EKD will mehr ökumenische Zusammenarbeit beim Religionsunterricht

Die Vielfalt an Weltanschauungen und religiösen Bekenntnissen nimmt zu – auch bei Schülern. Der Religionsunterricht sollte darauf reagieren, findet die Evangelische Kirche in Deutschland und möchte dabei die Zusammenarbeit mit der Katholischen Kirche stärken. Dafür hat sie jetzt Leitlinien veröffentlicht.
Von Jonathan Steinert
Evangelische und katholische Schüler sollen in einem konfessionell-kooperativen Unterricht besser verstehen, was die eigene Konfession ausmacht, worum es in der jeweils anderen geht und was sie miteinander verbindet

Die immer größere religiöse und weltanschauliche Vielfalt in der Gesellschaft fordert die Kirche heraus – auch in der Schule. Denn es gibt immer weniger Kinder, die evangelisch oder katholisch getauft sind. Dafür wächst die Zahl von muslimischen Schülern, Konfessionslosen oder auch Orthodoxen. Um dieser Entwicklung zu begegnen, möchte die EKD die Zusammenarbeit mit der Katholischen Kirche in diesem Bereich stärken und den konfessionell-kooperativen Religionsunterricht fördern.

Das Anliegen sei, ein „verbessertes Lernangebot zu schaffen, bei dem Gemeinsamkeiten zwischen den Konfessionen gestärkt und der Umgang mit bleibenden Unterschieden eingeübt werden kann“, schreibt der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm im Vorwort des Papiers „Konfessionell-kooperativ erteilter Religionsunterricht. Grundlagen, Standards und Zielsetzungen“, das die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) im Februar veröffentlicht hat. Er plädiert dafür, dass sich die „christlichen Kirchen im Blick auf den Religionsunterricht überall zu offiziell geregelten Formen der Zusammenarbeit verpflichten“.

Religiöse Vielfalt verunsichert

Referenten für Bildungs-, Erziehungs- und Schulfragen in den Gliedkirchen der EKD haben für die jüngste Veröffentlichung erarbeitet, welche Standards und Ziele ein Religionsunterricht haben sollte, der von ökumenischer Kooperation geprägt ist. Sie stellen dabei fest, dass Religion immer mehr aus dem öffentlichen Raum der Schule verdrängt werde, etwa indem ein „Werteunterricht“ für alle Schüler angeboten werde. Religiöse Pluralität löse im öffentlichen Raum oft Unsicherheit aus. „Sie wird als störend, konfliktreich und in Ausnahmefällen sogar als gefährlich verstanden“ – besonders in Schulen, schreiben die Autoren. Dabei sei es umso wichtiger, „die unterschiedlichen Wertvorstellungen, Wahrheitsansprüche und religiösen Praxen angemessen in ihrer Unterschiedlichkeit von einer bekenntnis- und weltanschaulich transparenten Position her den Schülerinnen und Schülern zu vermitteln“.

Der konfessionell-kooperative Religionsunterricht ziele bei evangelischen und katholischen Schülern darauf, sich gegenseitig wahrzunehmen, sich mit der eigenen und der anderen Konfession auseinanderzusetzen. Er hebe dabei die konfessionellen Unterschiede nicht auf, heißt es in den formulierten Grundlagen: „Im Gegenteil, er reflektiert sie explizit. Damit ist er Ausdruck gelebter ‚Ökumene‘.“ Das Bekenntnis zu Jesus Christus sei in einer pluralen Welt auf Ökumene angewiesen. „Mehr Kooperation stärkt die eigene konfessionelle Identität, wenn das pädagogisch gut gemacht wird“, erklärt Matthias Otte, Referent für Kirche und Schule im Kirchenamt der EKD, im Gespräch mit pro.

EKD strebt Kooperation schon länger an

Das Papier nimmt für bestimmte Themen oder Projekte auch eine mögliche Zusammenarbeit mit jüdischem, muslimischem und alevitischem Religionsunterricht in den Blick – um Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten und Unterschiede wahrzunehmen. Das sei aber nicht vergleichbar mit der christlich-konfessionellen Kooperation, weil diese „auf gemeinsamen theologischen Grundlagen, christlicher Praxis und christlichem Selbstverständnis in seinen konfessionellen Ausprägungen sowie einer gewachsenen Ökumene“ beruhe.

Die EKD hatte bereits 2014 in ihrer Denkschrift „Religiöse Orientierung gewinnen“ darauf gedrungen, das Modell des kooperativen Religionsunterrichts auszubauen und sich auf eine Zusammenarbeit zwischen den Konfessionen zu verpflichten. Die verfassungsrechtlichen Grundlagen habe die EKD schon vor über 40 Jahren beschrieben, erklärt EKD-Referent Otte. Die Deutsche Bischofskonferenz veröffentlichte 2016 ebenfalls Empfehlungen für einen solchen Religionsunterricht. Der aktuelle Text der EKD nimmt darauf Bezug. Ob eine gemeinsame Erklärung der Kirchen auf Bundesebene erfolgt, sei noch offen, sagte Otte. Denn die konkrete Umsetzung und die nötigen Absprachen für die Kooperation im Religionsunterricht seien zwischen den Landeskirchen und Diözesen zu treffen.

In einigen Regionen Deutschlands gibt es bereits konfessionelle Kooperationen in der Schule, etwa in Baden-Württemberg und Niedersachsen und demnächst auch in Berlin und Teilen Nordrhein-Westfalens. Häufig nehmen im katholischen oder evangelischen Religionsunterricht nicht nur Schüler des jeweiligen Bekenntnisses teil.

Von: Jonathan Steinert

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