Fromme Republikaner fordern Obama heraus

Der Vorwahlkampf in Amerika hat begonnen: Mehr als ein Dutzend Republikaner wollen Präsident Barack Obama 2012 besiegen und bewerben sich um die Kandidatur ihrer Partei – unter ihnen mehrere engagierte Christen. pro stellt die wichtigsten Aspiranten vor.
Von PRO

Die "Iowa State Fair" an diesem Wochenende war der Startschuss für den Vorwahlkampf zur amerikanischen Präsidentschaftswahl am 6. November 2012: Nach einer großen Fernsehdebatte hat auf dem Volksfest die erste Testabstimmung über die republikanischen Kandidaten stattgefunden. Knapp gewonnen hat die Kongressabgeordnete Michele Bachmann. In einem mehrere Monate dauernden Vorwahlprozess, der am 4. Januar 2012 beginnt, wird sich herausstellen, wer Barack Obamas Herausforderer werden wird. pro gibt einen Überblick über das bisherige Kandidatenfeld.

Michele Bachmann, 55, Kongressabgeordnete aus Minnesota. Sie gilt als Ikone der Protestbewegung "Tea Party" und Hardlinerin im Kampf für einen schlanken Staat, niedrige Steuern und eine konservative Gesellschaftspolitik. Die an evangelikalen Universitäten ausgebildete Juristin fordert einen Verfassungszusatz, der die Ehe als eine Verbindung zwischen einem Mann und einer Frau definiert. Auf die Frage, ob Abtreibung im Falle von Inzest oder einer Vergewaltigung erlaubt sein solle, antwortete sie: "Ich bin zu 100 Prozent für das Leben". Mit ihrem Mann Marcus, den sie 1978 heiratete, hat Bachmann fünf Kinder. Über die Jahre hat die Familie zusätzlich 23 Pflegekinder betreut. In ihrem Heimatstaat Minnesota haben Bachmann und ihr Mann gemeinsam ein christliches Therapie- und Beratungszentrum geführt. Um die Staatsausgaben zu senken, will die Politikerin auch das Engagement des US-Militärs zurückfahren – so positionierte sie sich etwa gegen die Beteiligung ihres Landes an den Luftschlägen gegen Libyen.

Rick Perry, 61, Gouverneur von Texas. Der Offizier und Farmer regiert den zweitgrößten US-Bundesstaat seit dem Jahr 2000 – mit Erfolg: 38 Prozent aller neuen Arbeitsplätze sind in seinem Staat entstanden, wenn Kritiker auch bemängeln, dass es sich überwiegend um Niedriglohn-Jobs handelt. Perry ist ein engagierter Methodist, Anfang August folgten 30.000 Bürger seinem Aufruf zu einem Gebetsgottesdienst in ein Stadion in Houston (pro berichtete). Der evangelikale Christ erklärt immer wieder, für Gottes Hilfe bei seiner Amtsführung und die Lösung von Problemen zu beten. Er ist gegen die staatliche Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften und gegen Abtreibung. Beispielsweise erließ er in Texas ein Gesetz, wonach ein Arzt unmittelbar vor einer Abtreibung noch ein Sonogramm durchführen, der Patientin die Ultraschallbilder erklären und den Herzschlag des Kindes vorspielen muss. Der seit 1982 verheiratete Vater von zwei Kindern befürwortet wie fast alle Kandidaten die Todesstrafe und das Recht auf Waffenbesitz. Er bezweifelt den Einfluss der Menschen auf das Klima und lehnt Gesetze zur Einschränkung der CO2-Emmision aus ökonomischen Gründen ab.

Mitt Romney, 64, 2003-2007 Gouverneur von Massachusetts. Der erfolgreiche Unternehmer galt bereits 2008 als vielversprechender Bewerber. Als konservativer Gouverneur des traditionell demokratischen Massachusetts führte er dort ein Gesundheitssystem ein, das dem von Barack Obama ähnelt – weswegen er nun heftiger Kritik von rechts ausgesetzt ist. 2002 managte der Vater von fünf Söhnen die Durchführung der Olympischen Winterspiele in Salt Lake City. Romney ist seit 1969 mit Ann verheiratet. Die Mehrheit der Amerikaner fremdelt mit dem mormonischen Glauben der Familie, die evangelikalen Überzeugungen anderer Bewerber stehen jedoch wesentlich stärker in der Kritik von Medien und Demokraten. Mitt Romney will sich mit seinem gemäßigten Auftreten als Kandidat der Mitte etablieren. Mit seinem Kompetenzthema Wirtschaft will er viele Wechselwähler erreichen.

