Giordano: „Israel verteidigt unsere Werte“

Den Umgang der deutschen Medien mit Israel hat der deutsche Publizist Ralph Giordano in einem Essay der Tageszeitung "Die Welt" kritisiert. Ungefährdete Deutsche in Redaktionsstuben, Chefetagen und Talkshows wollten Israel besserwisserisch belehren, wie es seine Bürger wirksam beschützen könnte.
Von PRO

Giordano fragt in seinem Essay, wie Israel auf die zweite "Hilfsflottille" reagieren soll, die Ende Juni die israelische Seeblockade vor Gaza unter dem Vorwand humanitärer Hilfe aufbrechen will. "So sicher, wie jede jüdische Intifada in jedem arabischen Land schon am Abend des Ausbruchs in ihrem eigenen Blut ertränkt werden würde, so sicher hätte Israel die militärische Stärke, den zweiten Versuch der Blockadebrecher bereits auf hoher See zu den Fischen zu schicken." Allerdings habe sich Israel die Skrupel vor einem solchen Vorgehen auch angesichts skrupelloser Gegner bewahrt. "Es sind unsere, es sind kostbare große Werte, die der kleine Judenstaat an seinem Standort für eine ganze Welt verteidigt." Der 78-jährige Publizist, dessen jüdische Mutter während des Nationalsozialismus von der Deportation bedroht war, fragt dennoch, ob dies nicht einschlösse, "dass Israel an seinen eigenen, seinen humanen und demokratischen Prinzipien zugrunde gehen könnte – umgeben von Feinden, für die diese Prinzipien nicht gelten".

Vor diesem Hintergrund kritisiert Giordano die Haltung der Medien in Deutschland: "Wenn ich aber immer wieder erleben muss, mit welcher Selbstverständlichkeit Israel hier bei uns von großen Teilen der öffentlichen und veröffentlichten Meinung auf die Anklagebank gesetzt wird; erleben muss, wie in meinem Vaterland Deutschland mit dem Stichwort ‚Gaza‘ auf mein Mutterland Israel eingedroschen wird – dann pfeife ich auf Rücksichtnahme, Taktik und Defensive, dann packt mich helle Wut…" Ungefährdete Deutsche in Redaktionsstuben, Chefetagen und Talkshows, aber auch der Mann und die Frau "auf der Straße" wollten Israel besserwisserisch belehren, wie es seine Bürger wirksam beschützen könnte vor einem Gegner, der mit der Losung "Ihr liebt das Leben, wir den Tod" den stärksten, den Selbsterhaltungstrieb außer Kraft gesetzt habe. "Hier wird über ein Land geurteilt, in dem jedermann jederzeit überall getötet oder verwundet werden kann", schreibt Giordano.

In Deutschland wären 40.000 Tote zu beklagen, wenn man die Opfer von Terror, Raketen und Attentaten der letzten fünf Jahre von den fünf Millionen Israelis auf 80 Millionen Deutsche hochrechnet. "Kann man sich vorstellen, wie es hierzulande aussehen würde, wenn jeder von uns wo auch immer in Stücke gerissen oder verstümmelt werden könnte, sich Deutsche also plötzlich und dauerhaft in einer Situation befänden, die für Israelis Alltag ist?", fragt Giordano. Er höre sie schon in seinen Ohren raunen, die Rufe nach dem "starken Mann" und der Todesstrafe.

Universale Kulisse des Nahost-Konfliktes bleibe die Tragödie eines Volkes, das es schwerer als jedes andere habe, auf Erden heimisch zu werden. "Es ist wie ein Bann, wie ein Fluch, der auch vor dem neuen Staat auf altem Boden nicht haltgemacht hat, sondern Juden gerade dort am stärksten bedroht, wo sie sich am sichersten wähnten – in Israel." Oder vor Gaza, wo eine gespenstische Drohkulisse aufgebaut werde. (pro)

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