„Für Jesus sind nur Menschen unaufgebbar“

Sowohl die Kirchensteuer als auch eine privilegierte Stellung in der Gesellschaft ist für die Kirche in Deutschland verzichtbar. Diese Auffassung vertrat der Greifswalder Professor für Praktische Theologie, Michael Herbst, in seinem Vortrag beim "Willow-Creek"-Leitungskongress in Stuttgart.

Von PRO

Die Kirchensteuer sei nur eine "kalte Steuer": Eine ganze Kirche könne "wie der reiche Jüngling werden", wenn sie sich darauf ausruhe, sagte der Theologe. Gerade Kirchen und Gemeinden, die finanziell besonders gut situiert seien, könnten kaum mehr entscheiden, was wichtig und unwichtig sei, betonte Herbst. Bei der Frage danach, was unaufgebbar ist, sei nicht die Meinung von Menschen wichtig. Vielmehr komme es darauf an, was für Jesus unaufgebbar sei: "Für Jesus bist du unaufgebbar", rief Herbst den 7.500 Zuhörern zu.

Er habe alle Privilegien, die er als Gottes Sohn gehabt habe, aufgegeben und sei für die Menschen gestorben. Das sei der zentrale Inhalt, "mit dem Kirche steht und fällt", sagte Herbst: "Wenn sie das aufgeben würde, wäre sie keine Kirche mehr." Alle kirchlichen Ämter, Strukturen, Steuern, Gebäude und Zeremonien seien im Vergleich dazu unwichtig. Die Gemeinden dürften "keinen Menschen aufgeben, der nichts von Jesus gehört hat".

Ressourcen konsequent für Gemeindeerneuerung einsetzen

Ressourcen sollten konsequent für die Erneuerung von Gemeinde eingesetzt werden, um eine geistliche Erneuerung in Deutschland zu fördern. Jährlich sei eine Überprüfung der Gemeinden notwendig, ob ihr Fokus richtig gesetzt sei. Leitungskreise sollten sich fragen: "Was von alledem, was wir heute tun, würden wir nicht wieder beginnen, wenn wir es nicht schon täten", empfahl der Theologe.

Ebenfalls am gestrigen Freitag hat der amerikanische Autor der neuesten Bonhoeffer-Biografie, Eric Metaxas, auf dem Kongress gesprochen. Der "New York Times"-Journalist kritisierte, dass Liberale und Konservative gleichermaßen versuchten, sich „die Botschaft der Bibel zurechtzubiegen, damit sie in ihr Weltbild passt“.

Sein Leben war seine Theologie

Metaxas hob in einem Podiumsgespräch mit "Willow Creek"-Gründer Bill Hybels Bonhoeffers Bibelverständnis hervor: "Für ihn war sie lebendig. Er war einer der wenigen an seiner Fakultät, die ihre Stimme gegen die liberale Theologie erhoben haben." Auch heute komme es in Europa und den USA vor, dass viele Menschen die Gnade Gottes missverstehen und sich durch ein bloßes Lippenbekenntnis zum Christentum zugehörig fühlten. "Glaube muss im Leben der Menschen Konsequenzen haben", sagte Metaxas. Der Theologe Bonhoeffer sei dabei mit seinem Mut ein Vorbild: "Bis zum Schluss hatte er eine Leidenschaft für Gott, hielt im Gefängnis Gottesdienste für seine Mitgefangenen ab. Sein Leben war seine Theologie."

Hanspeter Wolfsberger, Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Betberg-Seefelden (nahe Freiburg), rief die Christen in Stuttgart zu mehr Entscheidungsfreude auf. Sich alles offen zu halten, heiße, dass man kein Ziel habe, sagte der ehemalige Direktor des Gesamtwerkes der Liebenzeller Mission. Wie wichtig es sei, auch einmal seine Berufung zu überdenken, habe er selbst in seinem Leben häufig erfahren.

"Junge Menschen können von den älteren lernen"

"Junge Leute sollten immer wieder den Rat von älteren Menschen, die schon viel erlebt haben, suchen. Sie können davon enorm profitieren." Dazu ermutigte der 72-jährige Pastor Gordon MacDonald in seinem Vortrag die Kongressteilnehmer. Er riet Senioren, ihre Lebenserfahrung zu nutzen, um für junge Menschen ein "geistlicher Vater oder eine geistliche Mutter" zu sein. "Glaubt mir – so wird euch nie langweilig", ermutigte er die Zuhörer. Es sei schön, die Energie und die Lebensträume der kommenden Generationen zu spüren.

Veranstalter des Leitungskongresses ist "Willow Creek Deutschland", eine Organisation, die regelmäßig Großveranstaltungen für Mitarbeiter aus Kirchen und christlichen Gemeinden durchführt. Der Name "Willow Creek" stammt von einer gleich lautenden christlichen Gemeinde in South Barrington bei Chicago, die nach Angaben des Leiters von Willow Creek International, Gary Schwämmlein, pro Wochenende zwischen 22.000 und 25.000 Gottesdienstbesucher verzeichnet. Die "Willow Creek Community Church" ist weltweit für ihre sozialdiakonischen Dienste bekannt, etwa in der Familien- oder Suchtberatung. Der "Willow-Creek"-Leitungskongress dauert noch bis zum 28. Januar. (pro)

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