Christen hoffen auf Frieden in Korea

Der Nationale Rat der Kirchen Koreas begrüßt die neue Annäherung zwischen Nord- und Südkorea. Am vergangenen Freitag hatten sich Südkoreas Päsident Moon Jae-In und Nordkoreas Diktator Kim Jong-Un getroffen und in einer gemeinsamen Erklärung unter anderem einen Friedensvertrag angekündigt. Hilfsorganisationen sind jedoch skeptisch.
Von Jonathan Steinert
Das Treffen zwischen Kim Jong-Un und Moon Jae-In (v.l.) weckt neue Hoffnung auf Frieden in Korea

Für den Nationalen Rat der Kirchen Koreas (NCCK) ist es ein hoffnungsvoller Schritt in eine friedliche Zukunft: Am vergangenen Freitag trafen sich Südkoreas Päsident Moon Jae-In und Nordkoreas Diktator Kim Jong-Un in der demilitarisierten Zone zwischen beiden Ländern. Sie handelten eine gemeinsame Erklärung aus, in der sie unter anderem die Absicht bekunden, einen langfristigen Friedensvertrag zu schließen. Militärische Spannungen und die Gefahr eines Krieges sollen ausgeräumt werden, ebenso streben sie eine atomwaffenfreie koreanische Halbinsel an. Auch Familien, die Angehörige im jeweils anderen Land haben, sollen zusammengeführt werden.

Der NCCK, dem 15 Kirchen und Organisationen angehören, begrüßte die „historische Erklärung“ in einer Stellungnahme ausdrücklich und unterstützt die darin formulierten Ziele: „Sie sind von großer Bedeutung für ein friedliches Miteinander, Wohlstand und für eine Wiedervereinigung der koreanischen Halbinsel.“ Die Kirchen hätten seit Jahrzehnten für Versöhnung und Frieden gearbeitet und „ohne Unterlass“ dafür gebetet. Nun hofften sie, dass die getroffenen Vereinbarungen „umfassend umgesetzt werden, um die 70 Jahre währende Teilung und den Konflikt zu beenden und stattdessen langfristigen Frieden auf der koreanischen Halbinsel zu schaffen“.

Gleichzeitig appellierte der Rat der Kirchen auch an alle anderen Länder, zugunsten eines dauerhaften Friedens mit Korea zu kooperieren. Dabei nahmen sie insbesondere das Gipfeltreffen zwischen US-Präsident Donald Trump und Nordkoreas Diktator Kim in den Blick, das in den nächsten Wochen geplant ist.

Zwischen Hoffnung und Skepsis

Hoffnung sei das Gefühl, das sich bei den Menschen breit mache, teilte Mi-Hwa Kong auf Anfrage von pro mit. Die Pfarrerin der deutschsprachigen evangelischen Gemeinde in Südkoreas Hauptstadt Seoul sagte. „In unserer Gemeinde habe ich gerade von den Menschen, die schon seit über zehn oder mehr Jahren in Korea leben, gehört, dass sie es dieses Mal als einen positiven und glaubwürdigen Schritt sehen und hoffnungsvoll in die Zukunft blicken.“

Doch in die Hoffnung mischt sich bei Beobachtern auch Skepsis. Einen Zeitplan dafür, die vereinbarten Ziele umzusetzen, gibt es offenbar nicht. Nach Kenntnis der christlichen Hilfsorganisation „Open Doors“ sei es bei dem Treffen der Staatschefs auch nicht um Menschenrechte gegangen. Um die ist es in Nordkorea jedoch schlecht bestellt. Laut dem „Weltverfolgungsindex“ der Organisation ist Nordkorea seit mehreren Jahren das Land, in dem Christen am schlimmsten unterdrückt werden. Auch eine freie Presse gibt es dort faktisch nicht, auf der Rangliste der Pressefreiheit von „Reporter ohne Grenzen“ liegt das Land auf dem letzten Platz.

