„Hollywood oder Holywood“ – Geht’s um Geld oder Glauben?

H a m b u r g (PRO) - Wenn Christen Filme herausbringen und sogar Geld damit machen, ist das für eine "Spiegel-Autorin" Grund zur Skepsis. Über den gewachsenen Einfluss von Christen auf Hollywood und zukünftige Projekte der eigentlich sündigen Filmstadt berichtet der "Kultur Spiegel" in seiner Dezember-Ausgabe.
Von PRO

In „The Nativity Story“, der in Deutschland am 7. Dezember unter dem sperrigen Titel „Es begab sich aber zu der Zeit…“ anläuft, wird eindrucksvoll und lebensnah die Geburtsgeschichte Jesu erzählt. Sehr getreu nach der biblischen Vorlage und mit viel Unterstützung von Experten. „Spiegel“-Autorin Susanne Weingarten“ versieht den Film in ihrem Artikel „Operation Christentum – Hollywood oder Holywood? Die Filmindustrie entdeckt das kommerzielle Potential des Glaubens“ mit dem Kommentar: „Man könnte es den ersten Horrorfilm des Christentums nennen.“

Ob Christen es ihrer Meinung nach nicht erlaubt werden sollte, mit Filmen ebenso Geld zu verdienen wie ihre anders- oder nichtgläubigen Kollegen, bleibt ebenso im Dunkeln wie die Frage, warum sie die Weihnachtsgeschichte in „The Nativity Story“ mit einem Horror-Film vergleicht. Auf jeden Fall stellt die Journalistin fest: „Wie die Jungfrau zum Kind ist Hollywood in der letzten Zeit zur Religion gekommen. Der völlig unerwartete Welterfolg von Mel Gibsons blutig-verquältem Kreuzigungsdrama, ‚Die Passion Christi‘, das vor zwei Jahren rund um den Globus trotz aramäischer Dialoge und Folterszenen wie aus Abu Ghureib mehr als 600 Millionen Dollar einspielte, hat die durch und durch weltliche Filmstadt darauf gestoßen, dass es jenseits der Tore ihres Babylons eine Welt voller gläubiger, das Gebet und den Kirchgang pflegender Christen gibt: Rund ein Viertel aller US-Amerikaner gehört den evangelikal-protestantischen Konfessionen an.“

Die Jagd nach den „Passion“-Dollars

Weingarten schreibt weiter: „Diese Christen gehen, Halleluja, genauso gern ins Kino wie ihre heidnischen Nachbarn, und zwar vor allem dann, wenn ein Film ihre Werte und Glaubensvorstellungen trifft.“ Hollywood-Produzenten hätten das große Geld gewittert und hechelten nun den „Passion“-Dollars hinterher. Mel Gibson habe mit seiner „Passion“ den „Wettbewerbsvorteil christlicher Filme clever genutzt“, so der „Kultur Spiegel“. „Clever“ sei es beispielsweise gewesen, „Die Passion Christi“ „vor wohlwollenden Erzbischöfen und in ausgewählten Gotteshäusern“ voraufzuführen und „eine Website mit Tipps und Unterlagen speziell für Pastoren (www.thepassionoutreach.com) einrichten“ zu lassen, „um seinem Film Vorab-Propaganda in glaubensstarken Kreisen zu verschaffen“. Dass der Film insbesondere deshalb so bekannt wurde und die Schlagzeilen füllte, weil die jüdische „Anti-Defamation League“ ihn als zutiefst antisemtisch bezeichnete, bleibt unerwähnt.

Überhaupt scheinen erst die Christen auf die Idee gekommen zu sein, ihre produzierten Filme besonders der dazu passenden Zielgruppe schmackhaft zu machen: „Eine nahezu identische PR-Strategie erwies sich ein Jahr danach als erfolgreich für die Verfilmung des ersten ‚Chroniken von Narnia‘-Romans“, so die „Spiegel“-Autorin, „der christlichen Zuschauern als Allegorie auf Leben, Sterben und Auferstehung Christi verkauft wurde – weltlichen Zuschauern hingegen als spannender Fantasyklassiker für die ganze Familie.“

