Geißler über Kirche: „Es muss einen Aufstand geben“

Mehr politisches Engagement hat der ehemalige CDU-Generalsekretär Heiner Geißler von den Kirchen gefordert. Nur so könne etwa der Finanzkrise begegnet werden, sagte der Katholik auf einer kirchlichen Veranstaltung. In der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (FAS) sprach er sich zudem für eine Rückbesinnung auf die sozialen Werte des Evangeliums aus.
Von PRO

„Wenn wir Salz der Erde sein wollen, müssen wir auch politisch aktiv sein“, sagte der 79-Jährige am vergangenen Wochenende im nordfriesischen Breklum und appellierte damit an die Volkskirchen, sich mehr in wirtschafts- und gesellschaftspolitische Debatten einzumischen. Dabei, so berichtet der „Evangelische Pressedienst“ (epd), bezog sich Geißler vor allem auf die Themen „Finanzkrise“ und „Asylrecht“. Es habe keinen Sinn, „in den Gottesdienst zu rennen und sich danach den Mund zu zerreißen über Asylbewerber und Migranten“. Christen müssten aktiv handeln, wobei Gottes- und Menschenliebe immer zusammen gehörten. Es könne nicht akzeptiert werden, dass zehn Millionen Menschen unterhalb des Existenzminimums lebten.

Kirchen müssen Moderne Medien nutzen

Zur Finanzkrise führte der Katholik an: „Die Parole, die heute ausgegeben wird, jeder solle für sich selber sorgen, ist eine heidnische Parole.“ Es komme darauf an, die christlichen Inhalte in Europa zu bewahren. Die Kirchen müssten mit ihrer „Leisetreterei“ aufhören. „Es muss einen Aufstand geben“, sagte Geißler gegenüber dem epd: „Die Kirchen brauchen Sprecher, die sich zu wirtschaftlichen Themen dezidiert und qualifiziert äußern“, etwa in den Medien, beispielsweise in Talkshows. Die Kirchen „sollen das machen, was Jesus ununterbrochen praktiziert hat: der Mann hat Streit angefangen, er hat keine Angst gehabt, er war ein innerlich unabhängiger Mensch“.

Auch in der FAS sprach Geißler über christliche Werte. „Wir müssen die totale Ökonomisierung unserer Gesellschaft rückgängig machen – im Gesundheitswesen, in der Bildung . . . Sogar bei Caritas und Diakonie heißen Patienten mittlerweile ‚Kunden‘. Aber der Mensch hat Ziele jenseits von Angebot und Nachfrage, und unser Gemeinwesen ist auch kein ‚Media Markt‘.“ Weiter sagte er, es sei verräterisch, wenn selbst die katholische Bischofskonferenz fordere, das Soziale müsse „neu gedacht“ werden. „Man kann das Soziale im Sinne des Evangeliums eben nicht ’neu denken‘, sondern muss das Neue sozial denken und human gestalten. Wir brauchen endlich wieder ein ethisches Fundament.“ Danach verlangten die Menschen, und die anstehenden Bundestagswahlen werde nur eine Partei gewinnen, die die ethische Unterfütterung der Gesellschaft zum Thema mache.

„Außer Jesus bewundere ich niemanden“

Heiner Geißler ist studierter Philosoph und promovierter Jurist. Von 1982 bis 1985 war der CDU-Politiker Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit und zudem 12 Jahre lang, bis 1989, Generalsekretär seiner Partei. Seit 2007 ist der gläubige Christ Mitglied der globalisierungskritischen Organisation „Attac“. Für ihn ist das kein Gegensatz, wie er im Interview betonte: „Ich bin auch Mitglied der katholischen Kirche, da gibt es ebenfalls Extremisten. ‚Attac‘ hat wie ich und andere die Finanzkrise vorausgesehen. Das ist keine Autonomen-Organisation, sondern ein globales Netzwerk vor allem junger Leute, die sich nicht mehr alles gefallen lassen.“ Gerade die Junge Union müsse mehr Kontakt zu Nichtregierungsorganisationen wie „Greenpeace“ oder „Attac“ suchen. Auf die Frage, ob er Oskar Lafontaine als Politiker bewundere, antwortete Geißler: „Außer Jesus bewundere ich eigentlich niemanden.“ (PRO)

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