Die ersten christlichen Gemeinden waren multikulturell. Das erklärte der Missionstheologe Johannes Reimer auf dem Flüchtlingskongress in Schwäbisch Gmünd. Fremde abzuweisen, sei theologisch nicht denkbar gewesen.
Fremdenfeindlichkeit ist unbiblisch, erklärte der Missionstheologe Johannes Reimer
„Die neutestamentliche Gemeinde ist gezeichnet von Multikulturalität“, erklärte der Missionstheologe Johannes Reimer am Dienstag bei dem christlichen Flüchtlingskongress in Schwäbisch Gmünd. So sei beispielsweise die Gemeindeleitung in Antiochien laut dem Bericht der Apostelgeschichte sprachlich und kulturell „zusammengewürfelt“ gewesen. „Nicht nationale oder lokale Identitäten, sondern eine übergeordnete Identität in Christus haben sie gesucht. Das einigt diese Gemeinde.“
Wie Paulus es formuliert habe, gebe es in Christus „nicht Grieche oder Jude“, sondern eine Einheit in Christus – es zähle der Mensch als Mensch. Deshalb sei es für diese Gemeinde undenkbar gewesen, „den Fremden an der Grenze der Gesellschaft abweisen, das geht theologisch nicht“. Gott wolle, dass allen Menschen geholfen werde. „Fremdenfeindlichkeit ist zutiefst unbiblisch.“
Christliche Gemeinden heute sollten sich auf noch viel mehr Migranten in Deutschland einstellen und sich Gedanken darüber machen, wie sie sie integrieren. Die ersten Gemeinden der Christenheit könnten Vorbild dafür sein. Nationale, kulturelle oder konfessionelle Zugehörigkeit dürfe für Gemeinden nicht bestimmend sein, sagte Reimer, der an der theologischen Hochschule der Freien Evangelischen Gemeinden in Ewersbach unterrichtet. Gemeinden müssten auf die Leitung des Heiligen Geistes vertrauen, nicht auf persönliche Erkenntnisse oder Traditionen. „Letztlich ist die Frage nach Jesus Christus und dem Reich Gottes die allem übergeordnete Frage. Die Kirche in einem multikulturellen Raum kann einfach nicht deutsch bleiben.“
„Flucht ist Urerfahrung der Menschen“
Anhand mehrerer biblischer Erzählungen zeigte Traugott Hopp, Leiter der Akademie für Weltmission in Korntal, am Montag beispielhaft den Rahmen einer biblischen Flüchtlingstheologie auf. So beginne schon die Geschichte der Menschen mit einer Vertreibung – die Gott selbst vornahm. Denn Adam und Eva mussten das Paradies verlassen, nachdem sie gesündigt hatten und Gott ungehorsam waren. „Wir Menschen haben unsere Heimat bei Gott verloren und suchen sie doch immer wieder“, sagte Hopp. Es gehöre zur Ursehnsucht des Menschen, nach Heimat zu suchen.
Wenige Seiten in der Bibel später musste Kain fliehen, weil er seinen Bruder getötet hat. Der Theologe erklärte dazu: „Flüchtlingsgeschichten zeigen uns etwas von der Abgründigkeit des menschlichen Handelns und vom Sehnen nach Gnade und Schutzräumen.“ Die westlichen Gesellschaften müssten angesichts der gegenwärtigen Flüchtlingsbewegungen auch nach ihrer eigenen Schuld fragen. „Wir hängen militärisch, politisch, wirtschaftlich mitten in diesen Konflikten drin, wir sind mitverantwortlich“, sagte Hopp.
„Migranten werden geistliches Leben prägen“
Mit Blick auf die biblische Erzählung von Josef, dessen Vater und Brüder samt Familien nach Ägypten kamen, als in Israel Hungersnot herrschte, betonte Hopp den Wert der Gastfreundschaft. Gäste aufzunehmen sei auch ein grundlegender neutestamentlicher Auftrag an die Christen. In der aktuellen Flüchtlingssituation seien Christen jetzt weiterhin gefragt, „dass aus dem Gast auch der Freund wird. Dazu gehört auch die Öffnung unserer Häuser in Gemeinden und privat.“ Freundschaft habe etwas mit persönlicher Begegnung zu tun. Nichts verhindere das Abgleiten von Migranten in Ghetto-Mentalitäten so sehr wie persönliche Freundschaften zu Einheimischen.
Flüchtlinge könnten auch selbst Gesandte Gottes sein. „Gott nutzt die Menschen, die als Flüchtlinge kommen, um hier das Evangelium weiterzusagen“, sagte Hopp und verwies darauf, dass Flüchtlinge in Europa zum Glauben kommen, sich taufen lassen und Gemeinden gründen. „Sie werden das geistliche Leben im 21. Jahrhundert in Deutschland prägen, davon bin ich überzeugt. Mit uns, unter uns – vielleicht auch gegen uns, wenn wir das nicht anerkennen.“
Der Flüchtlingskongress „Angekommen! – Angenommen? Flüchtlinge unter uns. Chancen und Herausforderungen für Christen“ fand von Sonntag bis Dienstag mit etwa 500 Teilnehmern in Schwäbisch Gmünd statt. Getragen wurde der Kongress von verschiedenen christlichen Organisationen und Missionswerken, unter anderem der Deutschen Evangelischen Allianz und der Arbeitsgemeinschaft Evangelikaler Missionen. (pro)
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