Freimut Haverkamp: „Fast alle Vorwürfe sind falsch“

Hillsong Germany steht seit einiger Zeit in der Kritik. Der Vorwurf: Unsauberer Umgang mit Spendengeldern. Hillsong-Pastor Freimut Haverkamp nimmt im PRO-Interview zu den Vorwürfen Stellung.
Von Jörn Schumacher
Freimut und Joanna Haverkamp

PRO: Was sagen Sie zu den Vorwürfen von Correctiv?

Freimut Haverkamp: Die Vorwürfe und Unterstellungen sind fast alle falsch. Viele Sachen sind komplett aus dem Kontext gerissen, obwohl wir bereits vor dem Erscheinen des Artikels versucht haben, Dinge aufzuklären. Wir haben vollstes Verständnis dafür, wenn uns kritische Fragen gestellt werden und haben die Fragen von Correctiv daher auch sehr umfassend beantwortet. Leider sind unsere Antworten dann aber kaum in den Artikel eingeflossen. Der Text ist dadurch sehr einseitig und teilweise sogar irreführend geworden. Natürlich freut man sich dann nicht über so einen Artikel.

Stimmten die Fakten denn? Etwa die Spendeneinnahmen von 4,1 Millionen Euro im Jahr 2021?

Diese Zahl stimmt. Wir veröffentlichen jedes Jahr auf unserer Website den Jahresbericht mit allen Informationen darüber, welche Spenden reinkamen, und wo wir sie ausgegeben haben. Was nicht stimmt, ist die Darstellung durch die Autoren, wir wären nicht sorgsam mit den uns anvertrauten Spendengeldern umgegangen.

Was sagen Sie zu dem Vorwurf, Hillsong Germany sei über Jahre „sehr freizügig mit den Spenden umgegangen“?

Das ist ganz eindeutig nicht der Fall, und es war auch noch nie der Fall. Alles Geld, das bei uns reinkommt, sind Spenden von Menschen. Wir haben eine Verantwortung, diese Finanzen gemäß der Satzung, die wir als gemeinnütziger Verein haben, und gemäß unserer Berufung als Gemeinde einzusetzen. Wir haben nie Geld für irgendeinen Luxus ausgegeben, wie es im Artikel suggeriert wird.

Wie sehen die Kontrollinstanzen bei Hillsong Germany denn genau aus?

Es wird ja behauptet, ich könne vollkommen frei darüber entscheiden, was mit den Spendengeldern passiert. Das ist kompletter Blödsinn und wir wurden auch nie danach gefragt, wie das bei uns gehandhabt wird. Tatsache ist, dass wir Gelder ausschließlich gemäß unserer Satzung und unserer Richtlinien verwenden. Der Vorstand verabschiedet dafür ein Gesamtbudget, das einmal im Jahr gemeinsam geprüft wird. Jeder Bereichsleiter hat bestimmte Budgets, die ihm zugeteilt werden. Bei uns gilt das Vier-Augen-Prinzip, jede Ausgabe muss von einer höheren Instanz bestätigt werden, und dazu gibt es Richtlinien. Also: Welche Autos, Flüge oder Hotels dürfen gebucht werden, welche Geschenke dürfen gekauft werden und so weiter. Diese Vorgaben gelten für alle Angestellten und ehrenamtliche Mitarbeiter – auch für mich.

Hillsong ist zwar ursprünglich eine australische Kirche, hat aber auch starke Verbindungen nach Amerika. In Amerika hat ja Geld gerade in Kirchen einen anderen Stellenwert als in Deutschland. Färbt solch ein Umgang, wie er vielleicht auch in Australien praktiziert wird, ab?

Es wäre naiv, von Grund auf abzustreiten, dass es solch einen Einfluss geben könnte. Ja, Hillsong ist auch in Amerika vertreten. Für uns in Deutschland und in anderen europäischen Gemeinden gibt es aber eine andere Kultur und Herangehensweise die Finanzen betreffend, besonders im kirchlichen Kontext. Daher wurden wir immer wieder mit dieser anderen Kultur und einer Vorgehensweise konfrontiert, die übrigens dort auch rechtlich völlig okay ist, die wir bei uns aber trotzdem immer wieder kritisch hinterfragt haben.

Gab es Gespräche über die Vorwürfe mit der Mutterkirche in Australien?

