Christ wird Atheist – probeweise

Ein Pastor aus Kalifornien will im Jahr 2014 wie ein Atheist leben. Das heißt: 12 Monate nicht auf Gott vertrauen, nicht in der Bibel lesen und nicht beten. Sein Experiment beschreibt er in einem Weblog. Und am Ende will er ein Buch über seine Erfahrung schreiben.
Von PRO
Ryan Bell will 12 Monate lang als Atheist leben
Ryan J. Bell ist Privatdozent am Fuller Theological Seminary und am Global Studies Department an der Azusa Pacific University. Zudem ist er Mitbegründer des kritischen Magazins The Hillhurst Review. Bell wuchs in einer Gemeinde der Siebenten-Tages-Adventisten auf und war fast 20 Jahre lang Pastor. Doch nie fühlte er sich 100-prozentig dazugehörig zur christlichen Gemeinde, sagt er. In einem Artikel für die Huffington Post erklärt Bell, warum er nun – testweise – als Atheist leben möchte. Erste Zweifel seien ihm gekommen, nachdem ihm eine befreundete Pastorin von einem Atheisten erzählt hatte, der ihr schwierige Fragen zum Glauben stellte. Die konnte sie nicht so einfach wegwischen. „Meine Beziehung zu Gott und zur Kirche hat viele Wendungen genommen“, schreibt der 42-Jährige. Stets sei da eine Spannung zwischen den Forderungen der Kirche und seinem eigenen Verständnis von Gott gewesen. Er sei immer weniger zum Gottesdienst gegangen, habe nicht mehr viel gebetet oder in der Bibel gelesen. Irgendwann, als er bereits viele Jahre Pastor war, sei der Tag gekommen, an dem er sich gar nicht mehr zur Kirche gehörig gefühlt habe. Er kritisierte die Stellungen seiner Kirche zur Homosexualität, was ihm eine Art „Zweite Klasse-Mitgliedschaft“ beschert habe. Bell kritisierte außerdem die Rolle der Frau in der Kirche, einige Bekehrungsversuche und die Vorstellung, wie die Kirche wachsen müsse. Im März 2013 bat seine Gemeinde ihn, als Pastor zurückzutreten. Er sträubte sich erst, gab dann aber nach, auch weil er und seine Familie unter den Spannungen gelitten hätten. Er habe sich wie ein „religiöser Nomade“ gefühlt: „Ich kämpfte darum, zur Kirche zu gehören und, wenn ich ehrlich bin, zu Gott.“

„Ich bin mir nicht sicher, was ich bin“

Er werde nun den Atheismus „ausprobieren“, schreibt Bell. „Ich werde nicht beten, in der Bibel für Inspiration lesen, mich nicht auf Gott als Grund für bestimmte Dinge berufen oder hoffen, dass Gott einspringt und die Umstände ändert.“ Bell fügt hinzu: „Wenn es wirklich einen Gott gibt, vertraue ich darauf, dass er nicht zu sehr verwirrt ist von meinem albernen Experiment und dass er es nicht zulässt, dass andere darunter leiden.“ Er will stattdessen Texte von Atheisten lesen, von Thomas Hobbes, Baruch Spinoza, Bertrand Russell und Friedrich Nietzsche bis hin zur „Trinität“ des Atheismus, Christopher Hitchens, Richard Dawkins und Daniel Dennett. Er möchte sich zudem mit vielen Atheisten unterhalten und an Atheisten-Treffen teilnehmen. „Kurzgesagt: Ich will alles Nötige tun, um in die Welt des Atheismus einzutauchen. Ich bin kein Atheist, das ist mir wichtig. Jedenfalls noch nicht. Ich bin mir nicht sicher, was ich bin. Und genau darum geht es in diesem Jahr.“ Er verfolge nur ein Ziel: Die Wahrheit herausfinden und ernsthaft diese Sache verfolgen, die am Ende vielleicht auch anderen von Nutzen sein könnte. Er schreibt über seine Erfahrungen in seinem Weblog www.yearwithoutgod.com und twittert unter dem Namen yearwithoutgod. Außerdem möchte er am Ende ein Buch über das Atheismus-Experiment verfassen. Bell lädt seine Leser ein, sich mit eigenen Gedanken zu beteiligen. (pro)
http://www.huffingtonpost.com/ryan-j-bell/a-year-without-god_b_4512842.html
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