Gemeinden wollen Digitalformate auch nach dem Lockdown

Die Corona-Krise hat einen Digitalisierungsschub in der Kirche ausgelöst. Das ist ein Ergebnis einer Online-Erhebung der Evangelischen Arbeitsstelle für missionarische Kirchenentwicklung und diakonische Profilbildung. Die Gemeinden wollen sich von digitalen Verkündigungsformaten nicht mehr trennen.
Von Norbert Schäfer
In der Corona-Krise haben viele Kirchengemeinden Gottesdienste und Andachten online angeboten

Die Corona-Krise hat in der evangelischen Kirche einen Digitalisierungsschub ausgelöst. Das ist ein Ergebnis einer Online-Erhebung der Evangelischen Arbeitsstelle für missionarische Kirchenentwicklung und diakonische Profilbildung (midi) im Auftrag des Kirchenamtes der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).

Die Umfrage „Digitale Verkündigungsformate während der Corona-Krise“ lieferte vom 18. bis 29. Mai 2020 insgesamt 897 verwertbare Rückmeldungen aus vier Landeskirchen. Nach Angaben einer Pressemitteilung zur Veröffentlichung der Ad-Hoc-Untersuchung am Dienstag in Hannover war die Befragung im Internet in dem Zeitraum 1.464 Mal aufgerufen worden. Für die repräsentative Umfrage hatte midi die Nordkirche, die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland, die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck und die Evangelische Landeskirche in Württemberg ausgewählt.

Mehrheit will digitale Formate

729 Rückmeldungen gaben an, dass sie digitale Verkündigungsformate während der Corona-Krise angeboten haben. Das sind 81 Prozent der Befragten. 78 Prozent der Teilnehmenden erklärten, dass sie vor der Corona-Krise keine solchen digitalen Verkündigungsformate angeboten hatten und dies durch die Corona-Krise getan haben. Die Studie zeigt, dass „die Digitalität in der Breite der Landeskirchen angekommen“ ist. Mehr als zwei Drittel der Befragten (72 Prozent) gaben an, dass sie die digitalen Formate nach dem Lockdown fortführen wollen.

Gefragt wurde in der Studie unter anderem nach der durchschnittlichen Gottesdienstbesucherzahl an einem normalen Sonntagsgottesdienst vor der Covid-19-Pandemie und nach der durchschnittlichen Reichweite des digitalen Gottesdienstes an einem normalen Sonntag während der Corona-Krise. Mit Blick auf die durchschnittliche Gottesdienstbesucherzahl an einem normalen Sonntag vor der Covid-19 Pandemie und während der Corona-Krise war laut der Studie ein Zuwachs von 287 Prozent zu verzeichnen. Insgesamt erzielten die digitalen Verkündigungsformate in den vier Landeskirchen eine Reichweite von 6.548.279. Die Studie spricht von einem „Nachfrage-Boom“ und geht davon aus, „dass künftig vermehrt mit hybriden Formaten der Verkündigung zu rechnen sein wird“.

Bedford-Strohm: „Gottesdienste sind facettenreicher geworden“

Nach Angaben von Studienleiter Daniel Hörsch zeigt die Umfrage, dass „eine spürbare Ausdifferenzierung der digitalen Verkündigungsformate“ stattgefunden hat. Am häufigsten wurden demnach Gottesdienste online angeboten. Andachten und „andachtsähnliche“ Formate machten dabei zusammengenommen 60 Prozent der digitalen Verkündigungsformate aus. „Der Gottesdienst ist nach der Corona-Pandemie spürbar facettenreicher geworden“, erklärte der EKD-Ratsvorsitzende, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, während der digitalen Pressekonferenz.

„Natürlich ersetzen alle diese digitalen Formate nicht die persönliche Begegnung in unseren Kirchen“, erkärte Bedford-Strohm, und weiter: „Deswegen finde ich es spannend, dass es nun viele Gottesdienste gibt, die sowohl in den Kirchen als auch im Internet mitgefeiert werden können.“ Es seien viele neue Formate entstanden, sagte Bedford-Strohm. „Schon jetzt sehen wir, dass die Kirche zu Neuem aufbricht.“ Interessierte fänden nun im Internet das Angebot, das sie begeistert – vom kurzen Andachtsimpuls bis zur anspruchsvoll gestalteten Gottesdienstfeier, denn viele Gemeinden hätten sich angesichts der Versammlungsverbote sehr schnell digital auf den Weg gemacht und Neues ausprobiert.

Weniger Text, mehr Social Media

Die Studie belegt, dass reine Text-Angebote auf Webseiten deutlich an Attraktivität verloren haben. Die Textdokumente gingen demnach um 25 Prozent zurück. Anders verhielt es sich der Studie zufolge bei Angeboten in den sozialen Medien. Rund 60 Prozent der digitalen Verkündigungsformate während der Corona-Krise wurden demnach über klassische soziale Plattformen angeboten. Das entspricht einem Zuwachs von mehr als 41 Prozent im Vergleich zu der Zeit vor der Corona-Krise.

Die digitalen Verkündigungsformate haben nach Angaben der Studie „nachweislich ein hohes Maß an Beteiligung von Engagierten und Ehrenamtlichen ans Tageslicht befördert“. Die gewonnene Digitalität verspreche „eine Demokratisierung bei der Verkündigung im Sinne eines tatsächlich gelebten Priestertums aller Gläubigen“.

Von: Norbert Schäfer

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