Baake: „Qualität ist Grundlage für glaubwürdigen Journalismus“

Wolfgang Baake, der einstige Geschäftsführer der Christlichen Medieninitiative pro, wurde am 6. Dezember 70 Jahre alt. Im Gespräch mit pro erklärt der Medienmensch, warum das Privatfernsehen die Hoffnungen vieler Christen enttäuscht hat und Qualität oberste Priorität im Journalismus haben muss.
Von PRO
Der Theologe Wolfgang Baake war von 1982 bis 2013 Geschäftsführer der Christlichen Medieninitiative pro (ehemals Christlicher Medienverbund KEP)

Wolfgang Baake war von 1982 bis 2013 Geschäftsführer der Christlichen Medieninitiative pro (ehemals Christlicher Medienverbund KEP). Als erster festangestellter Mitarbeiter hat Baake maßgeblich den Aufbau des Medienwerkes vorangetrieben. Von 1999 bis 2016 war Baake zudem Beauftragter der Deutschen Evangelischen Allianz am Sitz der Bundesregierung und des Bundestages in Berlin. Vor seinem Theologiestudium (1976 bis 1980) am Theologischen Seminar Tabor (Marburg) arbeitete Baake zehn Jahre als Kaufmann in der Automobilindustrie. Nach dem Studium und vor seinem Eintritt in den Christlichen Medienverbund war er zwei Jahre Gemeinschaftspastor in Berlin.

pro: Herr Baake, Sie werden 70 Jahre alt. Einen Großteil dieser Zeit waren Sie als Geschäftsführer des Christlichen Medienverbundes KEP aktiv. Was hat Sie 1982 beim Eintritt an der Aufgabe gereizt?

Wolfgang Baake: Der Reiz war, dass ich etwas tun konnte, was mich schon immer faszinierte: Für die Öffentlichkeit geistliche und andere wertvolle Inhalte über die Medien zu transportieren und damit viele Menschen zu erreichen.

Wer hat Sie geprägt?

Horst Marquardt, der Gründer der KEP. Er ist mein Mentor gewesen, als ich als Newcomer in den Medien-Bereich gekommen bin. Bei ihm habe ich alles gelernt, was ich in der Medienarbeit brauchte. Er hat mir viele Türen geöffnet. Ich bin viel mit ihm unterwegs gewesen und habe von ihm gelernt – ob das die Herangehensweise an Spender war oder der Umgang mit Informationen.

Wenn wir heute über „Medien“ reden, dann sprechen wir über unzählige Fernseh- und Hörfunkprogramme, Internetseiten und soziale Medien. Das sah vor rund 40 Jahren anders aus. Wo lag der Schwerpunkt der Arbeit in der Zeit, als es gerade mal drei Fernsehprogramme gab?

Anfang der 1980er Jahre begann die Zulassung privater Anbieter im Fernsehen. Viele Leitungsverantwortliche in christlichen Werken verbanden damit die Hoffnung, dass mit den Privatsendern auch mehr geistlicher Inhalt in die Programme kommt. Das war allerdings ein Irrglaube. Es gab hier und da den einen oder anderen zusätzlichen Sendeplatz für Christliches, aber das, was wir uns erhofft hatten, ist nicht eingetreten. Die Kirchen haben sich weiterhin auf die öffentlich-rechtlichen Sender fokussiert. Es hatte den Anschein, dass sie mit dem „Wort zum Sonntag“ und Fernsehgottesdiensten zufrieden sind. Der Anteil an geistlichen Inhalten war mit 1,2 Prozent am Gesamtprogramm verschwindend gering und hat sich viele Jahre auch nicht verändert, auch nicht durch die Privaten. Mit ihnen kam in sehr viel größerem Maße Sex and Crime dazu.

Warum hat es dann noch Jahrzehnte gedauert, bis Bibel TV 2001 die Lücke gefüllt hat?

Der Evangeliums-Rundfunk (heute ERF Medien; Anm. d. Red.) produzierte zwar die eine oder andere Fernsehsendung, hatte aber keinen festen Sendeplatz, sondern musste versuchen, seine Produktionen bei Privatsendern unterzubringen. Es war damals nicht möglich, einen kompletten Fernsehsender auf die Beine zu stellen. Dazu fehlte das Geld, allein für die Frequenzen. Verschiedene Menschen haben diese Idee eines privaten, christlichen Fernsehens jedoch immer weiterverfolgt. Schließlich war es der Unternehmer Norman Rentrop, der die missionarische Möglichkeit des Fernsehens erkannte und maßgeblich dazu beitrug, dass es heute Bibel TV gibt.

Aber in den Achtzigerjahren war doch Geld für die Kirchen noch kein Problem.

Die Kirchen hatten vor allem bei den öffentlich-rechtlichen Sendern ihr Spielfeld. Die missionarischen Möglichkeiten im Radio und im Fernsehen nutzten sie aber so gut wie nicht. Bei den Kirchenfunksendungen hatte man den Eindruck, dass sie eine Fortsetzung vom politischen Programm waren. Geistliche Inhalte kamen darin kaum vor. Ich denke an den ersten Christlichen Medienkongress in Böblingen 1982. Horst Marquardt, damals ERF-Direktor, hat vehement die Meinung vertreten, dass man über Medien Mission betreiben könne. Er war der Wegbereiter, der Visionär auf dem Gebiet. Der damalige Direktor des Gemeinschaftswerks der Evangelischen Publizistik, Hans-Wolfgang Heßler, hat genau das Gegenteil behauptet. Er vertrat die Auffassung, dass Mission über die Medien überhaupt nicht möglich sei. Erst viel später hat die EKD ihre Position dazu geändert.

