„Tod ist kein Punkt, sondern ein Doppelpunkt“ – Prominente über das Sterben

H a m b u r g (PRO) - "Wie wollen Sie sterben?", fragte die Hamburger Wochenzeitung "Die Zeit" bekannte Persönlichkeiten in ihrer neuen Ausgabe. Anlass ist die derzeitige Debatte um eine Reform der Gesetze zu Patientenverfügungen, die viele für notwendig halten.
Von PRO

Etwa neun Millionen Menschen in Deutschland haben eine Erklärung unterschrieben, in der sie klarstellen, wie ihre medizinische Behandlung aussehen soll, wenn sie selbst nicht mehr ansprechbar sind und eventuell sterbenskrank sind. Dabei kann es auch um die Frage gehen, wann lebenserhaltende Maßnahmen eingeleitet, begrenzt oder abgebrochen werden sollen. Am Donnerstag debattiert der Bundestag in einer dreistündigen Orientierungsaussprache über die Neuregelung von Patientenverfügungen.

Vogel: „Das Leben liegt in der Hand Gottes“

Unter den Prominenten, die von der „Zeit“ gefragt wurden, sind unter anderem die Vizepräsidentin des Bundestages, Katrin Göring-Eckardt, und der Arzt der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt. Den ehemaligen Justizminister und ehemaligen SPD-Vorsitzenden Hans-Jochen Vogel fragte die „Zeit“: „Was sind die Kriterien für ein gelungenes oder zufriedenes Leben?“ Vogel: „Man sollte beim Blick in den Spiegel sagen können: Insgesamt hast du es, gemessen an den ethisch-moralischen Regeln, oder einfacher, an den Zehn Geboten, im Ganzen erträglich bewältigen können. Das zweite Kriterium ist für mich: Was hast du für deine Mitmenschen tun können?“ Auf die Frage, ob er sich vorstellen könne, dass sein Glaube am Ende seines Lebens auf die Probe gestellt werden könnte, antwortet der 81-Jährige: „Hier ist wichtig, ob man an ein Weiterleben nach dem Tode glaubt. Das tue ich.“

Zudem glaube er an ein Gericht, bei dem man „vom Herrgott zu einem ernsten Gespräch über sein Leben“ gebeten wird. Er selbst würde Gott gerne fragen, warum er viel Leid zugelassen hat, so Vogel. Dabei tröste er sich mit dem Paulus-Wort: „Der Friede Gottes, der höher ist als alle menschliche Vernunft.“ Dann zitiert der ehemalige Politiker, der nun in einem Seniorenheim lebt, ein Gedicht Paul Gerhardts: „Bist du nicht Regente, der alles führen soll; Gott sitzt im Regimente und führet alles wohl“. Daher sei er auch gegen Sterbehilfe: „Das geht mir zu weit, da schlägt meine Überzeugung durch, dass das Leben in der Hand Gottes liegt.“ Vogel, der von 2001 bis 2005 Mitglied im Ethikrat der Bundesregierung war, hat vor vier Jahren für sich eine Patientenverfügung verfasst. „Der Tod ist ein selbstverständlicher, elementarer Bestandteil des Lebens. Warum sollte man sich da abwenden und die Augen schließen?“

Käßmann: „Wenn der Arzt sagt: Exitus, sagt mein Glaube: Introitus!“

Die Landesbischöfin in Hannover, Margot Käßmann, wünscht sich für ihre letzten Stunden, „in Ruhe zu sterben, in einem Hospiz oder zu Hause“: „Wenn ein lieber Mensch bei mir wäre, der meine Hand hält, mit mir ein Vaterunser betet und mir noch einmal ‚Befiel du deine Wege‘ vorsingt, könnte ich in Frieden gehen. Und wenn der Arzt sagt: Exitus, sagt mir mein Glaube: Introitus! Der Tod ist für mich, um es mit Heinz Zahrnt zu sagen, kein Punkt, sondern ein Doppelpunkt, das Leben eine Einbahnstraße auf Gott hin, bei der der Tod keine Sackgasse darstellt.“

Der ehemalige Bundeskanzler und Herausgeber der „Zeit“, Helmut Schmidt, hat vor langer Zeit bereits eine Patientenverfügung getroffen. Darin sei die Bevollmächtigung für seine Frau und seine Tochter enthalten, falls er „am Tag X nicht mehr zurechnungsfähig“ sein sollte. Sie könnten demnach „sämtliche Entscheidungen treffen, eben auch jene, die sich auf ärztliche Maßnahmen erstrecken“. „Vor fünfzig Jahren“, fügt Schmidt hinzu, hätte es keinen Streit darüber gegeben, ob Ärzte an Patientenverfügung gebunden sind oder nicht. „Es ist ein Ausfluss der modernen Gesellschaft, die alles und jedes möglichst in juristischer Sprache regeln will.“

Für Ursula von der Leyen, Bundesfamilienministerin, ist es besonders wichtig, dass sie beim Sterben von Menschen umgeben ist, die ihr vertraut sind. Sie hoffe, „dass ich nicht allein bin, sondern dass mein Mann oder meine Kinder am Ende meines Weges Entscheidungen in meinem Sinne treffen können, die zu artikulieren mir dann die Kraft fehlt.“

Die gesamten Beiträge lesen Sie in der aktuellen Ausgabe der „Zeit“ Nr. 14.

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