Gefangen im eigenen Körper – und doch frei

Jonathan Bryan ist gefangen in seinem eigenen Körper. Seit der Geburt leidet er an Zerebralparese. Dadurch kann er sich nicht selbständig bewegen und bis zu seinem achten Lebensjahr nicht kommunizieren. In seinem Buch „Endlich kann ich sagen, dass ich Euch liebe“ beschreibt er die Höhen und Tiefen der Krankheit und warum er trotzdem Hoffnung verspürt. Eine Rezension von Johannes Blöcher-Weil
Von PRO
Der zwölfjährige Jonathan Bryan hat seine Lebensgeschichte aufgeschrieben, die jetzt ins Deutsche übersetzt wurde

Jonathan Bryan ist zwölf Jahre alt. Die ernüchternde Diagnose, die er bei seiner Geburt erhielt: eine schwere Zerebralparese. Dadurch kann der Brite nicht sprechen und sich nicht bewegen. Mit acht Jahren lernt er mit Hilfe von Augenbewegungen das Schreiben und kann sich seiner Umwelt mitteilen. Die Botschaften, die der Junge aussendet, verbreiten Hoffnung und Zuversicht. Bryans Buch „Endlich kann ich sagen, dass ich Euch liebe“ ist im bene!-Verlag erschienen.

Die ersten Seiten des Buches „gehören“ seiner Mutter. Sie beschreibt ihre Emotionen rund um die Geburt. Nach einem Unfall kommt ihr Sohn per Notkaiserschnitt zur Welt. Sie erlebt, wie die Ärzte hitzig über den Zustand des Jungen diskutieren. Und als sie den schlaffen Körper in den Händen hält, hat die Pfarrfrau Gewissheit, dass ihr Kind nicht gesund ist.

Jonathan Bryan im Kreise seiner beiden Schwestern und seiner Mutter Foto: Diana Vose
Jonathan Bryan im Kreise seiner beiden Schwestern und seiner Mutter

Es ist kein Zufall, dass die Eltern ihn Jonathan nennen: „Gott hat gegeben“. Der Name ist für sie in den ersten Monaten und Jahren häufig mit der Frage verbunden, wie lange sie Gottes Geschenk behalten dürfen. Das Kind zeigt nach der Geburt keine Reflexe und keine Körperspannung. Das MRT bringt dann die ernüchternde Diagnose. Die Mutter beschreibt, wie sie sich versucht vorzustellen, was das für ihr künftiges Leben bedeutet.

„Schweigend hinter den Etiketten gelebt“

Sie taufen ihren Sohn noch in der Klinik im englischen Bristol. Die ersten Monate verbringt Jonathan durchgängig im Krankenhaus. Sein Leben steht mehrfach auf Messers Schneide. Der Mutter hilft in dieser Situation des Leids ein Bild von Jesus, wie er am Kreuz hängt und ihr zuruft: „Ich weiß!“ Für Jonathans Körper ist das Ganze ein einziger Kampf. Ein Arzt empfiehlt den Eltern, es „vielleicht gut sein zu lassen“. Doch Jonathan überlebt und die Familie stellt sich gut auf das gemeinsame Leben ein: auch wenn vieles nicht langfristig planbar ist.

In den nächsten Kapiteln nimmt Jonathan den Leser dann mit in seine Gefühlswelt. Er beschreibt, wie schwierig es war, den Schlüssel zu finden, um sein Gefängnis für die Außenwelt aufzuschließen: „Ich lebte schweigend hinter den Etiketten, die mir verpasst wurden.“ Auch die tiefe Zuneigung seiner Eltern hat ihn durch einige Tiefen hindurch getragen. Und außerdem ist da noch sein Freund Will, der ihm so viel bedeutet und mit dem er sich auch ohne Sprache versteht.

Der Zwölfjährige beschreibt, wie seine Familie den regulären Tagesablauf mit ihm gestaltet. Vor allem die Mutter liest ihm viel vor: die Chroniken von Narnia, die Bibel oder Kurzgeschichten. Das sind für Jonathan wunderbare Fluchtpunkte in eine andere Welt. Mit Hilfe der Buchstabiertafel gelingt es Jonathan im Laufe der Jahre, mit der Außenwelt zu kommunizieren. Für den Heranwachsenden ist das ein Meilenstein.

Emotionen zeigen und nicht immer nur Zuschauer sein

Er und seine Familie lernen sich auf ganz neue Weise kennen, weil sie sich bisher unbeantwortete Fragen stellen können. Außerdem kann Jonathan Dinge benennen, die er gern tun möchte, kann Emotionen zeigen und muss nicht immer nur Zuschauer sein. Er entdeckt seine Liebe zum Geschichtenerzählen und zum Schreiben.

Der Teenager setzt sich sogar an die Spitze der Initiative „Teach us too“, die dafür kämpft, das jedes sprachlose Kind Lesen und Schreiben lernen soll. Mit seinen Aktionen erfährt Jonathan nicht nur eine ungeheure Medienpräsenz, sondern macht sich auch zur Stimme derjenigen, die keine Stimme haben. Sogar das britische Königshaus verleiht ihm dafür einen Preis.

Die Lebensgeschichte von Jonathan Bryan ist – bisher – so kurz wie sein Buch. Aber es lohnt sich, die 140 Seiten zu lesen. Die Geschichte berührt nicht nur emotional. Es ist fantastisch zu sehen, was ein zwölfjähriger Junge aus seinen beschränkten Möglichkeiten macht. Jonathan beschreibt es mit dem Satz: „Ich lausche, schaue und wünsche gehört zu werden.“ Vielleicht ist das Buch ein Ansporn für die Gesellschaft, auf mehr dieser Menschen zu hören. Der Pastorensohn Jonathan Bryan freut sich, dass er jetzt auch mit Menschen über seinen Glauben sprechen kann. Hoffentlich gelingt es ihm: Das Buch und seine Ansichten könnten Hoffnung machen, dass dies viel Frucht bringt.

Jonathan Bryan: „Endlich kann ich sagen, dass ich Euch liebe“, bene!, 144 Seiten, 16 Euro, ISBN 9783963400544

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