„Viele Männer behandeln Frauen, als ob sie weniger Rechte hätten“

Anlässlich des Weltfrauentags am 8. März machen Frauenrechtlerinnen und internationale Organisationen auf die Lage von Frauen und Mädchen weltweit aufmerksam. Vor allem in Entwicklungsländern leiden viele unter einem patriarchalischen Regime.
Von PRO
Frauen beim „Women's march“ im Januar 2017 in New York

Weltweit leiden Mädchen und Frauen unter vielfältigen Repressalien, werden unterdrückt oder diskriminiert und genießen nicht dieselben Rechte wie Männer. Der Internationale Weltfrauentag am 8. März macht jedes Jahr auf die Lage von Frauen in der ganzen Welt aufmerksam. In muslimischen Ländern litten Frauen zum Beispiel besonders unter dem fundamentalistischen Islam, sagte die Frauenrechtlerin Naïla Chikhi im Interview mit der Zeitung Die Welt. Sie kritisierte auch, dass muslimisch geprägte Feministinnen, wie sie selbst eine sei, die säkular lebten, oft angefeindet würden. „Viele westliche Feministinnen hören nur denjenigen muslimischen Frauen zu, die ihre Religion zur Schau stellen“, so Chikhi. Sie kritisierte auch die Darstellung der sexuellen Gruppenübergriffe auf Frauen in Köln in der Silvesternacht 2015/16. Vor allem „Queerfeministinnen“ hätten die Zugehörigkeit der Täter zu einer Minderheit betont und sie damit in Schutz genommen. Es hätte einen „Rabatt“ gegeben, weil die Täter muslimisch oder migrantisch geprägt gewesen seien. „Mit den Gewaltopfern wurde sich gar nicht mehr auseinandergesetzt. Das ist antifeministisch“, so die Frauenrechtlerin.

Allgemein seien muslimisch geprägte Mädchen und Frauen Diskriminierung ausgesetzt, indem sie zum Beispiel an sportlichen oder schulischen Aktivitäten nicht teilnähmen oder zwangsverheiratet würden. „In Deutschland etabliert sich immer mehr ein konservativer und politischer Islam, den wir in unseren Heimatländern erlebt haben.“ Dieser Islam stelle seine eigenen Regeln über staatliche Gesetze. Sogar in Kitas würde von einigen Eltern mittlerweile Geschlechtertrennung gefordert.

Christinnen in Pakistan zwangsverheiratet

Der Politik wirft Chikhi vor, dass sie aus falsch verstandener Toleranz gegenüber dem Islam solche Diskriminierungen zulässt. Zum Thema Kopftuch sagte sie: „Das Kopftuch stigmatisiert den weiblichen Körper aufgrund seiner potenziellen sexuellen Reizwirkung als sündhaft. Diese Ideologie der Ungleichheit beschützen zu wollen, ist antifeministisch.“ Der Frauenrechtlerin gehe es weniger um die Trägerin des Kopftuches als um die Symbolhaftigkeit, die mit dem Tuch verknüpft wird.

Auch die weltweit tätige Menschenrechtsorganisation ADF International machte auf die Lage von Frauen aufmerksam. Mädchen aus religiösen Minderheiten seien zudem in besonderer Gefahr. In Pakistan treffe das zum Beispiel christlich geprägte Mädchen. „Niemand sollte wegen seines Glaubens verfolgt werden. In Pakistan werden junge, christliche Mädchen wegen ihres Glaubens durch Zwangshochzeiten missbraucht“, sagte die Menschenrechtsanwältin Tehmina Arora von ADF International Asia. Die internationale Gemeinschaft müsse ihre Augen öffnen für das, was passiert, und Christen und anderen Minderheiten in Pakistan helfen.

Uganda: Klimawandel sorgt für Unterdrückung

Nach Angaben der UN Women, der Einheit der Vereinten Nationen für Gleichstellung und Ermächtigung der Frauen, ist eines von drei Mädchen in Entwicklungsländern vor seinem 18. Geburtstag bereits verheiratet und eines von neun Mädchen unter 15 Jahren wird verheiratet. Pakistan sei das gefährlichste Land für Christinnen. Etwa 1.000 Mädchen von religiösen Minderheiten würden in dem Land jedes Jahr zwangsverheiratet, um sie von ihrem Glauben abzubringen. Oft geschehe das im Zuge von Kidnapping oder sexueller Gewalt.

In Uganda verschlechtere sich die Lage der Frauen derzeit durch den Klimawandel, berichtet evangelisch.de. Der Wandel verstärke traditionelle Geschlecherrollen und Ungleichheit, sagte die Direktorin des Zentrums für häusliche Gewaltprävention in der ugandischen Hauptstadt Kampala, Tina Musuya. Weil die Wege zu Wasserstellen immer länger und beschwerlicher würden, würden viele Mädchen nicht mehr zur Schule gehen. Sie seien zu erschöpft oder hätten schlicht keine Zeit. In vielen Entwicklungsländern seien Frauen hauptsächlich für Kinderbetreuung, Haushalt oder Altenpflege zuständig, erklärte das Hilfswerk „Brot für die Welt“. Weil der Nahrungsanbau oder die Beschaffung von sauberem Wasser – hauptsächlich Frauenarbeit – durch den Klimawandel immer schwerer werde, verstärke sich die Ungleichheit. Aufgrund von schlechten Ernten oder schlechtem Einkommen würden die Männer häufiger gewalttägig, weil ihr Selbstbild als Familienversorger in Gefahr sei. Auch Alkoholismus sei ein Problem. „Viele Männer behandeln Frauen, als ob sie weniger Rechte hätten“, sagte Musuya. „Wir müssen Frauen stärken und für Geschlechtergerechtigkeit kämpfen.“

Journalistinnen leiden unter Sexismus

„Reporter ohne Grenzen“ (ROG) meldet, dass Journalistinnen häufig Sexismus zum Opfer fallen. Zum Beispiel durch sexuelle Belästigung durch Interviewpartner, frauenverachtende Hasskommentare im Netz oder Benachteiligung gegenüber männlichen Kollegen. „Anlässlich des Weltfrauentags möchten – und müssen – wir erneut deutlich machen, dass für Journalistinnen überall auf der Welt die Ausübung ihres Berufes oft schwieriger und gefährlicher ist als für ihre Kollegen“, sagte ROG-Vorstandssprecherin Katja Gloger.

Ein Themenbericht zur Lage von Journalistinnen fordere zum Beispiel die Verbesserung der Strukturen in Redaktionen, um Frauen vor Übergriffen zu schützen oder diese zu ahnden. Auch soziale Netzwerke müssten Hasskampagnen besser unterbinden. Der Bericht basiert auf einer nicht repräsentativen Befragung von 112 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von ROG und Journalistinnen und Journalisten. Gefährliche Länder für Journalistinnen seien zum Beispiel Mexiko, Indien und Syrien. Auch in Polen oder der Ukraine sei die Lage riskant. 73 Prozent der Befragten gaben außerdem an, dass sie im Netz sexistischer Gewalt ausgesetzt seien. Journalistinnen, die über Frauenrechte, Politik oder Sport berichteten, seien auch häufiger gefährdet. Vor allem in Ländern wie Saudi-Arabien, Brasilien oder auch Frankreich, wo Sportredakteurinnen besonders oft belästigt worden seien.

Von: Swanhild Zacharias

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