FAZ: Muslime, emanzipiert euch!

Die Muslimin und Luther-Preisträgerin Emel Zeynelabidin hat von den Islamverbänden in Deutschland mehr Reformgeist gefordert. In einem Beitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (FAZ) kritisiert sie eine "Fatwa-Industrie", ruft Gläubige zur Emanzipation auf und erklärt, warum sie das Kopftuch vor Jahren abgelegt hat.

Von PRO

Für Emel Zeynelabidin ist der Islam reformerisch und sein Prophet Mohammed ein Frauenrechtler. Aber die Islamverbände schafften es nicht, das auch nach außen zu kommunizieren. Sie hielten an veralteten Regeln fest und sperrten sich Reformen. So schreibt die Kommunikationsmanagerin über die Verbände: "Ich möchte erwarten, dass sie den Reformgeist aus dem Islam übernehmen und sich wie eine moderne Menschenrechtsorganisation für die kritische Bildung und Aufklärung der heranwachsenden Generation einsetzen, vor allem im Interesse der Frauen." Sie vermisse eine "professionelle, vorbildliche und gleichberechtigte Zusammenarbeit von Männern und Frauen in diesen Organisationen".

Im Islam habe sich eine "Fatwa-Industrie" entwickelt, in der Rechtsgelehrte Gutachten erstellten, die einem Großteil der Muslime vorschrieben, wie sie zu leben und den Koran zu deuten hätten. So habe sie selbst während einer Schwangerschaft eine Fatwa, also ein islamisches Rechtsgutachten, finden müssen, das ihr eine Kur genehmigen sollte – schließlich sei sie als Frau allein, ohne Begleitschutz, unterwegs gewesen. "Was hier seit Jahrhunderten praktiziert wird, erscheint aus heutiger Sicht als Konditionierung, mit der Herrschaft über die Ansichten und Vorstellungswelten von Menschen ausgeübt wird", schreibt sie.

"Verhüllungszwang" neu diskutieren

Die Tochter des Gründers der "Türkischen Union Europas", der Vorgängerorganisation von "Milli Görüs", erklärt in ihrem Beitrag, warum sie sich schon vor Jahren gegen das Tragen eines Kopftuches entschieden hat: "Wenn Musliminnen meinen, sie müssten sich verhüllen, um sich als anständige Frau sichtbar abzugrenzen, dann kann ich dazu nur feststellen, dass diese Verhüllung heute keineswegs die geeignete Antwort auf die respektlose Vermarktung des weiblichen Körpers in nichtmuslimischen Gesellschaften darstellt." Seit ihrer "Enthüllung" habe sie neue Lebenswelten erschlossen. Zuvor hätte die Verhüllung eine Distanz zu ihren Mitmenschen generiert. "Ohne das Kopftuch fühle ich mich heute dank eines neuen Erlebens von Gott und Mensch religiöser denn je und frage mich, was Bekleidung mit Religion und dem Willen Gottes zu tun haben mag", schreibt sie und spricht sich gegen das unreflektierte Befolgen von Regeln aus. Auch über einen solchen "Verhüllungszwang" sollten die Islamverbände sprechen und eine Interpretation vortragen, die ihn als eine "in Raum und Zeit eingebundene Vorschrift darstellt", deren Gültigkeit also heute fraglich wäre.

Bisher sei es weder der Mehrzahl der Muslime, noch den Verbänden gelungen, den Koran in einem positiven Licht zu zeigen. "Eher baut das auf ihr Koranverständnis zurückzuführende Menschen- und Gottesbild zwischen den verschiedenen Lebenswelten unüberbrückbare Mauern auf, indem sie mit dem Koran etwa Antisemitismus als eine Form des Rassismus oder die Diskriminierung von Homosexuellen rechtfertigen", stellt Zeynelabidin fest. (pro)

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