Junge Christen: Zwischen „Megaparty Glaubensfest“ und Verspottung

B e r l i n (PRO) - Vor dem Hintergrund des katholischen Weltjugendtages im August 2005 in Köln haben mehrere Soziologen von verschiedenen Universitäten die Religiosität von Jugendlichen in Deutschland analysiert. Ihr Ergebnis: Von einer "Renaissance der Religiösität" könne man nicht sprechen, im Gegenteil: Glaube macht einsam.
Von PRO

„Megaparty Glaubensfest. Weltjugendtag: Erlebnis – Medien – Organisation“ lautet der Titel eines Bandes, der heute im Verlag für Sozialwissenschaften (Wiesbanden) erschienen ist. Neun Soziologen und Medienwissenschaftler gehen darin in Beiträgen und Interviews der Frage nach, welche Auswirkungen das „Erlebnis Weltjugendtag“ auf den Alltag der jugendlichen Teilnehmer hatte. Zudem wurde untersucht, ob sich der Enthusiasmus auf dem Großereignis des Glaubens auch in der Religiosität der Jugendlichen findet.

Verspottet: Jugendliche Christen im Alltag

Dabei kommen die Wissenschaftler zu ernüchternden Ergebnissen, berichtet etwa die Tageszeitung „Die Welt“ in ihrer aktuellen Ausgabe. „Christliche Jugendliche leben am Rand der Gesellschaft. Die Wissenschaftler entnehmen den in Köln geführten Interviews, dass Jugendliche als ‚Gläubige‘ im Alltag massiven Marginalisierungs- und Diskriminierungserfahrungen ausgesetzt sind.“ Sie würden verspottet und nicht für voll genommen, berichten die Jugendlichen in den Gesprächen mit den Soziologen. Ein Jugendlicher erzählte von der „Angst, ausgelacht zu werden“, andere fühlten sich ausgegrenzt, weil ihr Glaube als „uncool“ gelte.

Grundsätzlich sei zudem festzustellen, sagt der Soziologe Winfried Gebhardt vom Institut für Soziologie der Universität Koblenz-Landau im Interview mit der „Welt“, dass sich christliche Jugendliche mehr für das kirchliche Event als für die Botschaft der Kirche interessierten.

„Die Unkenntnis über Inhalte und Formen des katholischen Glaubens war enorm. Aber gerade deshalb fanden die Jugendlichen das Kölner Angebot mit Kreuzwegen, Andachten und Pilgerwegen ganz toll – als eine neue, geheimnisvolle Erfahrung. Katholizismus erlebten sie als Sammelsurium aus vorgegebenen und selbst entwickelten Formen – alles unter dem Dach der Kirche“, so Gebhardt.

Bedürfnis nach mediengerechten Inszenierungen

Die Autoren warnen davor, dass die Kirche unter den Druck gerate, sich dem Zeitgeistbedürfnis nach mediengerechten Inszenierungen so sehr anzupassen, dass die „Lehre bloß eine Option auf dem globalisierten ‚Markt der Sinnstiftungen'“ werde, schreibt die „Welt“. Dies sei gerade dann eine Gefahr, wenn Jugendlichen nur durch spektakuläre Veranstaltungen Gemeinschaftsgefühle vermittelt werden könnten.

Doch schon jetzt, so die Wissenschaftler, interessierten sich immer weniger Jugendliche für die Inhalte des Glaubens oder Positionen der Kirche. Ein Beispiel sei etwa die ablehnende Haltung der katholischen Kirchen gegenüber den Protestanten. Jugendliche seien „wie fast alle heutzutage Anhänger eines trivialisierten Laien-Ökumenismus. Konfessionelle Unterschiede spielen im Denken der meisten Kirchenmitglieder, ob Jung oder Alt, keine entscheidende Rolle mehr“, so der Soziologe Gebhardt. „Man lässt sich nicht mehr sagen, was das evangelische oder katholische Profil zu sein hat.

Weitere Informationen: www.vs-verlag.de

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