Familie, der wichtigste Ort der Medienerziehung

Politiker wollen Kinder durch ein Verbot gewalthaltiger Computerspiele besser schützen. Jahrelang diskutierte Forderungen sollen nach dem Willen des Bundesfamilienministeriums nun endlich konkret werden. Darüber können Eltern sich einerseits freuen. Dennoch kann noch lange keine Entwarnung in Bezug auf den Medienkonsum der Kinder und Jugendlichen gegeben werden.
Von PRO

Erziehung zu einem verantwortlichen und positiven Umgang mit Medien findet in erster Linie im Elternhaus statt. Aber zu viele Eltern widmen dem Thema noch immer zu wenig Aufmerksamkeit und lassen ihre Kinder unkontrolliert vor Bildschirmen sitzen.

Die Diskussion der Politiker über einen wirksamen Schutz von Kindern konzentrierte sich in den vergangenen Monaten ausschließlich auf Computerspiele. Kinder begegnen Aggressionen, Hass und Gewalt jedoch nicht nur in Spielen. In den vergangenen 20 Jahren haben Ausbreitung und Darstellung von Gewalt eine neue Dimension angenommen: Durch Privatfernsehen und Internet, durch immer bessere technische Möglichkeiten in Spielen, durch digitale Foto- und Filmtechnik im Internet und auf Handys hat die Darstellung der Grausamkeit in vielen Kinderzimmern Einzug gehalten.

Welche Werte und Vorbilder insbesondere das Fernsehen den Kindern vermitteln, darüber gibt es inzwischen zahlreiche Untersuchungen. Alle jedoch haben eine Grundaussage: Es ist heute mehr denn je entscheidend, dass Kinder einen kritischen und verantwortungsvollen Umgang mit Fernsehen und Computer lernen.

Medienerziehung fängt beim ersten Einschalten an

pro-Redakteurin Ellen Nieswiodek-Martin hat zu diesem Thema ein Buch veröffentlicht, in dem die wichtigsten Regeln einer realistischen und pädagogisch wertvollen Medienerziehung zusammengefasst sind: „Kinder in der Mediengesellschaft – Fernsehen, Computer und Erziehung“ (Hänssler Verlag, 2006). Lesen Sie nachfolgend die Grundlagen für eine Medienerziehung – in Kernsätzen zusammengefasst.

Vorschulkinder und Medien

• Babys und Kleinkinder unter zwei Jahren brauchen weder Fernsehen noch Computer. Ab zwei Jahren hängt es vom Entwicklungsstand des Kindes ab, ob es zwischen 15 und 20 Minuten Fernsehen schauen kann.

• Lassen Sie den Fernseher nicht nebenher als „Hintergrundberieselung“ laufen.

• Machen Sie den Fernseher nicht zum beherrschenden Mittelpunkt im gemeinsamen Wohnzimmer. Stellen Sie ihn in einen Schrank oder wenn möglich, in ein Gästezimmer.

• Für Kinder zwischen drei und fünf Jahren genügt eine Sendung pro Tag (20 bis 30 Minuten).

• Medienkompetenz bedeutet für Kinder zuerst, zu wissen, wo der Ausschaltknopf ist.

• Vereinbaren Sie Regeln: Nach einer Sendung ist Schluss, dann machen wir aus. Bleiben Sie konsequent von Anfang an.

• Kleine Kinder sollten nicht alleine fernsehen. Benutzen Sie den Fernseher nicht als Babysitter. Vorschul-, aber auch Grundschulkinder benötigen die Begleitung von Erwachsenen. Eine gelegentliche Ausnahme können kurze Videofilme (20 bis 30 Minuten) mit bekanntem Inhalt sein.

• Manche Vorabendsendungen und vor allem Nachrichten machen Kindern Angst. Sprechen Sie mit ihrem Kind und helfen Sie ihm, das Gesehene einzuordnen, sprechen Sie über die Angstauslöser.

• Erklären Sie Ihrem Kind den Unterschied zwischen Werbung und Filmen. Gerade im Kinderprogramm muss Werbung zwar deutlich gekennzeichnet sein, es gibt aber so viele Ausnahmen, dass die Grenzen für Kinder nicht zu erkennen sind.

