Fraktionen fordern Schutz von Mor Gabriel

Der Oberste Gerichtshof der Türkei hat Ländereien des christlichen Klosters "Mor Gabriel" in Südostanatolien dem türkischen Staat zugesprochen. Die Unionsfraktion im Deutschen Bundestag nennt dies ein "Sinnbild für die Verdrängung des Christentums" und will den Fall vor dem Europäischen Gerichtshof sehen. Die SPD fürchtet den Verlust christlicher Kultur am Bosporus.
Von PRO

Wie der Stiftungsvorsitzende des Klosters, Kuryakos Ergün am Donnerstag mitteilte, entschieden die Richter in Ankara in dem bereits seit Jahren andauernden Rechtsstreit um die Länderreien nun zugunsten des türkischen Schatzamtes. Details seien noch unklar, das Kloster warte auf den offiziellen Bescheid, meldet die Katholische Nachrichtenagentur (KNA).

Das Kloster "Mor Gabriel" war bereits im vierten Jahrhundert gegründet worden. Mit der Klage hatte das türkische Schatzamt seinen angeblichen Anspruch auf einige Felder in der Umgebung des Klosters durchsetzen wollen. Die Klage wurde im Juni 2009 von einem Gericht in der südosttürkischen Stadt Midyat zurückgewiesen und ging daraufhin an das Berufungsgericht in Ankara.

Union: Ein Fall für den Europäischen Gerichtshof

Die CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag äußerte sich derweil besorgt über das Urteil. Die Beauftragte für Kirchen und Religionsgemeinschaften der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Maria Flachsbarth, wünscht sich eine Untersuchung des Falls vor dem Europäishen Gerichtshof für Menschenrechte. "Wir dürfen nicht zulassen, dass das weitreichende Urteil den Erhalt des Klosters im Tur Abdin in Frage stellt. Der Abt sowie die weiteren verbliebenen Bewohner des Klosters und die aramäische Gemeinde dürfen sich unserer Solidarität sicher sein. Wir müssen nun mit vereinten Kräften auch gemeinsam mit unseren europäischen Partnern sehen, mit welchen konkreten Maßnahmen wir dem Kloster Mor Gabriel zur Seite stehen können", teilte sie am Montag mit.

Ute Granold, Sprecherin des Stephanuskreises für Religionsfreiheit, bezeichnete die Gerichtsentscheidung bereits am Freitag als einen "schweren Schlag für das Kloster". Immer wieder habe sich das Kloster gegen Versuche wehren müssen, seinen Grundbesitz zu enteignen. Es sei zu befürchten, "dass es sich bei dem nun gesprochenen Urteil um den Beginn einer Entwicklung handelt, die das Kloster in seiner Existenz bedroht", so Granold.

Granold wies darauf hin, dass auch der aktuelle Fortschrittsbericht der EU-Kommission auf "eklatante Mängel im Bereich der Religionsfreiheit" hingewiesen hat. Die Existenz der christlichen Gemeinschaft in der Türkei sei zum Beispiel auch dadurch bedroht, dass es nicht erlaubt sei, "ihren Nachwuchs an Geistlichen auszubilden und auch Unterricht in der Sprache der Minderheiten zu erteilen".

Die Sprecherin der Unionsfraktion für Menschenrechte, Erika Steinbach, sieht die Situation des Klosters als "geradezu symbolisch für die schwierige Lage der Christen in der Türkei". Auch wenn das Urteil noch nicht rechtskräftig sei, so bedeute es einen "schweren Rückschlag für die Christen in der Türkei und lässt für die Zukunft wenig Gutes erwarten". Steinbach weiter in einer Pressemeldung: "Sinnbildhaft steht der Entzug von Grund und Boden des Klosters ‚Mor Gabriel‘ für die Verdrängung des Christentums in der Türkei."

Die Vorsitzende des Bundes Katholischer Unternehmer und Bundestagsabgeordnete der Union, Marie-Luise Dött, erklärte am Montag: "Ich bedauere es, dass der türkische Staat nicht Willens oder in der Lage ist, dieses Kloster zu erhalten." Sie fordere die Türkei auf, die Religionsfreiheit von Minderheiten im Land zu schützen. "Mit etwas gutem Willen könnte der türkische Staat auch nach dem Urteil noch konstruktiv auf das Kloster zugegehen und die Ländereien zurückgeben oder an die Christen verpachten", so die Politikerin.

SPD: Mor Gabriel verdient Schutz

"Das Kloster Mor Gabriel verdient unseren Schutz und muss dauerhaft erhalten bleiben", teilte am Dienstag auch die SPD-Fraktion mit und appellierte an das Oberste Gericht in Ankara, das Verfahren zu prüfen. "Mor Gabriel ist das geistliche und kulturelle Zentrum syrisch-orthodoxer Christen in Suedostanatolien und eines der letzten dieser intakten Kloester in der Tuerkei. Das Urteil des Obersten Gerichtshofes wird dazu fuehren, die religiöse Vielfalt in der Tuerkei weiter zu schwächen. Das in der Europäischen Menschenrechtskonvention festgeschriebene Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit darf aber nicht über Umwege ausgehöhlt werden", hieß es weiter.

Die Streitigkeiten zwischen dem Kloster, seinen Nachbardörfern und türkischen Behörden um seine Grundstücksgrenzen begann vor drei Jahren im Zuge von Landvermessungsarbeiten zur Erstellung von Grundbüchern nach den Vorgaben der Europäischen Union. In einigen Verfahren wurde für, in anderen gegen das Kloster entschieden. (pro)

Helfen Sie PRO mit einer Spende
Bei PRO sind alle Artikel frei zugänglich und kostenlos - und das soll auch so bleiben. PRO finanziert sich durch freiwillige Spenden. Unterstützen Sie jetzt PRO mit Ihrer Spende.

Ihre Nachricht an die Redaktion

Sie haben Fragen, Kritik, Lob oder Anregungen? Dann schreiben Sie gerne eine Nachricht direkt an die PRO-Redaktion.

Offline, Inhalt evtl. nicht aktuell

PRO-App installieren
und nichts mehr verpassen

So geht's:

1.  Auf „Teilen“ tippen
2. „Zum Home-Bildschirm“ wählen