Die Mehrkämpferin Gottes

Liebe und Leidenschaft machen das Leben von Schwester Teresa Zukic aus. Als die ehemalige Leistungssportlerin Jesus kennenlernt, tritt sie in ein Kloster ein. Seitdem kann sie nicht mehr anders, als von ihm zu erzählen – auf allen Kanälen.
Von PRO
Der nach oben gereckte Daumen ist eines der Markenzeichen von Schwester Teresa
Schwester Teresa ist wohl die erste Nonne, die im deutschen Fernsehen Stepptanz vorführte. 1992 hat die damals 28-Jährige einen Auftritt in der Sendung „Schreinemakers Live“. Ein kurzer Einspieler stellt sie zunächst als Ordensschwester vor, die sich in Hanau in sozialen Brennpunktvierteln unter anderem um Kinder amerikanischer Soldaten kümmert, Skateboard fährt, Fußball, Basketball und E-Gitarre spielt. Im Gespräch mit der Moderatorin Margarete Schreinemakers erzählt die ehemalige Kunstturnerin und Mehrkämpferin, wie sie zum Glauben kam und von der Bergpredigt gepackt wurde. Die Kirche müsse mehr zu den Menschen gehen, so wie es Jesus auch getan habe, sagt die junge Nonne. Und als sie gebeten wird, noch eine Stepp-Einlage zum Besten zu geben, antwortet sie: „Für den lieben Gott mach‘ ich alles“ und legt zu dem Lied „I‘m singing in the rain“ los. Schreinemakers‘ Einschätzung über Schwester Teresa: „Sicherlich ein ganz gelungener Ableger des Bodenpersonals Gottes.“ Noch bevor sie nach der Sendung wieder zu Hause ist, fangen Redakteure von Hitradio FFH Schwester Teresa am Bahnhof ab und wollen ein Interview mit ihr. Sie bekommt danach so viele Anfragen von Journalisten, die die „Skateboard fahrende Nonne“ live sehen wollen, dass sie die Zusage zum Interview irgendwann mit der Bitte um eine Spende für ihre Pfarrei verbindet. Bis heute hatte Schwester Teresa Fernsehauftritte in der ARD, im ZDF, beim Mitteldeutschen und Hessischen Rundfunk, im „Nachtcafé“ bei Wieland Backes im Südwestrundfunk, bei „Markus Lanz“, „Beckmann“ und anderen. Die Redakteure von Schreinemakers‘ Sendung hatten Schwester Teresa zufällig im Zug „entdeckt“, als sie mit der jungen Nonne gemeinsam im Abteil saßen. Diese erzählte ihnen ihre Lebensgeschichte, ohne zu wissen, dass sie mit Leuten vom Fernsehen sprach, und steppte auch für sie. „Ich habe einfach von meiner Hoffnung erzählt“, sagt sie. Das macht sie heute noch so und sieht es als Teil ihrer Arbeit an: „Ich habe irgendwann gedacht: Du hast eine Botschaft für alle Menschen. Warum sie also nicht auch auf diesem Wege bezeugen?“

