem der Glaube der Eltern präge die religiöse Erziehung der Kinder. "Das ist ähnlich wie mit der Muttersprache: Erst lernt ein Kind Deutsch – aber das bedeutet ja nicht, dass es später nicht auch noch Englisch oder Französisch lernen kann", so Biesinger. Eltern sollten gegenüber ihren Kindern authentisch bleiben und ihnen ehrlich sagen, was man glaubt.
Dabei sollten sie nicht unterschlagen, dass es verschiedene Glaubensvorstellungen gibt, empfiehlt Biesinger. Wichtig sei, dass Eltern ihren Kindern eine tolerante Haltung vermitteln. Betz schlägt vor, die unterschiedlichen Auffassungen anhand der Lebenswelt der Kinder zu erklären. "Man kann beispielsweise darüber sprechen, warum manche Kinder in der Kita kein Schweinefleisch essen."
Religiöser Erziehung sei einfacher, als sich das viele Eltern vorstellten, sagen beide Experten. Wichtig sei es, den Glauben in den Alltag zu integrieren – etwa durch das Lesen biblischer Geschichten, Gebet oder Segnungen der Eltern. "Wenn ein Kind auf diese Weise spirituell umhüllt wird, geht es ganz anders in die Welt hinaus", sagt Biesinger. Übrigens sei es auch für Eltern entlastend, ihr Familienleben in Gottes Hand zu legen.
Biesinger lehrt seit 1991 an der Universität Tübingen Religionspädagogik. In diesem Jahr veröffentlichte er zusammen mit Anke Edelbrock und Friedrich Schweitzer das Buch "Religiöse Vielfalt in der Kita: So gelingt interreligiöse und interkulturelle Bildung in der Praxis". Susanne Betz veröffentlichte 2009 ihre Diplomarbeit über "Religionspädagogik in evangelischen Kindergärten". Seit September 2011 ist sie in der Erwachsenen-Bildung der Evangelischen Landeskirche Baden zuständig für Familienbildung. (pro)