Wie Islamisten junge Menschen per Smartphone anwerben

Islamisten verhalten sich auf Social Media wie Sozialarbeiter, um einsame Jugendliche anzuwerben. Davor warnt der Extremismusforscher Andreas Zick. Er fordert bessere Präventionsmaßnahmen.
Radikale Islamisten in Pakistan nutzen die sozialen Medien, um religiöse Minderheiten hinters Licht führen und der Blasphemie zu bezichtigen

Islamistische Netzwerke suchen nach Erkenntnissen des Extremismusforschers Andreas Zick über soziale Medien gezielt nach jungen Menschen, die sie instrumentalisieren können. Es handele sich um „einzelne, vielleicht sich einsam fühlende und psychisch belastete junge Menschen“, sagte er dem epd. „Terrorgruppen können solche Menschen gut aufspüren und verfügen über soziale Netzwerke, die viele Menschen umfassen, die anwerben, mobilisieren, predigen“, sagte der Wissenschaftler mit Blick auf den zu Ende gehenden Prozess gegen den mutmaßlich islamistischen Attentäter des Solinger Stadtfestes im vergangenen Jahr.

Die Mitglieder islamistischer Netze verhielten sich wie Sozialarbeiter. Der Prozess der Anwerbung könne „schleichend und scheinbar harmlos“ beginnen. Für Radikalisierungen spielten massive Ungerechtigkeitsgefühle eine wichtige Rolle, erläuterte Zick. Daher bedienten Terrorgruppen diese Gefühle. „Sie spülen massive Opferbilder in die sozialen Netzwerke wie auch Falschinformationen.“ Der aus Syrien stammende Angeklagte im Prozess um den mutmaßlich islamistisch motivierten Messerangriff von Solingen mit drei Toten und mehreren Verletzten soll sich im Internet radikalisiert haben.

Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft war das Ziel von Issa al H., als Kämpfer der Terrororganisation „Islamischer Staat (IS)“ beim Solinger Stadtfest eine möglichst große Zahl von Menschen zu töten. Der 27-Jährige war Ende 2022 als Geflüchteter nach Deutschland gekommen. Die Bundesanwaltschaft fordert eine Verurteilung unter anderem wegen dreifachen Mordes und zehnfachen versuchten Mordes. Am Mittwoch soll das Urteil verkündet werden.

Zick warb dafür, Präventionsmaßnahmen hierzulande auszubauen. Es gebe zwar Netzwerke für die Prävention von Radikalisierung und Gewalt, sagte der Extremismusforscher. Leider seien diese aber nicht flächendeckend vorhanden. Radikalisierung sei heutzutage vielschichtiger, neue Terrorformen müssten daher im Blick sein, mahnte der Direktor des Instituts für Interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung an der Universität Bielefeld. Menschen, die andere deradikalisieren wollen, benötigten selbst eine Plattform, über die sie Informationen bekommen. „Es wäre gut, wenn wir ähnlich wie bei Schul-Amoktaten ein kluges Kommunikationsnetzwerk haben.“ Dafür fehle jedoch die nötige Förderung.

epd
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