Jesus kommt dazwischen

Geboren wird die heutige Schwester Teresa 1964 als Dana Zukic in Kroatien. Ihr Vater Rasim ist Fußballer und bekommt einen Vertrag in Deutschland, weshalb er mit Frau, Sohn und Tochter nach Weinheim in Baden-Württemberg zieht, als diese sieben Jahre alt ist. Kirche und Religion spielen für die Familie keine Rolle. Dana Zukic lebt als Jugendliche für den Leistungssport. Als Kunstturnerin wird sie Hessische Meisterin am Schwebebalken. Weil dieser Sport jedoch die Knochenentwicklung der Heranwachsenden beeinträchtigt, wechselt sie in den Mehrkampf und gewinnt gleich ihren zweiten Wettbewerb. 1,72 Meter hoch, 5,30 Meter weit springt sie, sie gehört zum badischen Kader und wird Badische Meisterin im Mehrkampf. Fürs Abitur geht sie auf das Sportinternat in Bad Sooden-Allendorf und plant, auch beruflich Sport zu treiben. Doch dann kommt ihr Jesus dazwischen. In der Nacht vor einem Wettkampf kann sie nicht schlafen. In der Hoffnung, beim Lesen einzuschlafen, schnappt sie sich schließlich eines der Bücher, die eine Freundin neben das Bett gelegt hatte. Das ist ausgerechnet eine Bibel. Die junge Frau schlägt sie auf und landet bei der Bergpredigt: „Selig sind, die reines Herzens sind“, steht da. „Da ist es passiert. Ich habe die ganze Nacht gelesen, Gott ist mir begegnet. Das war der zärtlichste Moment meines Lebens.“ Schwester Teresa hat dieses Erlebnis schon oft erzählt – in Vorträgen, Interviews, im Fernsehen. Und doch wirkt sie immer noch begeistert und erstaunt darüber, was ihr da widerfahren ist. „Das war großartig, unfassbar“, sagt sie über ihre Taufe in der Osternacht 1984. Die Begegnung mit Gott verändert ihr Leben völlig. Bis dahin war sie auf Leistung getrimmt, dachte, ihr Wert hänge von guten Noten und sportlichen Erfolgen ab. Jetzt begreift sie, dass Gott sie annimmt und liebt, ohne dass sie etwas leisten muss. Sie beschließt, den Sport, ihren bisherigen Lebensinhalt, nach dem Abitur an den Nagel zu hängen und in ein Kloster einzutreten. Mit 20 Jahren wird sie Mitglied bei den Vinzentinerinnen in Fulda. „Sport hatte keine Bedeutung mehr für mich. Warum sollte ich noch sinnlos durch den Wald joggen und Gewichte stemmen? Das war vorbei.“ In ihrer Begeisterung für Gott schreibt sie einen zehnseitigen Brief an ihre Mutter. „Ich dachte, wenn sie das liest, glaubt sie sofort.“ Doch ihre Eltern sind zunächst wenig begeistert. Erst als die Tochter als Schwester Teresa in einem Kinderdorf arbeitet und sie sehen, wie glücklich sie dort ist, unterstützen ihre Eltern sie.

Überraschungen mit Gott

Nach neun Jahren im Kloster, sozialer Arbeit in Brennpunktvierteln, in Senioren- und Behindertenheimen, im Krankenhaus und in der Gemeinde, tritt sie wieder aus – kurz bevor sie die Ewige Profess, die Mitgliedschaft auf Lebenszeit, abgelegt hätte. Sie möchte noch näher an den Menschen sein, ihre eigenen Projekte umsetzen, nicht von Ordensregeln und Strukturen abhängig sein. Zusammen mit Schwester Claudia, die auch im Kloster lebte, und ihrem Beichtvater Franz Reus gründet sie die „Kleine Kommunität der Geschwister Jesu“ in Pegnitz, wo er die Pfarrstelle übernimmt und die beiden Frauen als Gemeindereferentinnen arbeiten. In der Zeit schreibt sie mehrere Musicals, leitet Kinder-, Jugend-, und Gemeindechöre, organisiert mit ihren Mitstreitern alle zwei Jahre ein Kirchenfestival und bringt mit dem Projekt „Abenteuerland“ nach einem Konzept der amerikanischen evangelischen Freikirche Willow Creek jeden Sonntag 300 Kinder in die Messe. Als Pfarrer Reus in den Ruhestand geht, verlässt die Kommunität Pegnitz und findet ihre neue Heimat in Weisendorf bei Nürnberg. Im Eingangsbereich ihres Hauses hängen gerahmte Sammlungen von Flyern, Bildern und Zeitungsartikeln von den Festivals und Musicals, die Schwester Teresa mit auf die Beine gestellt hat. Eine Wand ist für ihre sportliche Vergangenheit reserviert. Auf einem schwarz-weißen Bild, das sie im Flug beim Weitsprung zeigt, hat sie mit „Dana Theresa“ (sic!) unterschrieben. Wer im ersten Stock aus der Küche heraustritt, blickt über das kleine Foyer hinweg direkt auf die ausgebreiteten Arme des gekreuzigten Jesus, den Schwester Teresa in Lebensgröße gemalt hat und der die wichtigste Person in ihrem Leben ist. „Wir sind nicht mehr verliebt in Jesus“, sagt Schwester Teresa. Sie stellt bei vielen Christen und Gemeinden eine Müdigkeit im Glauben fest. „Wo ist die Begeisterung geblieben? Wir könnten jeden Tag ausflippen vor Freude und tun es nicht. Das verstehe ich nicht.“ Es fehle oft an einer persönlichen Beziehung zu Jesus, die das ganze Leben umfasst, meint sie. „Wir sollten 24 Stunden am Tag mit Jesus leben und auf Gottes Überraschungen warten.“ Von solchen Überraschungen könnte sie viel erzählen. Zum Beispiel davon, als sie mit Pfarrer Reus in der Fernseh-Quizshow von Jörg Pilawa 100.000 Euro gewann. Kurz vorher hatte sie gebetet: „Lieber Gott, wenn du mal ein bisschen Geld übrig hast, denk mal an mich.“ Sie würde sich ein Auto kaufen, denn sie hat noch keines, was für die vielen Wege und Transporte in der Gemeindearbeit schwierig ist. Gott antwortet mit einem Anruf von der ARD. Das erspielte Geld reicht für ein Auto und die Gründung einer „Tafel“. „Das war der Hammer. Gott ist so verrückt liebevoll“, sagt sie.

