Juden, Protestanten sowie Sinti und Roma erinnern an Völkermord

Spitzenvertreter von Protestanten, Juden sowie Sinti und Roma haben erstmals gemeinsam der in Auschwitz Ermordeten gedacht. Anlass war der vom EU-Parlament initiierte Europäische Holocaust-Gedenktag für Sinti und Roma. An der Zeremonie nahmen der Vorsitzende des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, Romani Rose, der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, sowie der Vorsitzende des Rates der EKD, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, teil.
Von PRO
Gemeinsames Gedenken der Spitzenvertreter der Evangelischen Kirche sowie des Zentralrats der Juden und des Zentralrates der Sinti und Roma in Auschwitz

Erstmals haben Vertreter der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), des Zentralrats der Juden in Deutschland und des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma gemeinsam im ehemaligen deutschen Vernichtungslager Auschwitz in Polen der dort Ermordeten gedacht. „Der Holocaust an den Sinti und Roma wie an den Juden, die Massenmorde der Nazis in Europa, waren ein Zivilisationsbruch, der uns verpflichtet, heute gegen jede Form von Rassismus und Nationalismus unsere Stimme zu erheben“, sagte der Vorsitzende des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, Romani Rose.

Auschwitz sei das Gewissen der Wertegemeinschaft demokratischer Staaten: „Wir alle dürfen nicht länger verschweigen, verharmlosen oder wegschauen, wenn Antiziganismus und Antisemitismus sich kundtun und wenn Nationalisten und rechte Organisationen unsere demokratischen Werte und den Rechtsstaat beseitigen wollen“, betonte Rose laut einer EKD-Pressemitteilung. Die Nationalsozialisten hatten in Europa über eine halbe Million Sinti und Roma ermordet.

„Demokratie darf nie wieder in die Nähe menschenverachtender Politik rücken“

„Auschwitz steht wie kein anderer Ort für die Schoa und damit für die Ermordung der Juden sowie der Sinti und Roma durch die Nationalsozialisten“, erinnerte der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster. „Als Juden sind wir der Gemeinschaft der Sinti und Roma zutiefst verbunden.“ Unter die Erinnerung an die Opfer dürfe kein Schlussstrich gezogen werden: „Es ist Auftrag und Pflicht der gesamten Gesellschaft, Antisemitismus und Antiziganismus in jeglicher Form zu bekämpfen. Gleichzeitig müssen wir gemeinsam einstehen für unsere Demokratie, die nie wieder in die Nähe einer menschenverachtenden Politik rücken darf“, forderte Schuster.

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, unterstrich die bleibende Verpflichtung, jeglicher Form der Menschenverachtung entschieden entgegenzutreten. „Es wird nie zu begreifen sein, wie Menschen anderen Menschen so etwas antun können“, sagte Bedford-Strohm. Umso wichtiger sei es, die Wurzeln von Antisemitismus und Antiziganismus, „die zu der Ermordung von Juden und Sinti und Roma in Auschwitz geführt haben, zu ergründen.“ Das gemeinsame Gedenken sei für ihn ein „sehr berührendes Zeichen“. Das Geschehene verpflichte dazu, „immer beherzt für die Überwindung aller Formen von Menschenfeindlichkeit und Menschenverachtung zu kämpfen und aktiv für Menschenwürde und Humanität einzutreten“.

EKD-Präses: Erinnerungen an die Schoa wachhalten

Auch die Präses der EKD-Synode Irmgard Schwaetzer zeigte sich tief berührt: „Angesichts der gesellschaftlichen Situation in Deutschland, in der Antisemitismus bis in die Mitte der Gesellschaft offen zutage tritt, ist es unsere Verantwortung als Christen, als Menschen die Erinnerung an die Schoa wachzuhalten, Antisemitismus in jeder Form entgegenzutreten. Auschwitz mahnt uns, alles für die Gestaltung einer menschenfreundlichen und respektvollen Gesellschaft in Europa und darüber hinaus zu tun.“

Am Montag setzten die EKD-Delegation und der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland ihren Besuch mit einem Treffen mit dem Direktor der Gedenkstätte, Piotr Cywinski, sowie dem Direktor der Internationalen Jugendbegegnungsstätte, Leszek Szuster, fort. Eindrücke von der Gedenkfeier sowie zahlreiche Videostatements von Überlebenden, Politikerinnen und Politikern gibt es hier.

Von: Johannes Blöcher-Weil

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