Deutsche befürworten Religionsfreiheit im Privaten

Die Bertelsmann-Stiftung hat in einem „Religionsmonitor kompakt“ untersucht, welche Rolle Religion und religiöse Vielfalt in der Gesellschaft spielt. Bei privaten Entscheidungen befürworten die Deutschen ganz überwiegend die Religionsfreiheit. Wenn es um die sichtbar gelebte öffentliche Religion geht, sieht das anders aus.
Von PRO
Jeder zweite Ostdeutsche gibt an, keinerlei Bezug zur Religion zu haben. Dies zeigt der neue Religionsmonitor der Bertelsmann-Stiftung.

28 Prozent der Westdeutschen und 42 Prozent der Ostdeutschen meinen, der Staat solle die Religionsfreiheit einschränken, wenn für einen Glauben in der Öffentlichkeit geworben wird. Das geht aus Zahlen des „Religionsmonitors kompakt“ hervor, den die Bertelsmann-Stiftung veröffentlicht hat. Anlass des Religionsmonitors ist der 70. Geburtstag des Grundgesetzes in der kommenden Woche, in dem die Religionsfreiheit geschützt ist. Die Studie wollte herausfinden, inwieweit Religion Privatsache ist. Jeder zweite Ostdeutsche gibt an, keinerlei Bezug zur Religion zu haben.

Aushandlungsräume zu wenig genutzt

Die Autoren der Studie sehen in Deutschland einen Nachholbedarf in Bezug auf religiöse Toleranz. Gerichtsurteile zum Kopftuch oder zum kirchlichen Glockengeläut ließen sich als Hinweis darauf verstehen, dass in Sachen Religion gesellschaftliche Aushandlungsräume zu wenig genutzt oder Diskussionen zu wenig lösungsorientiert geführt würden.

Außerdem wurde erhoben, inwieweit der Staat das öffentliche Tragen von religiösen Symbolen einschränken sollte. In Deutschland plädieren 40 Prozent (Westdeutschland: 36 Prozent; Ostdeutschland: 57 Prozent) der Befragten dafür. Im laizistischen Frankreich sind es sogar 57 Prozent. In der Türkei sprechen sich 38 Prozent dafür aus, das öffentliche Tragen religiöser Symbole einzuschränken.

Was den Wechsel der Religion angeht, sind sich die Menschen in Ost- und Westdeutschland näher: 99 Prozent der Bürger in den alten Bundesländern befürworten, dass jeder die Freiheit haben soll, seinen Glauben zu wechseln. In den neuen Ländern liegt dieser Anteil bei 93 Prozent – auf gleicher Höhe anderer westeuropäischer Länder.

Interreligiöser Ehen stoßen auf Akzeptanz

Zudem wurden noch Aspekte der Interreligiösität abgefragt. Die Hälfte der Muslime empfindet es als unangenehm, wenn jemand aus der Familie einen Atheisten heiratet. Im Vergleich dazu haben bei der Einheirat von Christen in muslimische Familien nur 24 Prozent Vorbehalte. Hingegen lehnt jeder zweite Christ und jeder dritte religiös Ungebundene es ab, dass ein Muslim in die Familie einheiraten könnte. Die Einheirat von Juden wird von 43 Prozent der Muslime, von 22 Prozent der Christen und von 15 Prozent der religiös Ungebundenen als unangenehm bezeichnet. Die Forscher der Studie sehen darin ein Zeichen, dass interreligiöse Ehen zu einem gewissen Maß akzeptiert werden.

Die ursprünglichen Zahlen der Erhebung stammen vom Religionsmonitor 2017. Dazu wurden über 10.000 Menschen aus Deutschland, Österreich, der Schweiz, Frankreich, dem Vereinigten Königreich sowie der Türkei befragt. Anfang 2019 hat das infas Institut im Rahmen des Religionsmonitors eine repräsentative Nachbefragung unter 1.500 zufällig ausgewählten Bundesbürgern vorgenommen.

Von: Johannes Blöcher-Weil

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