Keine Scheu vor der Öffentlichkeit

Beten und gemeinsamer Lobpreis in der Kommunität ist für Schwester Teresa so selbstverständlich und wichtig wie atmen und essen. Oft schreiben ihr auch Menschen über Facebook Gebetsanliegen oder sie startet selbst Gebetsaufrufe in dem Netzwerk. Dort hat sie eine private und eine Fan-Seite als „Person des öffentlichen Lebens“. Es vergeht kaum ein Tag, an dem sie privat nicht einen Gruß, ein Spruchbild, persönliche Eindrücke, Selfies und andere Fotos von Veranstaltungen postet. Dies kann man über die Schwester-Teresa-App auch direkt aufs Smartphone bekommen. Auch einen YouTube-Kanal hat sie. Mit dem Sankt Michaelsbund, dem Medienhaus der Erzdiözese München und Freising, hat Schwester Teresa, die nebenbei auch Hobbyköchin ist, vor zwei Jahren einige kurze Kochshow-Clips produziert – zur Zubereitung von „Armen Mönchen“ oder „Nonnenküsschen“. Schwester Teresa – das ist auch eine Marke, und Teresa Zukic versteht es, sie zu pflegen. Sie ist auch das Gesicht ihrer Kommunität: Wer diese Gemeinschaft im Internet sucht, landet auf ihrer Seite. Jedoch macht sie deutlich: Es geht ihr um die Botschaft. Sie ist „im Auftrag des Herrn unterwegs“, wie es zwischen Facebook-Logo, QR-Code und Internetadresse auf ihrem Auto steht. Sie will Menschen berühren und die Liebe Jesu bezeugen, durch die sich ihr Leben so veränderte. Mit ihren Begabungen und den vielfältigen „Kanälen“, auf denen sie aktiv ist, versteht sie sich als Mehrkämpferin für Gott. Sie sieht ihr erstes Leben im Rückblick als Vorbereitung auf ihren Dienst in der Kirche. Die Fähigkeiten, die sie als Sportlerin gelernt hat, helfen ihr jetzt. Nicht nur, dass sie mit Kindern kicken kann, sondern auch den Auftritt vor Publikum, Kameras und Mikrofonen beherrscht.

