Deutschlands Muslime religiöser als Gesamtbevölkerung

Deutschlands Muslime sind deutlich religiöser als die Gesamtbevölkerung. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung der Bertelsmann Stiftung, die als Studie "Religionsmonitor 2008 - Muslimische Religiosität in Deutschland" am Freitag in Berlin vorgestellt wurde. Für die Untersuchung hatte eine Forschungsgruppe unter Leitung des Religionswissenschaftlers Martin Rieger 2.000 Muslime ab 18 Jahren repräsentativ befragt.
Von PRO

Der Untersuchung zufolge sind 90 Prozent der in Deutschland lebenden Muslime religiös, und  davon 41 Prozent sogar hochreligiös. 5 Prozent sind nichtreligiös. Besonders ausgeprägt ist die Religiosität Rieger zufolge unter den in Deutschland lebenden Sunniten, von denen 47 Prozent hoch religiös seien. Die im vergangenen Winter als „Bertelsmann Religionsmonitor“ vorgestellte Untersuchung der Gesamtbevölkerung hatte demgegenüber ergeben, dass 70 Prozent der Deutschen religiös, und 18 Prozent davon hochreligiös seien.

60 Prozent der Muslime beten täglich

Zu den Kriterien für die Einstufung der Befragten als „nicht religiös“, „weniger religiös“, „religiös“ oder „hoch religiös“ gehörten etwa die öffentliche und die private Praxis der Religionsausübung, Aussagen über den persönlichen Glauben und die Konsequenzen daraus für den persönlichen Alltag. So verwiesen die Studienmacher etwa darauf, dass mehr als 60 Prozent der befragten Muslime täglich beten, und 28 Prozent dem vom Koran vorgeschriebenen fünfmaligen Pflichtgebet eigenen Angaben zufolge in vollem Umfang nachkommen. Hingegen hatten bei der Studie des vergangenen Jahres nur 36 Prozent der Katholiken und 21 Prozent der Protestanten angegeben, täglich zu beten.

Auffallend ist auch eine stärkere Religiosität unter jüngeren Muslimen: So weist die neue Studie darauf hin, dass etwa 78 Prozent der Muslime zwischen 18 und 29 Jahren an die Existenz eines Teufels glauben, sowie 38 Prozent an die Existenz von Dämonen. Hingegen glauben nur 68 Prozent aller insgesamt befragten Muslime an einen Teufel und 36 Prozent an Dämonen. Bei den im vergangenen Jahr befragten Christen war die Ausprägung der Religiosität dagegen bei älteren Menschen stärker als bei Jüngeren. „Es stimmt, dass es unter jüngeren Menschen zu einer Reislamisierung kommt“, sagte die ehemalige Berliner Ausländerbeauftragte, Barbara John. „Das ist aber vor allem eine Form der Integration und des gewachsenen Selbstbewusstseins, sich in einer Gesellschaft, die die Religionsfreiheit garantiert, zum eigenen Glauben zu bekennen.“ 

Offenheit gegenüber anderen Religionen

Vor Journalisten wies Rieger, Leiter des Programms Geistige Orientierung der Bertelsmann-Stiftung, darauf hin, dass ein Großteil der befragten Muslime toleranter sei, als es in der Öffentlichkeit bislang angenommen wurde. So bejahten 67 Prozent der befragten Muslime, dass jede Religion einen wahren Kern habe, und 86 Prozent erklärten, man solle offen gegenüber allen Religionen sein. Nur 24 Prozent der Muslime glaubten, ihre eigene Religion habe in religiösen Fragen „vor allem Recht“, und nur 31 Prozent waren der Ansicht, dass „vor allem Muslime“ zum Heil gelangten. 

„Je religiöser die Menschen sind, desto toleranter sind sie auch gegenüber anderen Religionen“, folgerte Rieger. „Und die Muslime sind zu ganz, ganz großen Teilen tolerant – wenn ein kleiner Teil der Muslime aus ihrem Glauben zu anderen Konsequenzen kommt, ist das keineswegs repräsentativ für die Mehrheit der Muslime in unserem Land.“ Allerdings wurden etwa Konvertiten, die vom Christentum zum Islam übertraten, von der Studie nicht erfasst, räumte Rieger ein. Für die politische Einstellung der befragten Muslime spiele der Glaube nur bei 16 Prozent der Befragten einen „bedeutenden Einfluss“. Eine eigene islamische Partei wurde von 65 Prozent der Befragten abgelehnt.

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