„Gewaltverherrlichende Machokultur bei Muslimen“

Zwei aktuelle Studien des Bundesfamilienministeriums sollen zeigen: Muslimische Jugendliche sind gewaltbereiter als deutsche. Belastbare Zahlen bieten die Erhebungen aber nicht. Ministerin Kristina Schröder (CDU) hingegen hat nun auf die Zusammenhänge zwischen "Religiosität, Machonormen und Gewaltgeneigtheit" hingewiesen und vor einer Tabuisierung dieses Themas gewarnt.

Von PRO

Schröder beklagt eine deutlich erhöhte Gewaltbereitschaft unter jungen, männlichen Muslimen. "Wir dürfen hier keine falschen Tabus aufbauen: Es gibt eine gewaltverherrlichende Machokultur bei einigen jungen Muslimen, die auch kulturelle Wurzeln hat", sagte sie jüngst in einem Interview mit dem "Wiesbadener Kurier". Untermauern sollen zwei Studien diese Annahme. Das Bundesministerium für Familie, Frauen, Senioren und Jugend stellte sie am Freitag vor.

Studien: Abgrenzungstendenzen und Gewaltbereitschaft

Die Studie "Jugendliche Migranten – muslimische Jugendliche. Gewalttätigkeit und geschlechterspezifische Einstellungsmuster" von der Sozialwissenschaftlerin Sonja Haug skizziert laut Ministerium individuelle Faktoren für eine erhöhte Gewaltbereitschaft junger Migranten. Als mögliche Ursachen nennt die Forscherin geringe Schulqualifikation, Perspektivlosigkeit, soziale Randlage, Gewalterfahrungen im Elternhaus oder in Cliquen und die Zustimmung zu gewaltlegitimierenden Männlichkeitsnormen. Teilweise würden Abgrenzungstendenzen deutlich. So würden junge Muslime häufiger interreligiöse Ehen ablehnen. Haug kommt Presseberichten zufolge aber auch zu dem Ergebnis, dass die Gewaltprävalenz bei schlecht integrierten russischen Jugendlichen höher ist als bei jungen Türken. Russische Einwanderer sind in der Mehrzahl keine Muslime.

Die Studie des Erziehungswissenschaftlers Ahmet Toprak und der Sozialpsychologin Katja Nowacki trägt den Titel: "Gewaltphänomene bei männlichen, muslimischen Jugendlichen mit Migrationshintergrund und Präventionsstrategien". Toprak und Nowacki untersuchen Unterschiede in den Erziehungszielen muslimischer und nicht-muslimischer Eltern. Laut Ministerium stellen sie fest, dass in den untersuchten muslimischen Familien Werte wie "Respekt vor Autoritäten", "Ehrenhaftigkeit" und "Zusammengehörigkeit" im Zentrum stehen. Für viele muslimische Jugendliche spielten ein ausgeprägtes Männlichkeitsbild und die Wahrung der Familienehre insbesondere mit Blick auf das Verhalten der Frauen eine zentrale Rolle. Einige Eltern nähmen ihre Erziehungsverantwortung nicht wahr und fehlten als Handlungsvorbilder.

Keine belastbaren Zahlen

Die Deutsche Presse-Agentur (dpa) berichtet, eindeutige Zahlen, die einen Zusammenhang zwischen muslimischer Religion und Gewaltbereitschaft belegen könnten, hätten die Wissenschaftler dennoch nicht vorzuweisen. "Es gibt keine Zahl, wonach Muslime eine höhere Gewaltbereitschaft haben", zitiert die dpa den Erziehungswissenschaftler Toprak. Der Evangelische Pressedienst (epd) zitiert Ministerin Schröder: Pauschale Urteile wie "Der Islam lehnt Gewalt ab" seien ebenso falsch wie Aussagen "Der Islam predigt Gewalt", betonte die Ministerin. Es gebe allerdings einen Dreiklang: den Islam, durch den gewaltlegitimierende Männlichkeitsnormen weitergegeben würden, die zu einer erhöhten Gewaltbereitschaft führten.

Dem "Wiesbadener Kurier" sagte Schröder: "Die Gewaltbereitschaft unter jungen, männlichen Muslimen ist deutlich höher als bei nicht-muslimischen einheimischen Jugendlichen." Es gehe darum, sich bei vermeintlichen Kränkungen der eigenen Ehre auch mit Gewalt zu verteidigen. "Soziale Benachteiligung und Diskriminierung sind wichtige Faktoren, reichen aber nicht als Erklärung", sagte Schröder und weiter: "Es gibt einen Zusammenhang zwischen Religiosität, Machonormen und Gewaltgeneigtheit."

Zudem warnte sie vor zunehmendem Mobbing durch ausländische Schüler: "Nicht selten werden deutsche Kinder an den Schulen gemobbt, nur weil sie deutsch sind. Auch das dürfen wir nicht länger hinnehmen." Das Thema solle nicht tabuisiert werden: "Wenn jemand die überproportionale Gewaltbereitschaft bei jungen Muslimen zum Thema macht, heißt es immer gleich, dies sei ein Pauschalurteil. Das ist es aber nicht", sagte Schröder.

Um gegen die Gewaltbereitschaft muslimischer Jugendlicher vorzugehen, forderte die Ministerin verstärkte Anstrengungen zur Ausbildung islamischer Geistlicher an den Universitäten in Deutschland. "Wir müssen diejenigen in die Pflicht nehmen, die in der muslimischen Gemeinschaft Werte prägen. Das sind in erster Linie die Imame", sagte sie, und weiter: "Dann würde in den Moscheen bald auch ein anderes Bild der Gesellschaft, der Rolle von Männern und Frauen und von Gewalt vermittelt." (pro)

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