2003 hatte die katholische Deutsche Bischofskonferenz (DBK) noch in einer „Arbeitshilfe Christen und Muslime“ erklärt: „Christentum und Islam stellen zwei verschiedene Zugänge zu demselben Gott dar“. Im Gegensatz zu Papst Johannes Paul II., der in einer Nahost-Friedensbotschaft bestätigte, dass Christen und Muslime den selben Gott anbeteten, ist Papst Benedikt XVI. nun der Meinung, dass ein solcher Pluralismus mit dem Glauben breche, „dass allein von Christus das Heil kommt“. Auch der amerikanische Präsident George W. Bush bekundete 2004 die Gemeinsamkeiten der Religionen. Auf die Frage, ob Christen, Muslime und Juden den selben Gott anbeteten, antworte er: „Ich glaube, wir verehren den selben Gott.“
Verstärkte islamische Präsenz im Westen
Nun aber nimmt Facius eine veränderte Einstellung wahr: „Mit der verstärkten islamischen Präsenz im Westen und der Wucht der Reaktion auf die dänischen Mohammed-Karikaturen treten die in geduldiger Arbeit herausdestillierten Gemeinsamkeiten in den Hintergrund“. Dem multireligiösen Dialog begegneten die beiden Großkirchen mit Misstrauen, denn er fördere die Vermischung der Religionen und rufe eine religiöse Gleichgültigkeit hervor.
Im christlich-islamischen Dialog übernahm der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber eine führende Rolle, handelte aber in Absprache mit dem Vorsitzenden der deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Lehmann. Im vergangenen Jahr bezog er eine klare Position zum gemeinsamen Gebet mit Muslimen: „Für den christlichen Glauben ist das Bekenntnis zum dreieinigen Gott zentral. Es gibt für uns kein Gottesbekenntnis an diesem trinitarischen Bekenntnis vorbei. Deshalb können wir uns ein gemeinsames Gebet mit Muslimen nicht vorstellen.“ Dabei fügt er noch eine an die Kirche gerichtete Warnung hinzu: „Wer meint, um des Dialogs willen hier Relativierungen des eigenen Gottesbildes vornehmen zu müssen, dem sage ich klar: So geht das nicht!“
Der Koran, so der Korrespondent der „Welt“, lehne einen dreieinigen Gott ab. Im Islam gelte dessen Verehrung als Götzendienst und unvergebbare Sünde. Die theologische Differenz erweise sich damit als „entscheidende Klippe, an der ein gemeinsames Gebet scheitern muss“.
„Welt“-Redakteur Facius kommt zu dem Schluss, dass „Allah eben doch nicht Gott ist“: „Ein gemeinsam vorgetragenes Gebet würde eine Übereinstimmung vortäuschen, wo es keine gibt. Und ist nicht gerade das Gebet etwas so Zentrales im jeweiligen Glauben, dass es für die Demonstration von Einigkeit höchst ungeeignet ist?“
Gernot Facius schreibt seit über 30 Jahren für die „Welt“, hauptsächlich für die Bereiche Religion und Gesellschaft. Er gilt als guter Kenner der Strömungen in beiden Großkirchen und des Islams in Deutschland. Für seine Arbeit bekam er im Jahr 2000 den Medienpreis „Goldener Kompass“, der vom christlichen Medienverbund KEP verliehen wird. Diese Auszeichnung wird seit 1990 für gute Berichterstattung und glaubhaft dargestelltes Christsein in den Medien vergeben.