Homophobie-Vorwurf: Wirbel um Westfalenblatt

Eine Kolumnistin hat am Sonntag im Westfalenblatt dazu geraten, Kinder nicht an der Hochzeit zweier Homosexueller teilnehmen zu lassen. Es folgte ein Shitstorm gegen die Psychologin. Das Westfalenblatt gab heute die Entlassung der Frau bekannt.
Von PRO
Im Westfalenblatt riet eine Kolumnistin, Kinder nicht an einer Hochzeit Homosexueller teilnehmen zu lassen. Das hatte Folgen
Bernhard, 43 Jahre alt, wandte sich mit der Frage an die Kolumnistin Barnara Eggert, wie er mit der Hochzeit seines Bruders und dessen Lebensgefährten umgehen soll. Bernhards Töchter, sechs und acht Jahre alt, seien als Blumenmädchen eingeladen. Obwohl er seinen Bruder und dessen Partner sehr schätze, halte er eine Ehe für unangemessen. Seinen Kindern habe er zudem beigebracht, die Ehe sei „eine ernste Entscheidung zwischen Mann und Frau“ und er wolle nicht, dass sie sich in ihrem Alter mit dem Thema „sexuelle Orientierung“ befassten. Die Psychologin Eggert beschäftigt sich in ihrer Kolumne „Guter Rat am Sonntag“, die in der Zeitung „OWL am Sonntag“ erscheint und zum Westfalenblatt gehört, regelmäßig mit Leserfragen. Sie antwortete dem Mann in einer Weise, die viele als Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften empfanden. Es müsse nicht sein, dass sechs- und achtjährige Kinder zu solch einer Hochzeitsfeier eingeladen würden. Sie schrieb: „Ich gebe Ihnen Recht, Ihre Töchter würden durcheinandergebracht und können die Situation Erwachsener nicht richtig einschätzen. Sagen Sie Ihrem Bruder, dass Ihre Kinder an der Feier nicht teilnehmen, weil Sie nicht möchten, dass die Kinder verwirrt werden.“

„Journalistische Fehlleistung“

Die Antwort der Kolumnistin zog einen Shitstorm in Netz nach sich. „Westfalenblatt druckt homophoben Ratgeber“ titelte Stern.de. „Das @westfalenblatt empfiehlt, Kinder von Schwulen fernzuhalten. Ich empfehle, sich vom Westfalenblatt fernzuhalten“, twittert eine Leserin und postet ein Foto des Artikels. „Mein guter Rat an das #westfalenblatt: Sucht euch eine neue Autorin“, schreibt ein anderer. „Und wer schützt mein Kind vor solchen Menschen, die glauben, Homosexualität sei unnormal und hätte was mit Verwirrung zutun?“, ist ebenfalls als Reaktion auf Twitter zu lesen. Auch bei Facebook empörten sich die Nutzer. „Das Westfalenblatt sucht Autoren. Voraussetzungen: Minderheiten doof finden, die Welt nicht mehr verstehen und sich für keinen Schwachsinn zu schade sein“, heißt es dort unter anderem. Die Zeitung selbst entschuldigte sich am Dienstag in einer Stellungnahme für den Inhalt der Kolumne. Man habe Verständnis dafür, dass beim Lesen des Textes der Verdacht der Homophobie entstehen könne. Es handele sich um eine „journalistische Fehlleistung“ und es fehle die Erklärung, warum die Kinder „verwirrt“ werden könnten. Nämlich deshalb, weil den Kindern „bisher jegliche Aufklärung über Homosexualität fehlt“. Die Psychologin erklärte ebenfalls in der Stellungnahme, es gehe „hier nicht um meine Weltanschauung oder einen gesellschaftlichen Konflikt, sondern um ein ganz privates, nicht repräsentatives Problem eines verunsicherten Vaters“. Sie betonte, Andersdenkende seien ernstzunehmen, alles andere sei intolerant. Das Westfalenblatt fügte hinzu, es handele sich bei der Antwort von Eggert „um eine konkrete Lebenssituation und nicht um eine generelle Handlungsempfehlung“. Zudem habe es zwei Versionen der Kolumne gegeben, nur die Kurzfassung sei abgedruckt worden. Das Brautpaar selbst antwortete darauf via Facebook mit einem Foto der Hochzeitsgäste und dem Satz: „Und hier die Stellungnahme unserer Hochzeitsgäste, inklusive unverwirrter Kinder und Hund, zu Ihrem homophoben Artikel und der ebenso lächerlichen wie dummen Stellungnahme der Redaktion!“ Auch andere Nutzer nahmen die Stellungnahme nicht ernst. „Das meint ihr nicht ernst? Das ist eure Stellungnahme? Lächerlich …“, lautet ein Kommentar bei Facebook. Ein anderer schrieb: „Dass ihr diese Frau auch noch verteidigt zeigt den Kleingeist in eurer Redaktion… Peinlich!“ Am Mittwoch reagierte das Westfalenblatt erneut und gab die Entlassung der freien Autorin bekannt. Der Artikel hätte so nie erscheinen dürfen und sei mit der Redaktion nicht abgestimmt gewesen. Man distanziere sich von dem Inhalt. „Frau Eggert wird fortan nicht mehr für uns schreiben, wir werden ihre Kolumne beenden“, lautet die endgültige Entscheidung des Unternehmens. (pro)
https://www.pro-medienmagazin.de/gesellschaft/detailansicht/aktuell/schwule-ampelmaennchen-fuer-wien-92024/
https://www.pro-medienmagazin.de/fernsehen/detailansicht/aktuell/nichts-neues-von-den-schwulenheilern-91639/
https://www.pro-medienmagazin.de/journalismus/detailansicht/aktuell/bild-autor-nennt-islam-integrationshindernis-88808/
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