Ja. Über viele Dinge, die im Correctiv-Artikel stehen, kann man ja reden. Ein Beispiel: Es wurde 2013 ein Four Seasons Hotel in London gebucht. Aber da wird vergessen, dass für alle Teilnehmer an einem globalen Kirchen-Event das gleiche Hotel gebucht wurde und wir dann die anteiligen Kosten für Teilnehmer von Hillsong Germany übernommen haben. Allerdings für mehrere Personen und mehrere Nächte. Da erscheinen dann 2000 Euro für ein Hotel in London gleich in einem komplett anderen Licht. Und es war natürlich kein Luxus-Urlaub, bei dem wir uns an den Pool gelegt haben, wie versucht wird zu suggerieren. Das waren Arbeitstreffen, verbunden mit einer Konferenz beziehungsweise Meetings. Rückblickend würden wir wahrscheinlich trotzdem stärker darauf pochen, andere Hotels zu buchen. Die Wahrnehmung ist hier heute eine andere, und das finde ich gut so.

Wie sahen die Reaktionen in der Gemeinde auf die Vorwürfe aus?

Wir haben von uns aus das Gespräch mit der Gemeinde gesucht. Denn so etwas sorgt natürlich für Verunsicherung. Wir haben intern sehr intensiv kommuniziert, dazu aufgerufen, Fragen zu stellen. Ich habe viele E-Mails bekommen, und ich habe alle beantwortet und Dutzende Gespräche mit einzelnen Personen geführt. Wir waren immer der Ansicht, dass wir sehr transparent sind, was unsere Finanzen angeht. Jetzt haben wir uns aber noch einmal angeschaut, wo wir noch besser werden können. Im Mai haben wir bei einer großen Veranstaltung mit Personen aus dem Vorstand aufgeklärt über unsere Strukturen, Entscheidungswege, Finanzen und Richtlinien. Wir haben viele – auch kritische – Fragen bekommen, insgesamt aber ein riesiges positives Feedback und auch viel Unterstützung.

Gab es Proteste oder Austritte?

Nein, Proteste nicht. Es mag den einen oder anderen gegeben haben, der deswegen enttäuscht ist und nicht mehr kommt, das kann ich nicht ausschließen. Aber dann ist das eine sehr kleine Anzahl.

Was sagen Sie zu den Vorwürfen der Übernachtung in Luxushotels, luxuriöse Reisen, eine teure Wohnung in Düsseldorf, Dienstwagen, Lebensversicherung, Besuche im Fitnessstudio und teure Geschenke auf Kosten der Kirche?

Diese Dinge, von denen da die Rede ist, waren nicht überteuert. Die Wohnung in Düsseldorf war sogar eher günstig. Sie diente angereisten Mitarbeitern von Hillsong Church Germany während der Startphase des Campus Düsseldorf als Hotelersatz für Übernachtungen im Rahmen von Dienstreisen. Dadurch konnten wesentliche Kostenersparnisse gegenüber normalen Hotelbuchungen erzielt werden. Übrigens haben wir die Wohnung schon seit längerem nicht mehr. Was die Dienstwagen angeht: Wir haben eine Dienstwagenvereinbarung, die klar regelt, wer einen Dienstwagen fahren darf. Und was ist an einer betrieblichen Altersvorsorge unmoralisch? Wir bieten das jedem Mitarbeiter an, daran ist absolut nichts Verwerfliches. Wenn das ein Angestellter in Anspruch nimmt, wird alles ordnungsgemäß abgerechnet und versteuert. Und im Fitnessstudio haben wir eine Zeit lang einmal in der Woche für unsere Angestellten und ehrenamtlichen Mitarbeiter gemeinsamen Sport angeboten. Wir wollten damit Gesundheit und Teambuilding fördern. Das sehen wir – wie sicher viele anderen Arbeitgeber auch – als unsere Verantwortung. Überteuerte Geschenke gab es bei Hillsong Germany nie und wird es auch nicht geben. Dafür haben wir entsprechende Richtlinien.

Was sagen Sie zu der Kritik an einem „besonders offensiven“ Aufruf zu Spenden und dass Hillsong „wie ein Franchise“ agiert?

