Ein bisschen Glaube, ein bisschen Religion

Sie ist jung, sie ist kreativ und sie hat gewonnen: Die Autorin Jule Weber ist seit dieser Woche rheinlandpfälzische Landesmeisterin im Poetry Slam. Ihr Wettbewerbsbeitrag setzt sich auf eine ehrliche Weise mit Religion und Glauben auseinander – und regt damit zum Nachdenken an.
Von PRO
Die Poetry Slammerin Jule Weber hat am Wochenende mit einem Beitrag über den Glauben die Landesmeisterschaft in Rheinland Pfalz gewonnen

„Ein Text über Glauben“, so kündigt die 23-jährige Jule Weber ihren Beitrag an, mit dem sie später den Titel bei den Landesmeisterschaften Rheinland-Pfalz holen wird. Es ist ein Text, der nicht nur über den Glauben spricht, sondern der sich auch kritisch mit Religion, anerzogenen Traditionen, Ritualen und Werten auseinandersetzt.

„,Mein Gott‘ sagen wir, immer wenn wir etwas nicht wissen. Das ist schlecht für sein Image in einer Zeit, in der die meisten Rätsel entschlüsselt sind“, sagt das lyrische Ich, aus dessen Sicht Weber ihren Text präsentiert. „,Oh Gott‘ sagen wir immer dann, wenn unsere Bestürzung weltliche Ausmaße übersteigt […] ,Oh mein Gott‘ flüstern wir immer dann, wenn etwas so groß und unbegreiflich erscheint.“ Zwar sei Religion nicht das attraktivste Thema für solch einen Auftritt, dennoch Teil des Lebens: „Es ist doch auch in aller Mund und auch immer relevant“, erklärt die Poetry Slammerin gegenüber pro. „Woran geglaubt wird und wie damit umgegangen wird, ist doch für jeden irgendwie ein Thema, da man zwangsläufig an manchen Stellen damit konfronitiert wird.“

Dass Weber das Thema für den Poetry Slam aufgreift, ist kein Zufall, passt es doch zu gut ins Reformationsjahr. Genau das war der Anlass, warum die Agentur „WortLautRuhr“ Weber damit beauftragte, sich mit den Inhalten der Reformation lyrisch auseinanderzusetzen. Weber tut dies nicht nur inhaltlich, sondern auch in der Form. So greift sie die einführenden Sätze, die Luther zu seinen 95 Thesen schrieb, in ihrem Text auf: „Aus Liebe zur Wahrheit und diese zu ergründen“. Auch der Wortlaut eines Taizé-Chorals findet sich darin. Diese Vorgehensweise hat Weber bewusst gewählt, „um die Themen möglichst stark zu verknüpfen“.

„Ich trat heimlich aus der Kirche aus“

Weber wurde katholisch erzogen. „Allerdings nicht streng gläubig. Ich wurde in der Freiheit erzogen, an nichts zu glauben und nichts tun zu müssen, wovon ich nicht überzeugt bin“, sagt sie gegenüber pro. Aus der Kirche trat sie später wegen einer „Unzufriedenheit gegenüber der Institution“ aus. Das lyrische Ich gesteht: „Ich ließ das Kind nicht taufen, und meine Oma fiel vom Glauben, mein Opa aus allen Wolken, weil das ist, wo man nach dem Tod hinkommt. Ein guter Christ aus einer Familie guter Christen – ich trat heimlich aus der Kirche aus.“

Die Poetry-Slammerin, die in Hessen zuhause ist, will ihre Text nicht als Ablehnung von Religionen verstanden wissen. „Glaube kann unfassbar stärkend sein, und die gemeinsamen Rituale einer Religion machen ganz fantastische Sachen mit dem Gemeinschaftsgefühl“, erklärt Weber. „Ich glaube auch, dass man aus Gebeten eine Menge Kraft ziehen kann. Ich glaube auch, dass man nichts davon braucht. Jeder muss für sich seinen Weg finden.“

Dass Religion aber eine Rolle im Alltag spielt, zeigt sie bei ihrem Auftritt in Mainz, dass die Thematik viele anspricht, ebenfalls. Denn die junge Mutter ist nicht nur rheinland-pfälzische Landesmeisterin im Poetry Slam geworden, sondern hat sich damit auch die Teilnahme am bundesweiten Wettbewerb in Hannover gesichert. (pro)

Von: ak

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