Zwar wertet es „Open Doors“ positiv, dass es überhaupt wieder diplomatische Gespräche zwischen den beiden Koreas gibt. Doch: „Mit Rückblick auf die letzten Regierungsjahre von Kim Jong-Un ist zu erwarten, dass er erneut taktiert, um eine Lockerung der Sanktionen zu erreichen.“ Eine deutliche Öffnung Nordkoreas erwartet das Hilfswerk auch durch die geplanten Familienzusammenführungen nicht. Gleichwohl seien diese wichtig, um den Wunsch nach einer Wiedervereinigung wachzuhalten. „Open Doors“ geht nicht davon aus, dass sich die Lage der Christen mit der politischen Annäherung verbessern wird. „Die Kim-Dynastie lässt sich weiter gottgleich verehren, und da haben Christen keinen Platz. Doch wir bitten alle Christen weiter zu beten, dass Jesus ein Wunder tut“, teilte das Hilfswerk auf Anfrage von pro mit.

„Kirchen bereiten sich auf Wiedervereinigung vor“

Nur vorsichtig hoffnungsvoll äußerte sich gegenüber pro auch Berthold Pelster vom katholischen Hilfswerk „Kirche in Not“, das auch in Südkorea eine Geschäftsstelle hat. Sollte es tatsächlich zu einem Friedensvertrag kommen, sei dies „ein enormer Fortschritt“ für die Menschen in beiden Ländern. „Bislang gibt es allerdings nicht mehr als feierliche Absichtserklärungen. Die Verhandlungen über die konkrete Umsetzung dürften sehr schwierig werden“, sagte Pelster. In Nordkorea komme es zu schlimmsten Menschenrechtsverletzungen und beispiellosen Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Die Lage der Christen sei „desaströs“. Nach der Teilung Koreas 1953 sei es das Ziel des nordkoreanischen Regimes gewesen, „jede Spur christlicher Präsenz auszulöschen“. Bis heute könnten Christen fast nur im Untergrund ihren Glauben leben. Selbst der Besitz einer Bibel sei ein Verbrechen und könne mit dem Tod bestraft werden.

„Die politischen und gesellschaftlichen Strukturen dieses Unrechtsstaates zu ändern, wäre eine Mammutaufgabe“, die eine ganze Generation fordere, sagte Pelster. Kirchen könnten dabei helfen. Seit Jahren bereiteten sich Christen in Südkorea auf eine mögliche Wiedervereinigung vor. In sehr begrenztem Umfang seien Hilfen für Christen im Nachbarland heute schon möglich. „Neue Schritte der Annäherung zwischen den beiden Staaten würden diesen Spielraum sicherlich ausweiten“, schätzt Pelster.

„Trump könnte Erfolg haben“

Nach Ansicht von Manfred Müller, Missionsleiter der „Hilfsaktion Märtyrerkirche“, lasse die politische Annäherung auf mehr hoffen. „Jetzt haben sich Türen geöffnet, die sicher nicht einfach wieder zu schließen sind“, teilte er pro mit. Es deute einiges auf einen ernsthaften Kurswechsel des nordkoreanischen Regimes hin. Denn auch im Staatsrundfunk des Landes sei von atomarer Abrüstung die Rede. Das wecke bei der Bevölkerung Erwartungen auf bessere Lebensbedingungen, wenn dadurch die internationalen Sanktionen wegen Nordkoreas Atomprogramm gelockert werden könnten. Bei den anstehenden Gesprächen zwischen Kim und US-Präsident Trump könnte dessen „politischer Pragmatismus […] in der jetzigen Lage durchaus Erfolge erzielen“, meint Müller.

Langfristig, schätzt er, könnte sich auch die Lage der Christen in Nordkorea verbessern. „Bei einer schrittweisen Öffnung des Nordens kann der Druck auf die Bevölkerung und die absolute Kontrolle durch das System in ihrer bisherigen Form wohl kaum aufrechterhalten werden.“ Allerdings würden solche Veränderungen wohl nicht zuerst bei Christen zu spüren sein, da diese nach wie vor als Feinde des Staates gälten. Das Hilfswerk erhofft sich zudem, durch eine Öffnung des Landes mehr Kontakte zu Christen in Nordkorea zu bekommen und direkter helfen zu können. Derzeit sei die Arbeit unter Christen im Norden jedoch sogar schwieriger. Denn südkoreanische Behörden griffen stärker kontrollierend in Aktionen ein, die vom Süden aus starten, um Verstimmungen mit dem Norden zu vermeiden.

Von: Jonathan Steinert

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