Protest gegen Märtyrer-Ausstellung

Das Märtyrer-Museum in Berlin ist erst seit einer Woche eröffnet und steht schon in der Diskussion. Die AfD-Politikerin Beatrix von Storch hat Anzeige gegen die Ausstellung erstattet. Kritik übte auch Die-Welt-Kolumnist Matthias Heine.
Von PRO
Hat Anzeige gegen die Märtyrer-Ausstellung in Berlin erstattet: die AfD-Politikerin Beatrix von Storch

Die Weltgeschichte hat viele Märtyrer, die für ihre Überzeugungen starben. Eine Debatte über den Begriff hat das Märtyrer-Museum entfacht, das am vergangenen Mittwoch in Berlin-Kreuzberg eröffnet wurde. Als Märtyrer ist dort auch Ismaël Omar Mustafaï dargestellt. Der Attentäter von Paris ermordete vor zwei Jahren 89 Menschen im Konzertclub Bataclan. Gegen dessen Aufnahme in den Kreis der Märtyrer protestiert nicht nur die französische Botschaft.

Auch die AfD-Politikerin Beatrix von Storch hat Anzeige gegen den Veranstalter „Nordwind Festival“ erstattet. Beatrix von Storch twitterte am Freitagmorgen: „Ich habe soeben Strafanzeige gegen die Märtyrerausstellung erstattet“. Das „öffentliche Billigen von Mord“ sei eine Straftat, findet die AfD-Politikerin: „Und wer die Bataclan-Massenmörder zum Märtyrer verklärt, billigt auch deren Taten. Es reicht!“ Sie hat die Ausstellungsleiterin und die sechs ausführenden Künstler im Fokus.

Grundsatzfrage: Wer ist Märtyrer?

Von Storch kann nicht nachvollziehen, warum der Selbstmordattentäter des 11. September 2001 und der Paris-Attentäter in einer Reihe mit Johanna von Orleans oder Martin Luther King genannt würden. Henrik Grimbäck, einer der sechs beteiligten Künstler, wünschte sich im Gespräch mit der Zeitung Die Welt eine differenzierte Betrachtung des Begriffs. Es komme immer auf den jeweiligen Kontext an, sagt er. Märtyrer sei der, der erkläre, Märtyrer zu sein.

Ismaël Omar Mustafaï wird dort als eine Person dargestellt, die glaubte, sich im Kampf gegen die westliche Kultur opfern zu müssen. Als Exponat ist das Original einer Eintrittskarte zu sehen. Der Verein Nordwind wird über den Hauptstadtkulturfonds aus Steuergeld finanziert. Die Ausstellung hatte bereits im vergangenen Jahr in Dänemark für heftige Kritik gesorgt.

Etiketten kritiklos übernommen

Welt-Kolumnist Matthias Heine sieht einen gravierenden Unterschied zwischen dem christlichen und islamistischen Märtyrerbegriff. Die dänischen Künstler nennen jeden Märtyrer, der für seine Glaubensüberzeugungen starb. Aus Sicht von Heine übernehmen sie damit „kritiklos die Etiketten islamistischer Terrorpropaganda“.

Vom Wortstamm her gehe Märtyrer auf das griechische Wort für Zeuge zurück. Gemeint waren damit die Zeugen der Kreuzigung Christi. Später waren es dann auch Blutzeugen, die gewaltsam starben, weil sie ihrem Glauben nicht abschwören wollten. Die Vorstellung, die sich in der muslimischen Welt mit dem Wort verbindet, sei doch offensichtlich mehr vom Kampf und vom Vergießen fremden Blutes geprägt, erläutert Heine.

Auch in der westlichen Geschichte mag es Märtyrer gegeben haben, die irgendwann auch einmal selber Gewalt angewendet haben. In allen christlichen Kirchen sei der Begriff reserviert für jemanden, der sich selbst opfert – und nicht andere tötet: „Der fundamentale Unterschied zwischen der christlichen und der islamischen Idee des Märtyrertums bleibt: Für Christen ist ein Märtyrer jemand, der selbst umgebracht wurde. Für Muslime ist ein Märtyrer jemand, der andere tötet. Christentum und der Islam verstehen unter Märtyrern nicht dasselbe“, schreibt Heine.

Von Johannes Weil

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