„Immer stärker“ unterwerfe sich die US-Filmindustrie „einer Selbstzensur, um das christliche Zuschauersegment zu ködern“. Hollywood-Produzenten schickten ihre Drehbücher „fast schon routinemäßig“ an christliche Lobbygruppen wie die „Dove Foundation“, „die dann die Erfolgschancen eines Filmes bei ihrer Klientel bewerten, Änderungen vorschlagen und Kritik üben dürfen“. Im Zeichentrickfilm „Everyone’s Hero“ etwa seien auf Rat der „Dove Foundation“ alle „Oh my God!“-Ausrufe durch „Oh my Gosh!“ ersetzt worden. Der Produzent Philip Anschutz, der auch die „Narnia“-Verfilmung mit finanzierte, bezuschusste auch den Film „Ray“ über den blinden Jazz-Sänger Ray Charles. Allerdings hatten christliche Testseher beanstandet, dass in dem Film sehr oft „Gott“ als Fluch eingesetzt wurde. Anschutz wollte, dass diese Worte gestrichen werden, doch der Regisseur setzte sich durch und beließ es bei der ursprünglichen Fassung.

Trotzdem steht für Weingarten fest: die Filmindustrie will das „Klingelbeutelpotential“ abschöpfen. Und darum versuche sich „Hollywood als Holywood“.

„Fox“ macht auf „Faith“

Vielleicht sollten christliche Produzenten ihre Filme kostenlos in die Kinos bringen? Doch da aus den Christen so viel Geld herauszuholen ist, hat Ende September das Hollywood-Studio „20th Century Fox“, das Rupert Murdoch gehört, eine eigene Abteilung namens „Fox Faith“ („Fox Glauben“) gegründet. Es kauft und vertreibt ausschließlich Filme für eine christliche Zielgruppe. Rund ein Dutzend pro Jahr. „Fox Faith“ wolle „normale Unterhaltungsfilme“ herausbringen, „die zufällig christliche Werte anzapfen“. Der Name solle als eine Art Gütestempel fungieren, der garantiert, dass sich gläubige Zuschauer diese Filme ohne Bedenken anschauen können, erklärte Fox-Manager Simon Swart. Der erste Film, der unter diesem Label anlaufen soll, heißt „Love’s Abiding Joy“ und ist die Verfilmung eines populären christlichen Westerns. Fox kann mittlerweile auf ein Marketing-Netzwerk von 90.000 Kirchengemeinden zurückgreifen, berichtet „Kultur Spiegel“. Eine Datenbank mit 14 Millionen christlichen Haushalten gehört dazu, wertvolle Ansprechpartner und potentielle Werbeträger. Werbung machen andere Filmhäuser auch. Das Besondere an den Christen jedoch: sie sind eine große Lobby.

Rick Warren-Zitate auf Starbucks-Bechern

Christliches dränge zudem in den USA immer mehr in die Alltagskultur ein, stellt Weingarten fest. „Selbst die urbane, hippe und sehr weltliche Kaffeehaus-Kette Starbucks hat schon einen Kalenderspruch des evangelikalen Bestseller-Autors Rick Warren auf ihre Pappbecher gedruckt“, wundert sie sich. Denn „weltlich“ muss ein Unternehmen schon sein, um Kaffee zu verkaufen, und „hipp“ mit „Christ“ geht schon gar nicht zusammen. Und natürlich darf in einem „Spiegel“-Artikel beim Zusammenhang „Christen in den USA“ nicht der Hinweis auf die Frömmigkeit von George W. Bush fehlen. Obwohl der nicht als Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika auf die Straße geht und die Menschen zu seinem Glauben zwingt oder die Flaggen islamischer Staaten verbrennt, weil diese seinem Glauben nicht anhängen wollen, betont Weingarten, seine Frömmigkeit sei „fast schon aggressiv“.

A. Larry Ross, Chef der wichtigsten christlichen PR-Firma in den USA, sagte laut „Kultur Spiegel“: Die Kirchen seien „potentiell das größte Vertriebssystem im ganzen Land, wahrscheinlich sogar in der Welt.“ Christliche Filmexperten rezensieren Kinofilme auf Internetseiten wie www.hollywoodjesus.com, www.dove.org, www.decentfilms.com, www.christianitytodaymovies.com und www.pluggedinonline.com. Dabei bewerten sie die Filme sowohl nach ästhetischen als auch nach biblischen Kriterien.

Der amerikanische Theologe Robert Johnson sagte dazu: „Die evangelikale Gemeinschaft hat begriffen, dass Filme eine grundlegende Form – vielleicht die grundlegendste Form – sind, in der wir die Geschichten unserer Gesellschaft erzählen.“

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