Forscher: Prominente beeinflussen Meinung zur Evolutionstheorie

Viele Menschen übernehmen Zweifel an der Evolutionstheorie von anderen. Besonders wenn Prominente ihre Meinung zur Evolutionstheorie kundtun, färbt das auf andere ab. Das jedenfalls wollen kanadische Forscher durch ein Experiment herausgefunden haben.
Von Jörn Schumacher
Wenn sich Prominente kritisch zur Evolutionstheorie äußern, färbt das auf andere ab, wollen Forscher aus Kanada herausgefunden haben

Eine Gruppe von Forschern der Nipissing University in der kanadischen Provinz Ontario wollten herausfinden, inwiefern Menschen die Evolutionstheorie ablehnen, befürworten oder neutral einschätzen, wenn eine entsprechende Meinung zuvor von einem Prominenten, und anschließend von einem Biologie-Experten geäußert wurde.

Die Evolutionstheorie werde unter Wissenschaftlern kaum noch angezweifelt, erklären die Autoren der Studie. Eine Umfrage des PEW-Meinungsforschungsinstitutes von 2015 habe gezeigt, dass 98 Prozent der Wissenschaftler diese Theorie zur Entwicklung des Lebens für richtig halten. Im breiten Volk jedoch seien nur 65 Prozent der Amerikaner davon überzeugt, dass die Evolutionstheorie stimmt. Bei den Kanadiern waren es 61 Prozent, und ähnlich verhielt es sich bei Briten und Australiern.

Chuck Norris: Gott hat das Leben geschaffen

Immer wieder gäben Prominente ihre Meinung zur darwinschen Theorie von der Entstehung der Arten kund, schreiben die Autoren der Studie. Die amerikanische Sängerin Miley Cyrus etwa hatte 2012 bei Twitter eine Äußerung des atheistischen Wissenschaftlers Lawrence Krauss zur Entstehung des Lebens ausgehend vom Staub von Sternen gepostet. Sie schrieb: „Wie können Menschen so einfach die Liebe aus der Wissenschaft entfernen und Hass in die Religion bringen?“ Der Kommentar sei 4.500 Mal geteilt worden. „Manche von Prominenten gemachten Äußerungen lassen eine Akzeptanz grundlegender Fakten zur menschlichen Evolution vermissen“, prangern die Autoren an.

Auch der amerikanische Schauspieler Kirk Cameron habe im Fernsehen gesagt, dass es keine Fossilien gebe, die einen Übergang zwischen den Arten zeigen könnten. Der Schauspieler Chuck Norris habe im Jahr 2006 geschrieben: „Die Evolution hat nicht stattgefunden. Das Leben auf diesem Planeten gehört zu den Dingen, die Gott erschaffen hat. Wir sind kein Produkt des Zufalls.“ Der kanadische Popsänger Justin Bieber habe 2015 in einem Interview mitgeteilt, dass er die Schöpfung der Welt durch einen Schöpfergott für plausibler halte als den Zufall. Bieber sagte: „Man stelle sich vor, man steckt ein wenig Gold in eine Kiste, schüttelt sie, und heraus kommt eine Rolex. Es ist absurd, wenn Leute so etwas behaupten.“

Prominente Meinung zählt

Wenn viele Menschen in der Bevölkerung Zweifel an der Evolutionstheorie haben, seien sie eventuell nicht durch eigenes Nachdenken dazu gekommen, sondern durch Beeinflussung durch Prominente, lautet die These der kanadischen Forscher. Sie führten deshalb vier Experimente durch. Studenten sollten einen von drei fiktiven Magazin-Artikeln lesen, in dem ein Buch empfohlen wurde. Ein fiktives Buch trug den Titel „Warum die Evolution wahr ist“ und enthielt Argumente für die Evolutionstheorie. Ein anderes Werk trug den Titel „Der Darwin-Mythos: Das Leben und die Lügen von Charles Darwin“, und darin wurden die Argumente von Evolutionsbiologen kritisiert. Ein drittes Buch hieß „Das Licht, das wir nicht sehen können“ und handelte nicht von Evolution, sondern vom Zweiten Weltkrieg.

Man sagte den ersten Versuchsteilnehmern, der Autor des Artikels sei der bekannte amerikanische Schauspieler George Clooney. Einer anderen Gruppe sagte man, es handele sich um einen Biologie-Professor namens George Rooney. Das Ergebnis war, dass die Skepsis gegenüber der Evolutionstheorie bei religiös eingestellten Studenten weiter verbreitet war. Aber vor allem ergab die Studie, dass der prominente Autor mehr Einfluss auf die Meinung der Studenten hatte als der Biologie-Professor.

Die Forscher wiederholten den Versuch mit zufällig in Einkaufszentren und Bibliotheken ausgewählten Versuchspersonen jeden Alters. Das Ergebnis war das gleiche wie bei den Studenten. In einer weiteren Studie wollte man herausfinden, ober der Einfluss mit dem Geschlecht zu tun hat. „Männer sind grundsätzlich einflussreicher als Frauen, weil ihnen meistens mehr Glaubwürdigkeit entgegengebracht wird“, zitieren die Autoren Studien anderer Forscher aus dem Jahr 2001. Außerdem werde Wissenschaft traditionell mehr mit Männern in Verbindung gebracht als mit Frauen, bemerken die Autoren. Doch das Ergebnis zeigte, dass es egal war, ob die Person, die sich zur Evolutionstheorie äußerte, männlich oder weiblich war. Die Prominenz der Person machte den größeren Unterschied aus. Auch wenn bei einem weiteren Experiment die berühmte Person weiblich war (in diesem Fall: die britische Schauspielerin Emma Watson), konnten die Forscher keinen eindeutigen Unterschied erkennen. Beide hatten ungefähr denselben Einfluss auf die Versuchspersonen.

„Die Evolution erklärt viele Prozesse, die wichtige Fortschritte auf den Gebieten Medizin, Landwirtschaft und Computerwissenschaft verursacht haben“, schreiben die Autoren. „Öffentlich gemachte Äußerungen von Prominenten gegen die Evolutionstheorie können dazu beitragen, dass die Evolution in der Öffentlichkeit weniger akzeptiert wird“, stellen die Forscher fest.

Von: Jörn Schumacher

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