Rick Santorum, 53, Senator aus Pennsylvania. Der engagierte Katholik findet, dass nicht Gerichte oder der Oberste Gerichtshof, sondern gewählte Repräsentanten des Volkes über "wichtige moralische Fragen" entscheiden sollten. Er ist gegen die Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften und will Abtreibung auch nach einer Vergewaltigung verbieten: "Eine Abtreibung traumatisiert zusätzlich, und ein Kind verdient nicht die Todesstrafe für das Verbrechen seines Vaters", erklärte er in Iowa. Wie auch Rick Perry setzt sich der Anwalt Santorum für die Lehre des "Intelligent Design" zusätzlich zur Evolutionstheorie im Unterricht ein. Mit seiner Frau Karen hat Santorum sieben Kinder, ein achtes Kind starb bei der Geburt.

Newt Gingrich, 68, ehemaliger Sprecher des Repräsentantenhauses. Obwohl der Katholik Experten zufolge eine überraschend gute Figur bei der Fernsehdiskussion in Iowa machte, gelten seine Chancen als eher gering. Die Gründe: Gingrich repräsentiert als Berufspolitiker und "Washington-Insider" die politische Elite, der unter anderem die Schuldenkrise angelastet wird. Das Privatleben des zum dritten Mal Verheirateten durchziehen mehrere Skandale, die der Öffentlichkeit noch sehr präsent sind. Am 9. Juni traten seine wichtigsten Wahlkampfberater zurück, weil sie nicht an einen Erfolg der Kampagne glaubten.

Ron Paul, 75, Kongressabgeordneter aus Texas. Der gelernte Arzt hält sich hartnäckig in der Politik. 1988 drängte er sich als libertärer Drittkandidat in die Präsidentschaftswahl, 2008 versuchte er vergeblich, die Kandidatur der Republikaner zu gewinnen. 2004 erschien er nicht zum Republikanischen Parteitag, sondern organisierte eine alternative Gegenveranstaltung. Paul ist ein radikaler Libertärer, nach dessen Vorstellung sich der Staat aus dem Privatleben seiner Bürger heraushalten soll – was zum Beispiel bedeutet, dass der Konsum von Marihuana und sogar Heroin nicht strafrechtlich verfolgt werden soll. Obwohl er bei der Probeabstimmung in Iowa auf dem zweiten Platz landete, werden ihm keine realistischen Chancen eingeräumt. Ron Paul vertritt eine isolationistische Außenpolitik und verlangt eine Heimkehr der US-Truppen aus dem Ausland. Trotz seines hohen Alters wird der verheiratete Vater von fünf Kindern in erster Linie von jungen Leuten unterstützt.

Herman Cain, 65, Unternehmer. Der als "Pizza-König" bekannte Geschäftsmann will der erste farbige Präsidentschaftskandidat der Republikaner werden. Cain war Chef der Restaurantkette "Godfather’s Pizza" und will Amerika, wie er sagt, mit seinem unternehmerischen Können wieder auf Kurs bringen. Dazu will er auch staatliche Subventionen und Fördermittel investieren. Der Baptist hat zwei Kinder mit seiner Frau Gloria, seine Aussichten auf den innerparteilichen Sieg sind gering.

Nicht mehr im Rennen ist Minnesotas Ex-Gouverneur Tim Pawlenty, der am Sonntag nach einem enttäuschenden Abschneiden bei der Testabstimmung in Iowa seinen Verzicht erklärte. Der 2008 in einigen Vorwahlen erfolgreiche Baptistenpastor Mike Huckabee erklärte schon Anfang des Jahres, nicht mehr antreten zu wollen. Die ehemalige Vizepräsidentschaftskandidatin Sarah Palin schürt weiter Spekulationen, noch in den Wahlkampf einzusteigen, Beobachter halten dies jedoch für wenig wahrscheinlich. Wie amerikanische Medien berichten, fürchten Obamas Wahlkampfstrategen vor allem die Kandidaten Perry und Romney. (pro) 

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