Michael Diener: „Ich habe verbunden, aber auch gespalten“

Zum Ende des Jahres scheidet Michael Diener aus seinem Posten als Vorsitzender der Deutschen Evangelischen Allianz (DEA) aus. Im pro-Interview spricht er über seine Zukunftspläne – und verrät, was ihn bei der Allianz „erschüttert“ hat.
Von PRO
Michael Diener blickt auf schöne und schwierige Erfahrungen während seiner Amtszeit als Vorsitzender der Deutschen Evangelischen Allianz zurück

pro: Herr Diener, wie blicken Sie auf Ihre fünfjährige Amtszeit bei der DEA zurück?

Michael Diener: Mein Rückblick fällt „gemischt“ aus. Ich bin wirklich dankbar, dass wir in diesen fünf Jahren manches miteinander erreichen konnten: Wir haben ganz deutlich die örtlichen Allianzen und die mit der Allianz verbundenen Werke als das „Rückgrat“ der Allianz identifiziert und unsere Arbeit in den Leitungsgremien darauf ausgerichtet. Der Hauptvorstand hat sich von der Zahl seiner Mitglieder in diesen Jahren fast verdoppelt, was bedeutet, dass wir noch stärker wie bisher die Vielgestaltigkeit des Leibes Christi auch unter uns abbilden können: Die Vertretung des „charismatisch-pfingstlerischen Flügels“ ist gewachsen, auch die Gruppe der messianischen Juden ist nun unter uns vertreten.
Bad Blankenburg und das Allianzhaus sind als geistliches Zentrum der Allianz etabliert und stabilisiert. Das Gemeindeferienfestival „Spring“ ist zu einer dritten weithin wahrnehmbaren Veranstaltungssäule neben der Allianzgebetswoche im Januar und der sommerlichen Allianzkonferenz in Bad Blankenburg geworden.
Wir haben uns fast jährlich gegen ungerechtfertigte Angriffe gegenüber der Evangelischen Allianz zur Wehr gesetzt. Ich erinnere hier nur an die Sendung „Mission unter falscher Flagge“. Zugleich ist es uns gelungen, dabei auch konstruktiv lernbereit zu sein. Unsere Clearingstelle gegen „geistlichen Missbrauch“, die ja als Antwort auf diese Fernsehsendung entstand, leistet seitdem eine hervorragende Arbeit.

Während Ihrer Amtszeit kam es aber auch zu Konflikten.

Es beschäftigt mich natürlich sehr, dass der durch meine Äußerungen sichtbar gewordene Dissens in der evangelikalen Welt über einige wenige (sexual)ethische Fragen uns als Allianz so erschüttert. Ich muss mir eingestehen, dass ich nicht nur „verbunden“, sondern auch „gespalten“ habe – und das beschwert mich sehr. Es beschwert mich als Anfrage an mich, aber auch als Anfrage an die evangelikale Welt insgesamt: Uns verbindet so viel: geistliche Einheit, Gebet, Mission, Bibel, gesellschaftliches Engagement. Wie konnten wir es miteinander zulassen, dass wir, angesichts der Herausforderungen unserer Zeit, uns an diesen Stellen so sehr mit uns selbst beschäftigen und ein so schlechtes Zeugnis abgeben für Jesus Christus, dem wir doch miteinander von ganzem Herzen dienen wollen? Das erschüttert mich, anders kann ich es nicht sagen.

Welche Begegnungen und Erfahrungen haben Ihnen besondere Freude bereitet? Welche nicht?

Freude bereitet mir, wo der Allianzgedanke lebt: Einheit in versöhnter Verschiedenheit. Einheit im Aushalten, Einheit im Einstimmen, aber mit einem brennenden Herzen für Gott und die Menschen. Und Kummer bereitet mir, wo die „Allianzidee“ an der jeweils eigenen „Kragenweite des Glaubens“ enden soll, wo wir das die Allianz seit ihrer Gründung prägende „Spannungsvolle“ der verschiedenen Überzeugungen, bei überzeugter Bejahung der „Basis der Allianz“, nicht durchhalten.

Was sind Ihre nächsten Pläne?

Grund für meinen Rücktritt war ja der erhebliche ehrenamtliche Arbeitsumfang, den meine Mitarbeit im Rat der EKD mit sich bringt. Das ist natürlich, gerade auch im Jahr des Reformationsjubiläums, ganz beachtlich. Die Arbeit im Vorsitz der DEA hätte darunter gelitten – das wollte ich nicht. Die DEA ist mir eine Herzenssache. Ich bleibe Mitglied im Hauptvorstand der DEA und werde mich ansonsten mit ganzer Kraft für den Evangelischen Gnadauer Gemeinschaftsverband, die EKD und in vielen anderen Gremien einsetzen. Keine Sorge, ich werde durch diese spürbare Entlastung nicht arbeitslos.

Was wünschen Sie Ihrem Nachfolger?

Ich wünsche dem neuen Vorsitzenden, gemeinsam mit Generalsekretär Hartmut Steeb, viel Weisheit in der Führung der DEA in diesen schwierigen Zeiten. Ich hoffe, dass es gelingt, die DEA auf einem „Christuskurs der evangelikalen Mitte“ zu halten, dass Vertrauen zurück gewonnen werden kann, ohne dass in den vergangenen Jahren neu gewonnenes Vertrauen verloren geht. Das wird nicht einfach, aber wir haben ja einen Gott, der über Bitten und Verstehen geben kann.

Vielen Dank für das Gespräch.

Die Fragen stellte Martina Blatt. (pro)Michael Diener: „Lasst uns aus Vergebung leben“ (pro)
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