Gerichtsurteil: „Erwachsen auf Probe“ darf laufen

Politiker, Verbände und Medien hatten ein Ausstrahlungsverbot der RTL-Serie "Erwachsen auf Probe" gefordert. Das Kölner Verwaltungsgericht entschied nun: Dass Teenager vor laufender Kamera das Elternsein am lebenden Objekt üben, ist legal und darf gezeigt werden.
Von PRO

Die Proteste kamen aus allen Ecken. Das deutsche Familiennetzwerk, bestehend aus 100 Organisationen aus der ganzen Republik, hatte vor Gericht geklagt. Der Deutsche Kinderschutzbund hatte sich „entsetzt“ gezeigt. Als „eine geradezu schamlose Fortschreibung von ‚Big Brother‘ und ‚Super Nanny'“ bezeichnete „Spiegel Online“ die Serie „Erwachsen auf Probe“. „Man fragt sich die ganze Zeit: Was ist mit den Kindern? Wo bleiben deren Rechte?“, sagte Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen. Genützt haben all die moralischen Aufschreie nichts. RTL darf seine umstrittene Doku-Soap ausstrahlen, entschied nun das Kölner Verwaltungsgericht.

Klage richtete sich gegen den Falschen

Geklagt hatten ein Verein und ein sechsfacher Familienvater und zwar gegen das Jugendamt Köln. Nach Ansicht der Kläger sei die Behörde verpflichtet, die Einstellung der Serie zu veranlassen, weil sie gegen die Menschenwürde verstoße. Wie ein Gerichtssprecher gegenüber pro erklärte, scheiterte die Klage vor allem, weil der Antragssteller nicht selbst betroffen sei. „Nicht jeder Bundesbürger kann ein staatliches Eingreifen erzwingen. Dazu muss er persönlich eine Einschränkung der Menschenwürde erfahren haben“, hieß es von Seiten des Gerichts. Zudem sei das Jugendamt der falsche Gerichtsgegner, da es sich hierbei um einen Fall des Medienrechts handle. Dafür sei die Landesmedienanstalt zuständig. Die aber hatte bereits im Vorfeld Forderungen nach einem Verbot zurückgewiesen. Die Serie zu verhindern, so die Aufsichtsbehörde, wäre Zensur und damit eine unzulässige Einschränkung der Medien. Entgegen Medienberichten hätten die zuständigen Richter ihr Urteil nicht damit begründet, dass die Serie bereits abgedreht und den Kindern somit nicht mehr zu helfen sei.

Zuletzt hatten sich 60 Verbände aus ganz Deutschland, unter ihnen „Pro Familia“ oder die „SOS-Kinderdörfer“, in einer gemeinsamen Erklärung gegen die Ausstrahlung der Serie gestellt. RTL verwehrt sich gegen die Vorwürfe, seine Sendung gefährde Teenager und deren Probenachwuchs. „Wir haben das Wohl der mitwirkenden Kinder, Paare und Eltern fest im Blick“, sagte Geschäftsführerin Anke Schäferkordt der „Bild-Zeitung“. Zudem habe die „Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen“ (FSF) die Sendung geprüft und dem Format eine „positive pädagogische Absicht“ attestiert.

Wie „Spiegel Online“ berichtet, forderte das Landesjugendamt Rheinland derweil neue gesetzliche Regelungen für das Mitwirken von Babys in Fernsehproduktionen. Die geltenden Vorschriften, heißt es dort, bezögen sich lediglich auf Filmaufnahmen, bei denen Kinder über drei Jahren im Sinne von Arbeitnehmern tätig würden. Dann, so erklärte das Landesjugendamt Rheinland-Pfalz gegenüber pro, greife etwa das Jugendarbeitsschutzgesetz. Werden Kinder und Jugendliche nicht gegen Bezahlung engagiert, sondern im Sinne einer Dokumentation gefilmt, sind die Regelungen schwammig. Die Beteiligung von Kleinstkindern und Säuglingen in Reality-TV-Formaten sei nur „völlig unzureichend“ geregelt, heißt es von Seiten des Landesjugendamtes in Köln.

In der RTL-Produktion „Erwachsen auf Probe“ sollen Teenager lernen, mit Babys umzugehen. In kameraüberwachten Räumen proben sie den Umgang mit dem Nachwuchs zunächst an Puppen, später an echten Säuglingen. Die erste Folge der achtteiligen Reality-Soap läuft am heutigen Mittwoch um 20.15 Uhr. (PRO)

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