• Seien Sie nicht irritiert, wenn Ihr Kind beim Fernsehen spricht oder im Zimmer umherläuft. Hierdurch verarbeitet es die Fernseherlebnisse. Kinder brauchen viel Bewegung. Geben Sie ihrem Kind die Möglichkeit dazu.

Grundschulkinder und Medien

• Verbieten Sie Ihrem Kind Fernsehen und Computernutzung nicht grundsätzlich. Es muss lernen, sich in einer Welt zurechtzufinden, die sehr stark durch Medien bestimmt ist. Auf das richtige Maß kommt es an.

• Setzen Sie Medien nicht als Mittel für Belohnung und Strafe ein! Dadurch verleihen wir den Flimmerkisten zu große Bedeutung. Oft haben solche Strafen mit dem eigentlichen Grund der Bestrafung (z.B. das Zimmer wurde nicht aufgeräumt) nichts zu tun, aber der Wert des Fernsehens wird durch das Verbot noch gesteigert.

• Beobachten Sie Ihr eigenes Fernsehverhalten! Zappen Sie selber ziellos durch die Programme? Welchen Anteil ihrer Freizeit füllen Sie durch TV-Programm und Video? Kinder erfassen ohne Worte, welchen Stellenwert das Fernsehen für ihre Eltern hat.

• Vereinbaren Sie mit Ihren Kindern klare Regeln, wann, wie lange und was sie im Fernsehen gucken dürfen und achten Sie auf die Einhaltung der Vereinbarung.

• Setzen Sie eine tägliche Gesamtmedienzeit fest! Diese setzt sich zusammen aus der Nutzung aller Medien. Bei Grundschulkindern reichen an Schultagen 60-70 Minuten.

• Fernseher und Computer gehören nicht ins Kinderzimmer. Dort haben Eltern keine Kontrolle darüber, wie lange und was die Kinder sehen.

• Kinder sollten die Eltern fragen, bevor sie TV oder Computer einschalten.

• Achten Sie darauf, was die Kinder schauen. Viele Eltern vertrauen darauf, dass das Kinderprogramm Kindern nicht schadet. Aber auch dessen Inhalte sollte man kritisch unter die Lupe nehmen. Reden Sie mit dem Kind über die Inhalte und fördern Sie einen kritischen Umgang mit Filmen und Spielen.

• Verbote stoßen auf Widerstand statt Einsicht. Auch wenn es schwer fällt: Lehnen Sie Filme und Serien nicht von vorneherein ab. Besser: mit dem Kind gemeinsam die Sendung ansehen und hinterher darüber reden.

• Suchen Sie das Gespräch. Fragen Sie Ihr Kind, was ihm gefällt, was es an der Sendung faszinierend findet. Erklären Sie sachlich, was Ihnen nicht gefällt.

• Führen Sie eine monatliche Übersichts-Liste. In diese sollten Kinder ihr Medien-Konsumverhalten eintragen. Am Ende des Monats sollte man diese gemeinsam bewerten.

• Beobachten Sie Ihr Kind: Ist es nach der Fernsehsendung zappelig und unausgeglichen, hat es vermutlich zu lange geschaut. Achten Sie auf diese Signale und sorgen Sie für Ausgleich: Bewegung an der frischen Luft baut Spannungen ab.

• Beachten Sie bei Computerspielen die Altersempfehlungen der Unterhaltungs-Software-Selbstkontrolle (USK).

• Lassen Sie Ihr Kind vor dem Computer nicht alleine. Spielen Sie ein neues Spiel gemeinsam, zeigen Sie Interesse.

• Bieten Sie Alternativen zum Medienkonsum an. Welche Freizeitbeschäftigungen sind in der Familie sonst noch wichtig? Planen Sie gemeinsame Aktivitäten als Familie ohne Fernseher!

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Viele weitere Informationen und Tipps zum Umgang mit Fernsehen, Internet, Handy und Co. erhalten Sie in dem Buch: „Kinder in der Mediengesellschaft“ (7,95 Euro) aus der Reihe „proWerteBibliothek“ beim Hänssler Verlag. Bestellung: Telefon (06441) 915 151, E-Mail pro@kep.de oder im Internet unter www.wertebibliothek.de.

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