Wir sind eine Freikirche, und wir finanzieren uns nicht durch Kirchensteuern, sondern wie jede Freikirche durch Spenden. Alles passiert auf Freiwilligkeit. Wenn wir Spenden einsammeln, wollen wir auch genau klarmachen, wofür diese gedacht sind. Finanzen sind ein wichtiger Teil eines jeden Lebens: Privat, in unserem Glauben, in unserer Kirche und übrigens auch in der Bibel. Wir pflegen hier einen sehr sorgsamen und transparenten Umgang. Wir sind auch kein „Franchise“. Es gibt keine Vorgaben, wie ein Gottesdienst aussehen oder wie lang er sein muss, wie die Bühne aussehen muss oder welche Lieder gesungen werden sollen. Mir wird nie gesagt, was oder worüber ich predigen soll. Aber natürlich gibt es da eine Freundschaft und Verbundenheit zur Mutterkirche, eine gemeinsame Vision und Mission, aber das kann man nicht als Franchise bezeichnen.

Ein Teil der Einnahmen von Hillsong Germany geht aber an die Mutterkirche in Australien?

Ja, fünf Prozent von unserer Jahreseinnahmen spenden wir. Wir bekommen von dort auch Rat, etwa in Sachen IT oder bei der Technik, auch pastorale Hilfen. Wir sind ja auch Teil des Bundes Freikirchlicher Pfingstgemeinden (BFP), auch dort geben wir etwas ab.

Wie konnte Correctiv interne Finanzdokumente einsehen?

Die Journalistin behauptet, dass ihr Unterlagen von einer Person zur Verfügung gestellt wurden. Auch bei uns hat sich bereits 2021 eine anonyme Person gemeldet, die behauptet, interne Finanzdokumente zu haben. Wir haben das bereits damals bei der Datenschutzbehörde gemeldet, da diese Person sensible Daten offenbar widerrechtlich erhalten hat und – wie wir jetzt wissen – auch verwendet.

Beim „Wohlstandsevangelium“ in Amerika spielt es ja eine große Rolle, ob ein Pastor oder eine Gemeinde viel Geld hat, weil sie dann als besonders von Gott gesegnet gilt. Ist das eine Versuchung?

Da muss man schon aufpassen. Es ist wichtig, eine gute Rechenschaft zu haben. Bei uns führt niemand ein Luxusleben oder strebt dieses an. Wir setzen unsere Gehälter auch nicht beliebig fest, sondern haben ein Gehaltsschema für alle Mitarbeiter, das absolut drittvergleichsfähig ist und auf Richtlinien des Bund Freikirchlicher Pfingstgemeinden (BFP) sowie in Zusammenarbeit mit einem etablierten Vergütungsexperten für den Bereich Non-Profit-Organisationen ausgearbeitet und umgesetzt wurde. Wichtig dabei ist, dass ein Pastor ein dienendes Herz hat und immer als Beispiel vorangeht. Das darf aber gleichzeitig nicht im anderen Extrem heißen, dass er sich aufreibt bis zur Selbstaufgabe. Wie viele Pastoren steigen aus dem Dienst aus, weil sie völlig überarbeitet sind und dafür auch noch kaum Gehalt bekommen? Da muss man ein gutes Maß finden.

In Amerika haben manche Pastoren mehrstellige Millionen-Beträge auf dem Konto, und sie sagen, das zeige, wie sehr Gott sie segnet …

Diese Theologie ist absolut nicht unsere, und wir distanzieren uns ganz klar von einem Wohlstandsevangelium. Diese Ansicht, der Pastor müsse überdurchschnittlich gesegnet und als eine Art VIP auftreten, lehne ich ab. Das wird bei uns auch nicht gepredigt. Christentum heißt ja nicht: Ich werde Christ, und dann werde ich mit Geld gesegnet, sondern genau im Gegenteil: Gerade dann, wenn ich durch schwere Zeiten gehe, habe ich trotzdem noch eine Hoffnung. Die Bibel spricht von dem Segen, den wir bekommen, aber auch vom Leiden in der Welt, durch die die Herrlichkeit Gottes sichtbar wird. Das predigen wir, das sage ich auch unseren Leuten immer wieder.

Vielen Dank für das Gespräch!

Helfen Sie PRO mit einer Spende
Bei PRO sind alle Artikel frei zugänglich und kostenlos - und das soll auch so bleiben. PRO finanziert sich durch freiwillige Spenden. Unterstützen Sie jetzt PRO mit Ihrer Spende.

Ihre Nachricht an die Redaktion

Sie haben Fragen, Kritik, Lob oder Anregungen? Dann schreiben Sie gerne eine Nachricht direkt an die PRO-Redaktion.

Offline, Inhalt evtl. nicht aktuell

PRO-App installieren
und nichts mehr verpassen

So geht's:

1.  Auf „Teilen“ tippen
2. „Zum Home-Bildschirm“ wählen