Mit dem Privatfernsehen kam, wie Sie sagen, verstärkt Sex and Crime ins Fernsehen. Welche Reaktion hat das hervorgerufen?

Das sorgte oft für Kritik. Wir haben als KEP selbst manche Medienkritik angebracht, aber auch bei Öffentlich-rechtlichen. Beispielsweise haben wir uns systematisch das „Wort zum Sonntag“ vorgenommen und immer und immer wieder darauf hingewiesen, dass die Sendungen mit der Kirche und dem Evangelium oft überhaupt nichts zu tun haben. Medienkritik ist wichtig und müsste meines Erachtens wieder sehr viel stärker von Christen wahrgenommen werden. Wenn viele Menschen kritisch mit den Medien umgehen, kann sich etwas verändern.

Funktioniert das auch noch im Zeitalter von Social Media?

Ja, warum denn nicht? Die Sender haben einen Rundfunkrat oder Fernsehrat, wo man sich über Programme und Inhalte beschweren kann. Bei den Privaten ist das über die Landesmedienanstalten möglich. Internet und Social Media sind ein ganz anderes Spielfeld, weil ja hier jeder veranstalten kann, was er will. Die Inhalte sind dort kaum irgendeiner Kontrolle ausgesetzt. Das ist ein Problem.

Können Sie das genauer erklären?

Über die Sozialen Medien werden viele Einschätzungen und Informationen in die Welt gepustet, bei denen keiner vorher redaktionell geprüft hat, ob das so stimmt. Schlimm ist daran, dass viele Menschen damit sehr unkritisch umgehen. Ich kenne Menschen, die ihre gesamten Informationen aus Social Media nehmen und denken, das, was sie bei Facebook oder woanders gelesen haben, sei alles wahr. Es gibt im politischen Bereich einige, die das hervorragend können: die Sozialen Medien für sich in Anspruch zu nehmen und so zu bespielen, dass sie Menschen für ihre Ideologie instrumentalisieren. Deshalb ist es umso wichtiger, dass – auch in der christlichen Presse – Qualität als oberstes Kriterium angelegt wird als Grundlage für Glaubwürdigkeit.

Nun stehen Medien, auch bei Christen, unter dem Generalverdacht, „Lügenpresse“ zu sein.

Natürlich haben Medien immer mal wieder falsch berichtet. Aber pauschal zu urteilen, die Medien verbreiteten Lügen, das ist nicht wahr. Wie überall im Leben gibt es zwei Seiten. Der eine begutachtet das Bild von dieser, der andere von jener Seite. Der Zuschauer soll sich kritisch mit der Berichterstattung auseinandersetzen. Aber die Medien pauschal zu verurteilen als „Lügenpresse“? Das sollten Christen nicht tun.

Sie hatten Kontakt zu Billy Graham, sein Sohn Franklin hat sich in den vergangenen Jahren sehr für US-Präsident Donald Trump starkgemacht. Wie blicken Sie heute auf die Evangelikalen in den USA?

Es ist mir suspekt, dass sich viele Evangelikale in Amerika Trump angebiedert haben. Ich habe eine große Distanz zu ihnen entwickelt. Ich hoffe, dass sich jetzt das Bild der amerikanischen Evangelikalen wieder verbessert, und ich bin unendlich dankbar, dass die Ära Trump zu Ende ist.

Deutschland ist wie andere Länder auch gerade durch die Corona-Krise herausgefordert. Sie kennen die Abläufe im politischen Berlin – wie beurteilen Sie die Arbeit der Abgeordneten und der Regierung in der Pandemie?

Zunächst muss ich persönlich jedem, der politische Verantwortung trägt, ein großes Lob zollen. Ich bin dankbar für das, was sie in dieser Krise bisher geleistet haben. Mich stört, dass es auch aus der christlichen Welt Unterstützung für Verschwörungstheoretiker gibt, die Misstrauen gegenüber den politisch Verantwortlichen säen. Es erschüttert mich, dass manche so mit verschlossenen Augen durch die Welt laufen, sich dabei instrumentalisieren lassen und die Bemühungen der Bundesregierung und der Landesregierungen untergraben. Die Politiker haben in Deutschland gerade jetzt einen ganz schweren Job. Diejenigen, die in der politischen Verantwortung stehen, werden jetzt ständig angegriffen für das, was sie tun. Aber niemand war auf dieses Virus vorbereitet. Niemand hat damit gerechnet. Dass es dann und wann auch Fehlentscheidungen gibt, ist mehr als verständlich. Wir sollten als Christen viel mehr für die Verantwortlichen in der Wissenschaft, in der Medizin und auch in der Politik beten, damit sie den Umgang mit der Krise so gut wie möglich gestalten können.

Vielen Dank für das Gespräch.

Die Fragen stellte Norbert Schäfer

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