Fasten in der Moderne: Wenn das Auto in der Garage bleibt

Die lauten Karnevalstage sind fast vorbei – bei vielen Christen kehrt in dieser Woche die Zeit der Besinnung ein. Am Mittwoch begehen vor allem die Landeskirchen die 40-tägige Fastenzeit. Dass die in der Moderne anders aussehen kann als gewohnt, beweisen Aktionen wie das "Auto-" oder das "SMS-Fasten".
Von PRO

Laut einer Umfrage der Zeitschrift „stern“ begeht ein Fünftel der deutschen Bevölkerung die Zeit vor Ostern ganz bewusst und fastet. Viele Deutsche nutzen die traditionelle Fastenzeit, um dem körperlichen Wohl auf die Sprünge zu helfen. Diäten und Heilfasten stehen besonders in den sieben Wochen vor Ostern bei vielen auf dem Plan.

Fasten bietet Raum für Ungewohntes

Für Christen spielen die medizinischen Aspekte des Fastens eine untergeordnete Rolle. „Wir brechen mit Gewohnheiten, selbstverständlichen Gesten des Alltags, machen etwas anders als sonst und bringen damit, leise und ohne ruckartige Bewegungen, gewohnte Ordnungen durcheinander“, heißt es etwa auf der Homepage der Aktion „7 Wochen ohne“ der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Durch den ungewohnten Verzicht soll Ruhe einkehren im Leben – um Raum für den Glauben zu schaffen. Zwei Millionen Menschen beteiligen sich laut Angaben der Verantwortlichen an dem EKD-Projekt.

Dabei ist der Verzicht bei weitem nicht auf das Essen beschränkt. Bei „7 Wochen ohne“ sollen Teilnehmer durch Kalender mit begleitenden Bibelworten motiviert werden, 40 Tage lang Ungewohntes in ihr Leben Einzug halten zu lassen – zum Beispiel indem sie nicht jeden Abend vor dem Fernseher ausklingen lassen, indem sie gezielt Kontakt zu Fremden suchen oder indem sie mehr Zeit mit der Bibel verbringen.

Die Aktion fand 1983 ihre Anfänge. Journalisten und Theologen beschlossen während einer Kneipenrunde, die Fastenzeit nicht mehr nur wegen des christlichen Rituals einzuhalten, sondern die Tage vor Ostern als Antrieb für eine Lebensveränderung anzunehmen. Den Auftakt der 25. „7 Wochen ohne“ bildet in diesem Jahr ein Festgottesdienst in der Frankfurter St. Katharinen-Kirche am Aschermittwoch um 18 Uhr. „Sich entscheiden! 7 Wochen ohne Zaudern“ lautet das diesjährige Motto.

Ein ähnliches Projekt bietet der Verein „Andere Zeiten“. „7 Wochen anders leben“ heißt die Aktion, bei der Teilnehmer wöchentlich einen begleitenden Brief mit Erfahrungsberichten und Anregungen, einer biblische Geschichte zum Thema Fasten, Gedichten und einer Karikatur erhalten. Eine Broschüre ergänzt das Material. In einem „Fastenforum“ auf der Internetseite des Vereins können sich die Teilnehmer austauschen. „7 Wochen anders leben“ findet zum siebenten Mal statt. Nach eigenen Angaben beteiligen sich rund 20.000 Menschen an dieser Fastenaktion.

Beten für Deutschland

„40 Tage beten und fasten für unser Land“ ist das Motto einer Gebetsbewegungen, die zum „Runden Tisch ‚Gebet‘ der Koalition für Evangelisation“ gehört. Mehr als 70 Organisationen und Gebetsbewegungen beteiligen sich an der Fürbitteaktion in deren Mittelpunkt die Zehn Gebote stehen. Teilnehmer können das begleitende Gebetsheft „Gottes Top Ten“ bestellen und das Gebet durch gezieltes Fasten unterstützen. Die Aktion wird am Aschermittwoch um 20 Uhr mit einem Gebetsgottesdienst in der Karlsruher Matthäuskirche eröffnet.

Das Auto mal stehen lassen

Ganz konkrete Gestaltungsvorschläge machen hingegen die Bistümer Trier und Mainz, die Evangelischen Kirchen im Rheinland, in Hessen-Nassau und in der Pfalz. Gemeinsam mit dem Rat christlicher Kirchen im Großherzogtum Luxemburg laden sie zum „Auto-Fasten“ ein. Teilnehmer sollen das Auto möglichst häufig stehen lassen und statt dessen umweltfreundliche Verkehrsmittel nutzen oder zu Fuß gehen.

Wer partout nicht auf das Auto verzichten kann, ist aufgefordert, ein Energie-Sparprojekt in Tansania zu unterstützen. Die Aktionszeit dauert vier Wochen. Unter den angemeldeten Teilnehmern verlosen verschiedene Verkehrsbetriebe Gutscheine zum kostenlosen Nutzen öffentlicher Verkehrsmittel. Anmeldeschluss ist der 2. März, das Fasten beginnt am 8. März und endet am 5. April.

Bibelverse aufs Handy

Das „Domradio“ und die „Katholische Fernseharbeit der Deutschen Bischofskonferenz“ bieten „SMS-Fasten“ an. Vom 25. Februar bis 12. April bekommen Teilnehmer jeden Tag einen Bibelvers per Kurznachricht auf das Mobiltelefon. Die SMS soll den gewohnten Tagesrhythmus unterbrechen und zur Besinnung auf Gott auffordern. Die Anmeldung kostet 4 Euro. Unterstützt wird die Aktion unter anderem von Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff und dem ZDF-Moderator Peter Frey. Das „SMS-Fasten“ wurde 1999 ins Leben gerufen und ist laut „Domradio“ die bundesweit älteste SMS-Aktion einer kirchlichen Einrichtung zur Verkündigung.

Ob Jesus heutzutage auf das Auto verzichtet hätte, anstatt 40 Tage lang zu hungern, kann niemand sagen. Für manch jungen Menschen aber mag der Versuch, sich den modernen Gegebenheiten zu entziehen – seien es Verkehrsmittel, der Computer oder der Fernseher -, wesentlich schwieriger sein, als die Abstinenz von Süßigkeiten oder Alkohol. Eine Emnid-Umfrage aus dem Jahr 2008 ergab laut „Saarländischem Rundfunk“, dass dem Aufruf zum Autofasten 27 Prozent der Deutschen auf gar keinen Fall nachkommen würden. Weitere 16 Prozent könnten auf ihre tägliche Ration Schokolade nicht verzichten. Zwölf Prozent würden dem Kaffee treu bleiben und für jeweils elf Prozent wären das Fernsehen und das Internet unverzichtbar. Beim Fleisch könnten sich nur sieben Prozent nicht zurückhalten. Ohne Handy und Alkohol kämen der Umfrage zu folge die meisten Bundesbürger aus. Hier wollten sich nur fünf und vier Prozent nicht beschränken. (PRO)

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