Glaube gehört an den Küchentisch

Glaubensfragen und -inhalte so transportieren, dass sie an Küchentischen besprochen werden: Dafür hat Volker Jung, der Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), in einem Beitrag auf hr2-Kultur geworben.
Von PRO

Die EKHN hatte mit der Kampagne „Merry Birthday“ ihre Kirchenmitglieder für die wirkliche Botschaft von Weihnachten sensibilisiert. Für Ostern kündigte Jung eine weitere Aktion seiner Landeskirche an, ohne zu verschweigen, dass es auch kritische Stimmen zu der vergangenen Aktion gegeben habe. „Viele fanden es zu oberflächlich und zu kindisch“, sagte Jung. „Aber es war gut zu hören, wie die Leute dadurch über den Glauben geredet haben.“

In dem einstündigen Radio-Beitrag erzählt Jung zudem von seiner Kindheit in einer Metzger- und Gastwirtsfamilie im Vogelsberg und bewertet ein modernes Familienbild und die Segnung Homosexueller. HR-Redakteurin Regina Oehler hatte die Hälfte der achtjährigen Amtsperiode Jungs zum Anlass für das Portrait genommen. Jung berichtet zudem über die Spannungen, die er in dem leitenden geistlichen Amt aushalten müsse, und wie er die unterschiedlichen Strömungen am besten austariert.

Der Drang ins Pfarramt

Bereits in seiner Jugend habe sich der Wunsch verfestigt, Pfarrer zu werden. Für ihn habe dies einige Auseinandersetzungen mit der eigenen Familie zur Folge gehabt, „die zwar kirchlich verbunden, aber nicht fromm war“. Für Jungs Weg habe die Jugendgruppe der Gemeinde eine wichtige Rolle gespielt, um einen Zugang zu Glaubensfragen zu bekommen. Dabei habe er sich kritisch mit vielen Themen auseinandergesetzt, um zu eigenen Positionen zu kommen.

An den Universitäten in Bielefeld, Heidelberg und Göttingen habe sich sein Wunsch verfestigt, Pfarrer zu werden. Auch wenn nicht alle Gottesdienste gut besucht sind, „ist Kirche nicht nur verstaubt und in vielen Gemeinden Engagement vieler Ehrenamtlicher. Unser Ziel muss es sein, die Lebendigkeit in der Kirche zu fördern und eine starke Stimme in der Gesellschaft für die Schwachen zu sein.“ Dabei müsse klar werden, dass Kirche nicht auf alle große Lebensfragen fertiggepackte Antworten im Schrank liegen hat.

Waffen machen die Welt nicht sicherer

Jung kritisierte auch, dass Deutschland mittlerweile auf Platz 3 der Länder mit den meisten Rüstungsexporten liege: „Waffen machen die Welt nicht sicherer und sind für das Grundanliegen, friedlich miteinander zu leben, nicht richtig.“ Auch die Idee, Schulen durch mehr Waffen sicherer machen, hält Jung für absurd. Als Kritik an der Finanzspekulation bezeichnete er etwa die Teilnahme der Kirche am JP-Morgan-Lauf mit dem Motto „Joggupie – Wir laufen gegen Zockerei“.

Eine Segnung gleichgeschlechtlicher Paare stellte der Theologe nicht in Frage. Es sei wichtig, Menschen, die verlässlich ihren gemeinsamen Lebensweg gehen wollten, zu unterstützen. Bei den bestehenden juristischen Unterschieden hoffe Jung, dass Kirche als Impulsgeber den Prozess voranbringen könne. Auch der Familienbegriff sei mittlerweile vielfältiger. „Es ist wunderbar, wenn das Familienbild mit Vater, Mutter und Kindern noch so gelebt werden kann.“ Die Realität mit Patchwork-Familien, gleichgeschlechtlichen Partnerschaften und Alleinerziehenden sehe allerdings anders aus: „Dieser Vielfalt müssen wir gerecht werden und als Gemeinden offen und mit guter Willkommens-Kultur begegnen.“

Das Leben ist geschenkt

Die Frage nach dem Sinn des Lebens hängt für Jung mit der Gesamtsicht auf das Leben zusammen: „Ich verdanke mein Leben nicht mir selbst, sondern habe es geschenkt bekommen.“ Basierend auf dieser Annahme „schenkt Gott eine Perspektive, die über das Leben hinausgeht“. Kritik äußert der Theologe an Deutschlands Einwanderungspolitik: „Zuwanderung und Integration wird nur gelingen, wenn es gelingt, die Menschen herzlich aufzunehmen.“ Das Verständnis Europas von Demokratie, friedlichem Zusammenleben und Menschenwürde, müsse sich auch darin widerspiegeln, wie man mit Menschen umgeht. (pro)

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