Früherer Ethikrats-Vorsitzender: Schirachs „Gott“ enttäuscht

Der frühere Ethikrats-Vorsitzende Peter Dabrock sieht das von der ARD verfilmte Theaterstück „Gott“ kritisch. Darin geht es um assistierten Suizid. Es sei gut, dass durch das Werk Ferdinand von Schirachs das Thema ärztlicher Suizidhilfe öffentlich wieder diskutiert werde. Doch das Stück enttäusche, sagte der Theologe dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Von PRO
Der frühere Ethikrats-Vorsitzende Peter Dabrock sieht das von der ARD verfilmte Theaterstück „Gott“ kritisch

Peter Dabrock sieht die Inszenierung von Ferdinand von Schirachs Film „Gott“ kritisch. Der frühere Ethikrat-Vorsitzende wirft Schirach vor, dieser habe sich einseitig positioniert und in weiten Teilen eine „Werbeschrift für ärztliche Suizidassistenz“ verfasst. Der Autor habe die Chance verpasst, Grautöne in der Debatte sichtbar zu machen und stattdessen auf Polarisierung gesetzt.

„Die ARD sollte nicht kolportieren, als ob im Stück das Pro und Contra einigermaßen dramaturgisch aufgearbeitet sei“, sagte Dabrock dem Evangelischen Pressedienst epd vor der für Montag geplanten Ausstrahlung. Vielmehr habe der Autor bei der Komposition der Figuren und ihrer Argumente seine Sympathien eindeutig verteilt. In der Dramaturgie lenke er „die gesellschaftliche Debatte in einer komplexen Fragestellung in gewollt unterkomplexe Alternativen“ hinein, sagte der Ethikexperte.

„Einseitig komponiert“

In dem Stück wird das Recht auf assistierten Suizid in einer fiktiven Ethikratssitzung von mehreren Sachverständigen erörtert, am Ende soll das Publikum abstimmen. Schirach komponiere alles so, dass seine Neigung für den lebensmüden Protagonisten, der von seiner Hausärztin das tödliche Natrium-Pentobarbital erhalten wolle, und dessen leidenschaftlichen Anwalt erkennbar werde, kritisierte Dabrock. Dagegen seien die Gegner der assistierten Suizidbeihilfe wie der Ärztevertreter und der katholische Bischof „inhaltlich schwach und in ihrem Charakter unangenehm gezeichnet“.

Im Blick auf die Kirche scheine Schirach das „Vorurteil zu pflegen, dass theologisch und kirchlich offensichtlich nur an Menschenrechten und Verfassungsrecht vorbei argumentiert werden kann“, sagte Dabrock. Die Gebotsethik des katholischen Bischofs, der einen vermeintlich absolut geltenden Lebensschutz vertrete, solle unbarmherzig erscheinen. Der Geistliche spreche nicht die Sprache moderner Menschen und zeige sich „unaufgeklärt“.

Das Stück Schirachs verfehle auch die spezifische Beratungsarbeit des Ethikrats, sagte Dabrock, der von 2016 bis 2020 Vorsitzender des Gremiums war. Dort komme es – anderes als bei einer Gerichtsverhandlung – darauf an, Empfehlungen für Entscheidungen aufzuzeigen und nicht am Ende ein Urteil zu fällen. In einer Ethikratssitzung hätte deutlich werden können, dass die Theologie die Selbstbestimmung des Einzelnen ernst nehme und zugleich auf Alternativen eines würdevollen Sterbens „diesseits von ärztlicher Suizidassistenz“ verweisen könne.

Das Theaterstück „Gott“ von Ferdinand von Schirach wird am Montag, 23. November, ab 20.15 Uhr im Ersten ausgestrahlt und anschließend in der Sendung „hart, aber fair“ diskutiert.

Von: epd

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