Gericht stoppt Wahrsager-Abzocke

Wahrsager und Kartenleser dürfen für ihre zwielichtigen Dienste nicht horrende Geldbeträge verlangen, wenn die Kunden in "schwierigen Lebenssituationen" oder psychisch labil sind. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe am Donnerstag geurteilt. Im konkreten Fall hatte ein Mann über 30.000 Euro an eine Wahrsagerin gezahlt, weil diese ihm versprochen hatte, seine Beziehung auf übernatürliche Weise wiederherzustellen.
Von PRO

Der Geschäftsführer einer Marketingabteilung aus dem Raum Stuttgart war untröstlich, weil ihn seine Freundin verlassen hatte. Im Internet fand er die Telefonnummer einer Wahrsagerin aus dem Raum Gießen in Mittelhessen. Die Anbieterin von "Life-Coaching" versprach ihm, dass er seine Freundin zurückbekäme. Sie las ihm die Karten und empfahl ihm übersinnliche Rituale. Die vorerst kostenlose Telefonnummer kostete im Verlauf immer mehr Geld. Allein 2008 zahlte der Mann 35.000 Euro für Telefongespräche. Trotz Zaubersprüche und Kerzen kam die Freundin nie zurück. Wie der Anwalt des Mannes laut einem Bericht der "Rheinischen Post" berichtete, wurde sein Mandant von der Frau "wie in einer Sekte" in ihre Welt hinein gezogen und "wie eine Weihnachtsgans ausgenommen".

Der Geschädigte wandte sich Anfang 2009 an die Sektenberatung der Stuttgarter Aktion Bildungsinformation. Schließlich weigerte er sich, weitere 6.700 Euro für Hokuspokus zu zahlen. Daraufhin zog die Wahrsagerin vor Gericht, doch die Zivilkammer des Stuttgarter Landgerichts gab ihr kein Recht. Daraufhin zog sie weiter bis vor das Oberlandesgericht, doch auch dort scheiterte ihr Versuch, an das restliche Geld des Mannes zu kommen. Nun hat auch der BGH entschieden, dass sie kein Geld mehr verlangen kann.

Ihr Anwalt argumentierte, die Tätigkeit seiner Mandantin falle unter die Berufsfreiheit, und für ihre Leistung könne sie ebenso Geld verlangen wie etwa ein Priester, der ein Haus mit Weihwasser segnet. Das Gericht erklärte, es stehe einem Kunden in der Tat frei, für eine irrationale Hilfe Geld zu zahlen, wie er wolle. Allerdings gelte dies nicht, wenn Leichtgläubige oder Menschen in schwierigen Lebenssituationen solche Verträge schließen, entschied der BGH.

Der Theologe Matthias Pöhlmann, wissenschaftlicher Referent und stellvertretender Leiter der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, sagte gegenüber der Tageszeitung "Die Welt": "Es ist gut, dass dieser Sektor juristisch unter die Lupe genommen wird. Es könnte dafür sorgen, dass der Abzocke ein Riegel vorgeschoben word." Die Welt werde "immer komplizierter", und daher suchten immer mehr Menschen nach Rat in Büchern, in Fernsehsendungen oder bei Wahrsagern. (pro)

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