Gabriels Iran-Reise: ROG fordert Kritik an Journalistenverfolgung
Die Organisation „Reporter ohne Grenzen“ hat Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel aufgefordert, bei seiner Iran-Reise die Verfolgung kritischer Journalisten deutlich zu kritisieren. Der Iran gehört zu den fünf Ländern mit den meisten inhaftierten Medienschaffenden weltweit.
Von PRO
1. Mai 2016
Sigmar Gabriel reist kommende Woche in den Iran
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) plante, Anfang kommender Woche für zwei Tage in den Iran zu reisen. Die Reise wurde wegen einer Erkrankung am Sonntagabend kurzfristig abgesagt, soll aber nachgeholt werden. Geplant war, dass er an der ersten Sitzung der gemischten deutsch-iranischen Wirtschaftskommission seit 15 Jahren in Teheran teilnimmt. Vor seiner Reise betonte Gabriel seine Forderung nach einem offenen Dialog mit dem Iran. Den Zeitungen des RedaktionsNetzwerks Deutschlands sagte er: „Ein völlig normalisiertes Verhältnis zu Deutschland wird es erst geben, wenn auch der Iran das Existenzrecht Israels ebenso akzeptiert wie das Existenzrecht eines eigenen palästinensischen Staates.“
Die Journalistenvereinigung „Reporter ohne Grenzen“ (ROG) fordert Gabriel auf, bei seiner Reise „die unverminderte Verfolgung kritischer Journalisten und Blogger in aller Deutlichkeit zu kritisieren“. ROG-Geschäftsführer Christian Mihr sagte laut einer Mitteilung der Organisation: „Solange der Iran Journalisten reihenweise aburteilt und unter menschenunwürdigen Haftbedingungen festhält, kann es auch nach dem Ende der Atomsanktionen kein business as usual mit diesem Regime geben.“ Wenn der Iran ein normaler Handelspartner werden wolle, müsse das Regime „auch im Inneren Zeichen der Öffnung setzen und die vielen willkürlich inhaftierten Journalisten freilassen.“
Keine medizinische Versorgung in Haft trotz schwerer Erkrankung
Am 20. April etwa begann vor dem Teheraner Revolutionsgericht nach viermaligem Aufschub der jüngste Prozess gegen Narges Mohammadi, die unter anderem als Sprecherin des von Friedensnobelpreisträgerin Schirin Ebadi gegründeten, seit 2006 verbotenen Zentrums für Menschenrechtsverteidiger bekannt ist. Die Justiz wirft Mohammadi „Verschwörung gegen die nationale Sicherheit“ vor. Sie wurde zuletzt am 5. Mai 2015 verhaftet – offiziell, um eine sechsjährige Haftstrafe im Teheraner Evin-Gefängnis zu verbüßen, zu der sie 2011 wegen Anti-Regime-Propaganda, Zusammenarbeit mit dem seit 2006 verbotenen Ebadi-Zentrum sowie „Konspiration gegen die Islamische Republik“ verurteilt wurde.
Sie leidet infolge einer schweren Nervenkrankheit unter Muskellähmungen, erhält aber in der Haft nach Angaben ihres im französischen Exil lebenden Ehemanns keinen regelmäßigen Zugang zu Medikamenten. Im vergangenen Oktober verbrachte sie einen zehntägigen Krankenhausaufenthalt in Handschellen ans Bett gefesselt und wurde schließlich gegen ärztlichen Rat wieder ins Gefängnis verlegt. Kontakt zu ihrem Mann oder ihren Kindern wird ihr weitestgehend verweigert.
Seit Rohanis Wahl elf Zeitungen geschlossen
Insgesamt sind laut ROG im Iran mindestens 38 Journalisten und Blogger wegen ihrer Tätigkeit in Haft. Damit gehört die Islamische Republik zu den fünf Ländern mit den meisten inhaftierten Medienschaffenden weltweit. Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht das Land auf Platz 169 von 180 Staaten. Mindestens neun Institutionen sind im Widerspruch zu Artikel 24 der iranischen Verfassung mit der Zensur von Medienveröffentlichungen befasst. Seit der Wahl Hassan Rohanis zum Präsident im Jahr 2013 wurden mindestens elf Zeitungen geschlossen.
Gerichtsprozesse gegen Medienschaffende sind in der Regel politisch beeinflusst. Kritische Journalisten werden systematisch als Verräter und westliche Spione diffamiert. Auch die Familienmitglieder kritischer Journalisten und Blogger werden bedroht und schikaniert.
Im Juni 2015 trat eine neue Strafprozessordnung in Kraft, die die Verfahrensrechte angeklagter Journalisten drastisch einschränkt. So dürfen sie nach ihrer Verhaftung nicht mehr frei ihren Anwalt bestimmen, sondern sind in ihrer Auswahl auf eine von den Behörden vorab genehmigte Liste beschränkt. Auch Strafverteidiger angeklagter Journalisten und Bloggern werden von den Behörden behindert und schikaniert. Sie haben kein Anrecht darauf, ihre Mandanten persönlich zu treffen, Einblick in die Anklageschrift zu nehmen oder auch nur die Anschuldigungen zu erfahren. Seit 2009 wurden mindestens 20 Anwälte angeklagt und inhaftiert, die Journalisten oder andere politische Häftlinge verteidigt haben. (pro)
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