GEO Epoche widmet sich dem Islam

Es ist ein hehres Ziel: Die ganze Geschichte des Islam in einem Heft zu erzählen, das verspricht der Chefredakteur von GEO Epoche, Michael Schaper, im Vorwort. Das aktuelle Heft, das es seit Mittwoch zu kaufen gibt, bietet in jedem Fall einen guten Überblick über die Weltreligion.
Von PRO
Bagdad war und ist laut GEO Epoche das Herz des Imperiums

Die neue Ausgabe von GEO Epoche ist – wie fast immer – klar strukturiert und gegliedert. Um dem Leser eine gute Basis für die Beschäftigung mit dem Islam zu bieten, stellt das Heft zunächst die Anfänge des Islam und seine historische Verbreitung dar. Es wird deutlich, dass der Islam von Beginn an eine Religion der Herrschenden war, die geschickt Macht und Religion kombinierten.

Keine Ansprüche an eine kritische Biographie

Obwohl der Prophet Mohammed in der islamischen Lehre keine göttlichen Eigenschaften hat, gibt es dennoch viele Wundergeschichten über ihn, die das Heft vermittelt. Seine Lebensgeschichte selbst ist Bestandteil eines Artikels, der betont, dass die Ansprüche an eine moderne, kritische Biographie Mohammeds aufgrund der Quellenlage nicht erfüllt werden können.
Das Heft beschreibt die Anfänge Mohammeds, der zunächst als Zauderer und Zweifler dargestellt wird. Nach einer Erscheinung des Erzengels Gabriel verkündigt Mohammed fortan den Glauben an Allah und erlebt dabei auch Krisen. Erst später ist er stark genug, der Religion auch eine politische Vision zu schenken. Umso wichtiger ist es, dass das Heft auch auf die bedeutendsten Bücher und Texte des Islams eingeht und sich kritisch mit den Widersprüchen auseinandersetzt.

Bagdad: das Herz des Imperiums

Historisch chronologisch und damit gut nachvollziehbar geht es weiter mit den ersten Spaltungen der Glaubensgemeinschaft und der wachsenden Oppositionsbewegung. Neben Kämpfen um das Kalifat kommt es zu Bürgerkriegen zwischen Muslimen und den neu eroberten Regionen. Die Nachfolger Mohammeds tragen die Herrschaft des Islams weit über Arabien in andere Erdteile. Erst 1492 beherrschen wieder christliche Fürsten die gesamte Iberische Halbinsel.
Wie eine Stadtführung durch das mittelalterliche Bagdad liest sich der Beitrag über die für den Islam bedeutendste Stadt. Für die Muslime ist sie Mittelpunkt der Welt sowie der Ort der Macht und des Wissens, entstanden war sie aus einem winzigen Dorf zwischen Euphrat und Tigris. Am Puls der Zeit spielen neuartige Produkte wie das Papier, aber auch die Poesie und die religiösen Entwicklungen der damaligen Zeit eine wichtige Rolle. Illustriert wird dies durch Aquarellbilder von Arthur Melville.

Ein zähes Ringen

Es folgen Beiträge über das 200 Jahre zähe Ringen zwischen Christen und Muslimen in den Kreuzzügen und Berichte über die Pilgerfahrt nach Mekka. Der Autor beschreibt mit eindringlichen Bildern, wie man sich eine Wallfahrt nach Mekka vorzustellen hat, insofern man sie noch nicht aus Fernsehbildern kennt.
Das Heft thematisiert zudem den Traum einiger muslimischer Intellektueller von einem eigenen arabischen Staat im Herzland des Islam, die europäische Expansion in die arabisch-islamische Welt und warum die Araber erleben mussten, dass die Kolonialmächte diesen Staat nicht wollten. Aus den kolonialen Besitzansprüchen folgten viele Kriege, „die auch die desaströse Folge des kolonialen Erbes“ sind, schreibt Süddeutsche-Redakteur Reimer Klüver.
Auch das dunkle Kapitel „Glaube, Macht, Gewalt“ lässt das Heft nicht aus. Die Errichtung eines Gottesstaates, das erste große islamische Attentat und die Auseinandersetzungen in Afghanistan beginnen Ende der 1970er Jahre das Zeitalter zu prägen. Der Islamismus verkörpert den „Politik gewordenen Glauben“ des Propheten Mohammed. In früheren Jahrhunderten hatten die muslimischen Regenten es verstanden, Glauben und Realpolitik auszutarieren. Seit 1979 präge vor allem auch der politische Islam das öffentliche Bild der Religion. Damit hätten auch die Militanten unter den Anhängern begonnen zu triumphieren. Der Historiker Matthias Messenhöller sieht darin bis heute eine Geschichte von Gewalt und Gegengewalt.
Das 172 Seiten starke Magazin gibt einen guten Gesamtüberblick über das Thema Islam. Sicher kann man einiges davon auch in anderen Quellen wissenschaftlicher nachlesen. Wie immer besticht GEO Epoche durch ausgezeichneten Fotos und die guten historischen Karten, die manche Entwicklungen verständlicher machen. Die Geschichte des Islam in Daten und Fakten auf acht Seiten und der Hinweis auf weitere Literatur runden das Heft ab. (pro)

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