Authentisch durch Krisen

Seit sie mit ihrer Kommunität nach Wiesendorf gezogen ist, ist sie nur noch in Teilzeit als Gemeindereferentin tätig. Dafür ist sie öfter als Rednerin unterwegs – nicht nur im kirchlichen Rahmen. Sie wird für Managerseminare, Handwerkertage, Zahnmedizinerkongresse gebucht, für die Weihnachtsfeier beim Obi-Baumarkt oder für ein Referat bei der Raiffeisenbank. Auch im Deutschen Rednerlexikon ist sie aufgeführt. Dieses Jahr hat sie bis zum Sommer schon einhundert Vorträge hinter sich. Einer der am meisten nachgefragten ist „Vom befreienden Umgang mit Fehlern“. Nie sei dabei die Initiative von ihr ausgegangen. Ihre christliche Überzeugung verschweigt sie auch vor „weltlichem“ Publikum nicht. Allein ihre Schwesterntracht – blaue Haube, weiße Bluse, blaues Kleid und darüber ein blauer Pullunder – zeigt den Zuhörern an, mit wem sie es zu tun haben. „Gestatten Sie, dass ich Ihnen sage, wie Gott mit Fehlern umgeht“, sagt sie dann etwa. Und dann spricht sie von Gottes Liebe, Vergebung, bedingungsloser Annahme, davon, dass es mehr geben muss, als nur Leistung zu bringen – humorvoll, den Menschen zugewandt und verankert in ihren eigenen Lebenserfahrungen. „Das haut sie um“, sagt Schwester Teresa. Sie erzählt, dass schon Zuhörer nach Vorträgen Schlange standen, um ihr zu sagen, was ihnen diese Worte bedeuteten. Die Ecke des Wohnzimmers, die sich Schwester Teresa als Büro hergerichtet hat, ist an den Wänden vollgestellt mit Regalen, in denen sich Bücher aneinanderpressen. Der Theologe und Journalist Peter Hahne hat dort als Autor ebenso seinen Platz wie der Mutmacher Nick Vujicic, der ohne Gliedmaßen geboren wurde. Auch „Das Schatzbuch des Lachens“ steht im Regal. Von einem A4-Zettel strahlt ein großer gelber Smiley. Auf den ersten Blick wirkt es so, als wäre Schwester Teresa immer gut drauf. Der nach oben gereckte Daumen ist auf Fotos eine ihrer Lieblingsposen. „Läuft bei mir“, scheint er zu sagen. „Gut drauf, weil Gott mich liebt“, würde es Schwester Teresa formulieren.Bei ihren Gesprächen nach Vorträgen stellt sie fest, dass Kränkungen und Verletzungen ganz oben auf der Sorgenliste vieler Menschen stehen. Deshalb beschließt sie, einen Vortrag zu diesem Thema auszuarbeiten. Ein Jahr müht sie sich damit. „Erst als ich selbst verletzt und gekränkt wurde, wurde der Vortrag authentisch.“ Dieses konkrete Erlebnis, das sie nicht genauer schildern möchte, stürzt sie beinahe in eine Depression. Auch die Auseinandersetzungen, die es mitunter in der Gemeindearbeit gibt, und Spannungen, die sie im Kloster erfahren hat, lächelt sie nicht einfach weg. Im Glauben hat sie als junge Frau eine Krise und Zweifel durchlebt. „Die Leute nehmen mir ab, was ich sage“, erklärt sich Schwester Teresa daher die Resonanz auf ihre Rednertätigkeit.

Nicht ohne Leidenschaft

Als Seelsorgerin ist Schwester Teresa im Grunde immer im Einsatz. Sie verkürzt auch mal ihren Sommerurlaub, um für einen ausgefallenen Referenten einzuspringen. Wenn sie doch mal Zeit für sich hat, malt sie gern oder geht ins Kino – „Star Wars“ hat sie zuletzt gesehen. Die Fußball-EM hat sie mit Jubel und Flehen verfolgt. In der Bundesliga ist sie für Bayern München. Als junge Frau hat sie davon geträumt, fünf Kinder zu bekommen – eine Basketballmannschaft. „Ich wusste: Wenn ich einen Partner finden sollte, dann würde ich ihn zu Tode lieben. Was ich tue, tue ich mit Leidenschaft“, sagt sie. Diese Leidenschaft gehört seit über 30 Jahren Jesus. Sie ist daher froh, dass sie sich für ein Leben ohne Partner entschieden hat. Aus ihren Begegnungen kennt sie die Spannung zwischen Familie und Gemeinde, in der etwa evangelische Pfarrer leben. „Das stelle ich mir sehr schwer vor. Ich habe für die Menschen Zeit, die andere so nicht haben“, sagt sie. Als sie sich in den Brennpunktvierteln um Kinder kümmerte, sei sie wie eine Mutter für sie gewesen – und ist bis heute wie eine Schwester für viele andere. (pro)

Dieses Interview stammt aus der neuen Ausgabe 4/2016 des Christlichen Medienmagazins pro. Bestellen Sie pro kostenlos unter der Telefonnummer 06441/915151, via E-Mail an info@pro-medienmagazin.de oder online.

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