Wie gehen Christen mit Leid und Katastrophen wie dem jüngsten Flugzeugabsturz um? Gegenüber der B.Z. hat der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm überraschend klare Worte gefunden.
Von PRO
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Schwere Unglücke oder Katastrophen führen uns die Endlichkeit des Lebens vor Augen, findet Heinrich Bedford-Strohm
„Gott ist immer bei den Opfern, mittendrin“, sagte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, im Interview mit der B.Z. auf die Frage, wo Gott eigentlich sei, wenn ein Unglück wie der Absturz der Germanwings-Maschine vergangene Woche passiert. Im Kreuzestod Jesu habe Gott menschliches Leiden selbst erfahren. Deshalb könnten Christen sagen, „dass Gott bei denen ist, die leiden und verzweifelt sind“, so Bedford-Strohm.
Gefragt nach dem Grund, warum ein allmächtiger und liebender Gott solche Katastrophen überhaupt zulasse, erwiderte der Ratsvorsitzende: „Ich glaube nicht, dass Gott auf den Flugzeugabsturz- oder Tsunami-Knopf drückt“. Menschen seien als Ebenbild Gottes und nicht als seine „Marionetten“ geschaffen. Der Gott der Bibel wolle Leidende vielmehr trösten und ihre Tränen abwischen.
Bedford-Strohm leide mit den Familien der Opfer des Flugzeugabsturzes, die sich die Frage stellen, warum gerade ihre Angehörigen betroffen waren. Der Theologe zieht eine Parallele von der Verzweiflung der Trauernden, die manchmal sogar anklagend sein könne, zu Jesu Ruf am Kreuz: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen“. Christen vertrauten darauf, dass Gott in ihren dunkelsten Stunden bei ihnen sei. „Gott leidet mit uns“, sagte Bedford-Strohm. Aus seiner Zeit als Notfall-Seelsorger wisse er aber, dass Trauernde vorschnelle Trostworte oft als „billig“ empfinden. Deshalb sei es am Wichtigsten, das Leiden mit den Hinterbliebenen auszuhalten.
„Leiden hat nicht das letzte Wort“
Schwere Unglücke oder Katastrophen konfrontierten die Menschen „in einer brutalen Weise“ mit der Endlichkeit des Lebens. Bedford-Strohm zitiert dazu Psalm 90, in dem es heißt: „Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden”. Angesichts des großen Leides könne das heißen, dankbar zu sein für Familienmitglieder und Nahestehende und ihnen diese Dankbarkeit auch zu zeigen.
Nach jetzigem Stand der Ermittlungen brachte der Co-Pilot der Germanwings-Maschine das Flugzeug absichtlich in den französischen Alpen zum Absturz. Der EKD-Ratsvorsitzende glaubt nicht, dass irgendwelche „dunklen Mächten“ dafür verantwortlich waren. „Die Macht, die in unserem Leben wirkt, ist Gott, und er möchte das Leben“, erklärt Bedford-Strohm. Dennoch sei es eine traurige Wahrheit, dass Menschen immer wieder schwere Schuld auf sich laden. Welche Abgründe der Seele zu diesem Akt großer Schuld geführt haben, wisse kein Mensch.
Leiden und Tod würden in der Gesellschaft verdrängt. Deshalb sei es heute besonders wichtig, in der Karwoche vor Ostern an das Leiden und Sterben Christi zu erinnern, sagte Bedford-Strohm. Christen blickten nicht nur auf das Leid, sondern auch darüber hinaus. Da auf Karfreitag Ostern, das Fest der Auferstehung, folge, werde deutlich, „dass Leiden nicht das letzte Wort hat“. Der Protestant glaubt, dass der Karfreitag in der ganzen Gesellschaft – über religiöse Grenzen hinweg – Orientierung geben könne. Sich an einem Tag im Jahr mit Tod und Leiden auseinanderzusetzen, betrachtet er als ungeheuer wichtig. „Es gibt viele andere Gelegenheiten, bei denen wir unserer Lebenslust Ausdruck verleihen können“, verteidigt Bedford-Strohm den gesetzlichen Schutz des Karfreitags als so genannten stillen Feiertag. (pro)
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