Flucht vor Scientology

Jenna Miscavige Hill ist die Nichte von Scientology-Chef David Miscavige. 2005 verließ die 29-Jährige die Sekte. Im Magazin Stern berichtet sie nun von ihrer verlorenen Kindheit und ihrer Flucht.

Von PRO

Einen „Heuchler” nennt Jenna ihren Onkel heute. Er habe ein gewalttätiges Temperament. Als sie angefangen habe Scientology zu kritisieren, sei sie von der Sekte terrorisiert worden. Privatdetektive hätten sie rund um die Uhr bewacht und Freunde ausgefragt. Vor ihrem Ausstieg habe Scientology ihren heutigen Mann, der selbst Mitglied war, unter Druck gesetzt: „Sie warnten ihn vor mir und drohten, dass er seine Familie nie wiedersehen würde, wenn er mit mir die Sekte verließe."

Ihr ganzes Leben hat die junge Frau in der Sekte verbracht, bis sie vor acht Jahren floh. Vom sechsten bis zum zwölften Lebensjahr habe sie auf der „Ranch”, einer Art Erziehungscamp, arbeiten müssen. Dort habe es Bestrafungen gegeben, wenn die Kinder zu langsam oder unordentlich waren. Dann hätten sie in einem dunklen Raum ohne Decke schlafen müssen, in dem nachts die Fledermäuse geflogen seien. Es gehöre zudem zur grundlegenden Philosophie Scientologys, Kinder wie Erwachsene zu behandeln. Weil Scientologen gegenüber Lehrern skeptisch sind, erhielten die Kinder dort keine angemessene Schulausbildung: „Ich hatte keine Ahnung von Politik und besaß kein Bankkonto. Ich wusste nicht, was Steuern waren oder wie man ein Autor fährt. Außer lesen und schreiben lernt man bei Scientology nichts”, sagt Jenna in der aktuellen Ausgabe des Magazins Stern.

„Ich glaube nicht an Gott”

Rückblickend bezeichnet sie die Erziehung in der Sekte als Gehirnwäsche. „Ich kam nie zum Nachdenken. Wir waren nie allein. Ich habe mit sechs anderen Mädchen gewohnt, wir konnten nie über Dinge sprechen, die uns wirklich beschäftigten. Die Dusche war der einzige Ort für mich allein.” Prominente würden anders behandelt als normale Mitglieder, hätten ihren persönlichen Berater, es gebe Empfänge für sie, sie würden umschwärmt.

„Der Kampf gegen Scientology ist jetzt meine Mission”, erklärt Jenna Miscavige Hill. Unter dem Titel „Jennas Kampf” hat sie ein Buch über ihr Leben in der Sekte veröffentlicht, unterhält eine Webseite für Aussteiger. „Ich glaube nicht an Gott. Ich kann es nicht leiden, wenn Leute meinen Kindern sagen: Der Regen kommt vom lieben Gott! Mir wäre es lieber, sie würden erklären, wie Wasser verdunstet und sich Wolken bilden. Als Kind habe ich mein Hirn so sehr verbiegen müssen, ich kann heute nur dem trauen, was ich mit eigenen Augen sehe und mit dem Verstand begreife”, sagt sie. (pro)

Helfen Sie PRO mit einer Spende
Bei PRO sind alle Artikel frei zugänglich und kostenlos - und das soll auch so bleiben. PRO finanziert sich durch freiwillige Spenden. Unterstützen Sie jetzt PRO mit Ihrer Spende.

Ihre Nachricht an die Redaktion

Sie haben Fragen, Kritik, Lob oder Anregungen? Dann schreiben Sie gerne eine Nachricht direkt an die PRO-Redaktion.

Offline, Inhalt evtl. nicht aktuell

PRO-App installieren
und nichts mehr verpassen

So geht's:

1.  Auf „Teilen“ tippen
2. „Zum Home-Bildschirm“ wählen