Diskussion um Gesinnungsfragen bei Einbürgerung

Mitte Juli ist der Kabinettbeschluss für ein einheitliches Einbürgerungsverfahren in Deutschland ab dem 1. September geplant. Baden-Württemberg bildet eine Ausnahme und erweitert das Verfahren um Gesinnungsfragen, die sie bereits 2006 einführten. Dadurch steht das Verfahren erneut zur Debatte.
Von PRO

Im Einbürgerungsverfahren von Baden-Württemberg wird nicht nur das Wissen der Bewerber überprüft, sondern auch die Einstellung der Einbürgerungswilligen zum deutschen Staat und deren Verfassung mit Gesinnungsfragen, meldet „Spiegel Online“. So will die baden-württembergische Einwanderungsbehörde wissen, wie der Antragsteller darauf reagiert, „wenn seine Schwester oder Tochter nach Hause kommt und erzählt, sie sei sexuell belästigt worden“. Oder wie er auf den Tod seiner Töchter oder Ehefrau von männlichen Familienangehörigen wegen „unsittlichen Lebenswandels“ reagiert.

Eben solche Fragen sorgten 2006 für große Aufregung – auch nachdem die Frage, wie der Antragsteller denn dazu stehe, wenn ihm der eigene Sohn seine Homosexualität offenlege, gestrichen wurde. Das Innenministerium von Baden-Württemberg sehe die Einbürgerung als eine Belohnung derjenigen an, die sich erfolgreich integriert haben. Sprecher Günter Loos: „Die Einbürgerung ist der Abschluss der Integration. Deshalb ist es nur folgerichtig, wenn Stuttgart auch nach der Einführung des bundeseinheitlichen Einbürgerungstests zusätzlich am ‚Gesprächsleitfaden für Einwanderungsbehörden‘ festhält.“

Jeder fünfte Bewerber wird abgelehnt

Laut Loos habe sich das Verfahren bewährt und sei eine gute Ergänzung zum bundesweiten Test. „Außerdem kommt der Leitfaden als ’sinnvolle Handreichung für den Sachbearbeiter‘ nur dann zur Anwendung, wenn es Zweifel an der Verfassungstreue des Bewerbers gibt. Ob Anlass dazu vorhanden ist, entscheidet der jeweilige Sachbearbeiter nach eigenem Ermessen“, so Loos. Das sei bei immerhin jedem fünften Bewerber der Fall, schreibt „Spiegel Online“.

Das bundesweit einheitliche Einbürgerungsverfahren ist für den 1. September dieses Jahres geplant. Noch bevor das Kabinett die dazu notwendige Verordnung überhaupt beschlossen hat, ist das einheitliche Verfahren nun erneut in Frage gestellt worden. Die Antragsteller werden in Politik und Geschichte geprüft. Zur Auswahl stehen 310 mögliche Fragen, von denen sie 33 gestellt bekommen. Über die Hälfte müssen die Einbürgerungswilligen richtig beantworten, um die Prüfung zu bestehen. Von der Prüfung ausgenommen sind alle Antragsteller, die an einer Schule in Deutschland mindestens einen Hauptschulabschluss geschafft haben. Die Fragen werden von Seiten des Bundesinnenministerium nach wie vor geheim gehalten.

2006 stellten rund 125.000 der sieben Millionen Ausländer in Deutschland einen Antrag auf die deutsche Staatsbürgerschaft. Erstmals seit 2001 stieg damit die Zahl der Einbürgerungen wieder an. (PRO)

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