Gewalt gegen Christen in Nigeria

Die Gewalt gegen Christen ist im Herzen von Nigeria angekommen. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) schreibt, haben Anfeindungen muslimischer Viehzüchter gegen christliche Ackerbauern deutlich zugenommen. Ein Ende der Auseinandersetzungen scheint nicht in Sicht.
Von PRO
Keinen einfachen Stand haben die Christen in Nigeria: die Konflikte nehmen auch im Zentrum des Landes zu

In Nigerias Hauptstadt protestierten am Wochenende Tausende Christen. Sie sehen sich als „Opfer der barbarischen und satanischen Morde“ der vergangenen Woche. Laut einem Bericht der FAZ haben sich die Gewalttaten von Islamisten ausgeweitet. Mittlerweile werde nicht nur der Norden des Landes durch Boko Haram tyrannisiert, auch die Massaker im Herzen Nigerias häuften sich.

Als Sinnbild für diese Anfeindungen steht das Blutbad vom 24. April im nigerianischen Bundesstaat Benue. Damals stürmten Bewaffnete die Frühmesse und ermordeten die beiden katholischen Priester Joseph Gor und Felix Tyolaha sowie 17 weitere Gläubige. Der Tod der beiden Geistlichen erschüttete das ganze Land. Tyolaha hatte erst kurz zuvor einen Angriff von schwer bewaffneten Viehhirten überlebt.

Über 170.000 Menschen vertrieben

Die FAZ verweist auf weitere Vorfälle. An Silvester seien 79 Bauern „abgeschlachtet“ worden. Bei den Tätern habe es sich um Angehörige des muslimischen Fulbe-Stammes gehandelt. Das nomadische Hirtenvolk sei schon im 19. Jahrhundert maßgeblich für die Ausbreitung des Islam in Nigeria verantwortlich gewesen. In den Jahren 2007 und 2011 habe es in Nigeria 67 blutige Auseinandersetzungen gegeben, zwischen 2012 und 2018 bereits 716. Alleine in den vergangenen vier Monaten seien bei Kämpfen zwischen Viehhirten und Ackerbauern 937 Menschen getötet und allein im Benue-Staat 170.000 Einwohner vertrieben worden, bilanziert die Zeitung.

Die Menschenrechtsorganisation Open Doors hat in der Vergangenheit immer wieder darauf hingewiesen, dass die Gewalttaten sich nicht allein auf die Aktivitäten von Boko Haram beschränkten. Auf pro-Anfrage erklärt ein Vertreter von Open Doors, dass in den Bundesstaaten Kaduna, Plateau, Nasarawa, Benue und Taraba 6.500 Menschen ermordet worden seien. Allein zwischen Ende 2016 und Januar 2017 seien es mehr als 800 Christen gewesen.

Knallharte Strategie

Eine der Hauptursachen hierfür liegt laut Open Doors im hohen Bedarf der Fulani an Weideland für Vieh: „Die große Bedeutung der Religion im Zusammenhang mit den immer wiederkehrenden Übergriffen wurde jedoch lange Zeit in unverantwortbarer Weise ausgeblendet“, erklärt der Open Doors-Vertreter. Die Unterwerfung Andersgläubiger sei für viele Fulani elementarer Bestandteil ihres Glaubensverständnisses.

Das „Nigeria Conflict Security Analysis Network“ sieht in den Konflikten keine typischen Gebietsstreitigkeiten. Es gehe darum, eine politische Strategie durchzusetzen und gewisse Regionen für den Islam zu gewinnen. Vor allem Benue war laut Open Doors häufig Schauplatz blutiger Übergriffe. Den Tiefpunkt stellte die Ermordung von über 500 Dorfbewohnern im Februar 2016 dar. Im vergangenen Januar starben dort 80 Menschen bei gewaltsamen Übergriffen, 80.000 flohen.

Rücktritt des Präsidenten gefordert

Das nigerianische Abgeordnetenhaus hat in einer Sondersitzung Anfang Mai ein Misstrauensvotum gegen die Leitung der Sicherheitskräfte und sämtliche Sicherheitsberater des Präsidenten verabschiedet. Die katholische Bischofskonferenz forderte den Rücktritt des Präsidenten Muhammadu Buhari, weil dieser die Verantwortung für die Sicherheitsdienste „bewusst in die Hände von Angehörigen einer einzigen Religion gelegt“ habe.

Christliche Leiter warnen seit Jahren vor einer gezielten Ausbreitung des Islam mit kriegerischen Mitteln. Demgegenüber erklärte Buhari, das Problem sei nicht religiöser Natur, sondern „soziologisch und wirtschaftlich“ bedingt. Auf dem Weltverfolgungsindex von Open Doors rangiert Nigeria aktuell auf Platz 14 unter den Ländern, in denen Christen wegen ihres Glaubens verfolgt werden.

Von: Johannes Blöcher-Weil

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