Spanier baute 60 Jahre an eigener Kathedrale

Am Anfang hielt man ihn für verrückt, doch heute ist jeder erstaunt, was der ehemalige spanische Mönch Justo Gallego in 60 Jahren Kleinstarbeit geschaffen hat. Der ehemalige Zisterzienser baute seine eigene Kathedrale, aus gesammeltem Material und mit seinen eigenen Händen.
Von Jörn Schumacher
Alles mit den eigenen Händen erbaut: Die Kathedrale von Mejorada del Campo östlich von Madrid wurde von einem Mann in 60 Jahren errichtet

Die Kathedrale im spanischen Dorf Mejorada del Campo, 22 Kilometer östlich von Madrid, ist ein besonderes Gebäude. Der 94-jährige Justo Gallego erbaute sie in den vergangenen 60 Jahren mit seinen eigenen Händen. Ein Reporter des Online-Magazins The Daily Beast besuchte das ungewöhnliche Gotteshaus und schreibt davon, dass ihm die Kinnlade herunterfiel, als er die Eigenbau-Kirche zum ersten Mal sah.

Justo Gallego wurde nie als Architekt ausgebildet, er bekam für seine Kathedrale nie öffentliche Gelder, auch nicht von der Kirche. Und doch errichtete er eine Kirche, die mittlerweile Tausende Besucher im Jahr anzieht. Im Alter von 26 Jahren wurde Gallego Mönch der Zisterzienser. Acht Jahre später verließ er den Orden, weil er an Tuberkulose erkrankte. Gallego beschloss, Gott auf andere Weise zu ehren, und zwar mit seinen eigenen Händen. Obwohl er keine Ausbildung als Architekt genossen hatte, begann er 1961 damit, eine Kathedrale zu bauen, um sie der Jungfrau Maria zu widmen. Die Dorfbewohner hielten ihn für verrückt.

„Müll-Kathedrale“ im ganzen Land bekannt

Doch Gallego ließ sich nicht beirren, arbeitete Tage und Nächte an dem Gebäude, berichtet der Reporter von The Daily Beast. Der Spanier sammelte Material, das er für den Bau gebrauchen konnte, alte Kanister, Industrie-Federn, Holzkisten und Wasserflaschen. Rund 90 Prozent der Kirche sind aus Recycling-Material erbaut. Manche nennen die Kathedrale von Mejorada del Campo auch die „Müll-Kathedrale“.

Für Gallego war es auch eine meditative Arbeit. Er betete fortwährend, lebte weiter zölibatär und hielt eine strenge vegetarische Diät. Die Baupläne basieren weniger auf Statik oder Mathematik als vielmehr auf Intuition und Visionen, die er im Gebet hatte. Bald schon interessierten sich Reporter für das Gebäude und seinen verschrobenen Bauer. Museen widmeten dem Projekt eine Ausstellung, die Kirche war sogar Teil eines Werbespots für ein Erfrischungsgetränk.

Der 94-jährige ehemalige Zisterziensermönch Justo Gallego empfängt in seiner selbstgebauten Kathedrale jedes Jahr viele Besucher Foto: James Blick | CC BY-ND 2.5 Generic
Der 94-jährige ehemalige Zisterziensermönch Justo Gallego empfängt in seiner selbstgebauten Kathedrale jedes Jahr viele Besucher

Inzwischen ist die Kirche schon fast fertig. Es gibt bunte Kirchenfenster, den Boden schmücken Steinplatten, das Kirchenschiff ist so groß wie zwei Basketballfelder. Umgeben ist das Gebäude von Säulengängen und farbigen Fresken. Je ein Portal auf beiden Seiten führt zu einem Kreuzgang, es gibt vier Unterkünfte, die für Mönche gedacht sind. Zwölf Türmchen stehen auf dem Dach, es gibt einen Vorhof, Kapellen, eine Krypta und eine 40 Meter hohe Kuppel. Die besteht allerdings bis jetzt noch aus einem Metall-Gerüst.

Über allem steht nun die Frage: Wer bringt die Arbeit zu Ende, wenn Gallego einmal nicht mehr kann? „Werden die Regierung oder die Kirche etwas unternehmen, um die Kathedrale zu bewahren, oder werden Bulldozer den Weg bereiten für irgendwelche Kaufhausketten oder neue Eigentumswohnungen?“, fragt der Journalist. An Gallegos Seite stand immer Ángel López, ein Freund und Helfer – „etwa so, wie Sancho Panza Don Quixote zur Seite stand“, schreibt der Reporter. Ihm obliegt nun die Zukunft des Gebäudes.

Mittlerweile ist die „Kathedrale aus Müll“ in Spanien bekannt. Jeden Tag kommen Besucher – allerdings auf eigenes Risiko. Denn die Kathedrale oder die Baustelle wurden nie von offizieller Seite begutachtet, es handelt sich um Privatgelände. Gallego selbst möchte in seiner Kathedrale beerdigt werden. Dafür ist, vor dem Altar, eine kleine Krypta vorgesehen.

Von: Jörn Schumacher

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