Vom 11. bis zum 14. September trafen sich Geschichtsinteressierte aus Ost und West, um an „25 Jahre Friedliche Revolution“ zu erinnern. Leider war die Veranstaltung zu friedvoll. Ein Kommentar von Norbert Schäfer
Von PRO
Foto: pro
Bühnendeko: DDR-Fahne, Trabbi und „Mauer“
Es ist dem Menschen eigen, dass er gerne recht hat, sich bestätigt fühlt. Weiter kommt oft, wer sich hinterfragen lässt oder selbst kritische Töne anstößt. Das ist zuweilen unangenehm. Leider hat die Tagung „25 Jahre Friedliche Revolution“ die Komfortzone selten verlassen. Rund 250 Gäste folgten der Einladung der Evangelischen Nachrichtenagentur idea in das christliche Gästezentrum Schönblick nach Schwäbisch Gmünd, um an Hintergründe und Zusammenhänge zu erinnern, die aus ihrer Sicht zum Fall der Mauer 1989 führten. Zu den Referenten der Tagung gehörten unter anderem die DDR-Bürgerrechtlerin Vera Lengsfeld, der SPD-Politiker Steffen Reiche, der Theologe und Evangelist Theo Lehmann sowie der Kirchenhistoriker Gerhard Besier.
Erinnerung durch Emotion
Die Veranstaltung, hervorragend in Form und Organisation, weckte durch ergreifende Zeitzeugen-Berichte bewusst Emotionen. Im Zusammenspiel mit Gefühlen wird Geschichte wieder lebendig. Das ist gelungen. Die Veranstaltung war jedoch eine Zusammenkunft der Sieger, die Verlierer der Wiedervereinigung fehlten.
Das Gedenken erfolgte weitestgehend aus der Sicht der christlich-evangelikalen Subkultur und konzentrierte sich dabei auf die Präsentation des Mauerfalls als Folge christlich-kirchlichen Engagements. Definitiv: Kirche hat zum Umbruch sehr wesentliche Wirkkräfte beigesteuert, aber eben nicht alleine herbeigeführt. Die Wiedervereinigung war diffuser und vielschichtiger als phasenweise dargestellt. Faktoren der Wirtschaft, der Weltpolitik, außerkirchliche Kräfte und Subkulturen haben das Ende der DDR ebenfalls befördert. Das hätte man deutlicher herausarbeiten müssen.
Wo waren die Querdenker?
Teilnehmer und Referenten waren sich insgesamt zu einig. Eine kontroverse Diskussion hätte belebt, insgesamt gut getan. So war alles zu friedvoll, zu harmonisch, zu besinnlich. Einer bürstete gegen den Strich – Gerhard Besier. Leider zu kurz. Der Historiker hatte kaum Gelegenheit herauszuarbeiten, dass viele Theologen und Kirchenoberen der DDR bis in höchste Kreise in die Machenschaften der Stasi verstrickt waren. Schade, der Kontrapunkt hätte davor bewahren können, der Verklärung und Überhöhung der (Ost-)Kirche im Zusammenhang mit dem Mauerfall zu erliegen. Auch eine Debatte über Besiers These, dass die Kirche selbst heute noch an einer gründlichen Aufarbeitung dieses dunklen Flecks ihrer Geschichte kein Interesse zeigt, hätte mehr Schwung in die Tagung gebracht. Wer wird schon gerne an die Leichen im eigenen Keller erinnert? Die kritischen Stimmen hatten insgesamt zu wenig Redezeit. Das sieht auch idea-Leiter Matthies so: „Weil Bischof Werner Leich und Pfarrer Hans-Joachim Martens wegen Krankheit ganz kurzfristig ihre Referate absagten, fehlten tatsächlich zwei Querdenker, die nicht mehr ersetzt werden konnten.“
Gehörte der Mauerbau zu Gottes Plan?
Was bleibt? „Gott hat den Fall der Mauer bewirkt“, werden die Teilnehmer als Fazit mit nach Hause nehmen. Theologisch ist das ein Drahtseilakt, weil sich die Frage aufdrängt: Wer war für den Bau der Mauer verantwortlich? Grenzen zwischen Ländern stellen für Gott offensichtlich kein Problem dar, denn Christen gibt es in nahezu allen Ländern der Erde – trotz Grenzen, trotz Unterdrückung, trotz Verfolgung, trotz Regimen.
Deutschland Ost und West sind seit 25 Jahren wieder ein Land. Daran darf man erinnern. Dafür muss man dankbar sein. Auch die Menschen, die nicht hinter allem das direkte Eingreifen Gottes sehen. (pro)
Bei PRO sind alle Artikel frei zugänglich und kostenlos - und das soll auch so bleiben. PRO finanziert sich durch freiwillige Spenden. Unterstützen Sie jetzt PRO mit Ihrer Spende.
Sie haben Fragen, Kritik, Lob oder Anregungen? Dann schreiben Sie gerne eine Nachricht direkt an die PRO-Redaktion.
Cookie-Zustimmung verwalten
Um dir ein optimales Erlebnis zu bieten, verwenden wir Technologien wie Cookies, um Geräteinformationen zu speichern und/oder darauf zuzugreifen. Wenn du diesen Technologien zustimmst, können wir Daten wie das Surfverhalten oder eindeutige IDs auf dieser Website verarbeiten. Wenn du deine Zustimmung nicht erteilst oder zurückziehst, können bestimmte Merkmale und Funktionen beeinträchtigt werden.
Funktional
Always active
Die technische Speicherung oder der Zugang ist unbedingt erforderlich für den rechtmäßigen Zweck, die Nutzung eines bestimmten Dienstes zu ermöglichen, der vom Teilnehmer oder Nutzer ausdrücklich gewünscht wird, oder für den alleinigen Zweck, die Übertragung einer Nachricht über ein elektronisches Kommunikationsnetz durchzuführen.
Vorlieben
Die technische Speicherung oder der Zugriff ist für den rechtmäßigen Zweck der Speicherung von Präferenzen erforderlich, die nicht vom Abonnenten oder Benutzer angefordert wurden.
Statistiken
Die technische Speicherung oder der Zugriff, der ausschließlich zu statistischen Zwecken erfolgt.Die technische Speicherung oder der Zugriff, der ausschließlich zu anonymen statistischen Zwecken verwendet wird. Ohne eine Vorladung, die freiwillige Zustimmung deines Internetdienstanbieters oder zusätzliche Aufzeichnungen von Dritten können die zu diesem Zweck gespeicherten oder abgerufenen Informationen allein in der Regel nicht dazu verwendet werden, dich zu identifizieren.
Externe Inhalte / Marketing
Die technische Speicherung oder der Zugriff ist erforderlich, um Nutzerprofile zu erstellen, um Werbung zu versenden oder um den Nutzer auf einer Website oder über mehrere Websites hinweg zu ähnlichen Marketingzwecken zu verfolgen.