Falsche Christen gegen echtes Höllenspiel

Im Computerspiel "Dante's Inferno" kämpft sich der Spieler durch die Hölle, köpft Monster mit einem Kruzifix und tötet Babys. "Die Hölle ist kein Spiel!" skandierte daraufhin eine Gruppe von Demonstranten vor dem Gelände einer Spielemesse. Ein Skandal, denn die angeblich protestierenden Christen waren gekauft und die Demo nicht mehr als ein Marketingtrick.
Von PRO

„Das Kreuz ist keine Waffe!“ „Electronic Arts ist der elektronische Anti-Christ.“ Eine Woche ist es her, da hielten Männer und Frauen vor dem Veranstaltungsort der Spielemesse „Electronic Entertainment Expo“ (E3) in Los Angeles Schilder mit vermeintlich christlichen Botschaften hoch und skandierten Zeilen wie: „Unser Highscore ist im Himmel“ oder „Tauscht eure Playstation gegen eine Praystation“. „Heilsprediger gegen virtuelle und ewige Verdammnis“ nannte sich die rund 20 Personen starke Gruppe. Ihr Zorn richtete sich gegen „Electronic Arts“ (EA) und deren bald erscheinendes Spiel „Dante’s Inferno“, das auf der Spielemesse vorgestellt wurde. Nicht nur zahlreiche Blogger und Twitterer stürzten sich auf die Nachricht von den frommen Demonstranten. Das Magazin „PC Games“ berichtete genauso über den Vorfall wie „Spiegel Online“. Das Nachrichtenportal titelte: „Christen verdammen Höllenspiel“. Doch damit gingen Profi- und Amateurjournalisten den Spielemachern gehörig auf den Leim, wie sich nun herausstellte. Die Christen, die Demo, die Plakate – alles war gefälscht und eine detailliert durchdachte Medienstrategie, um das Spiel bekannter zu machen.

„Brutal, eklig, geschmacklos“

„Dante’s Inferno“ greift die Geschichte der „Göttlichen Komödie“ von Dante Alighieri auf. Im Spiel muss sich der Held Dante durch die Hölle kämpfen, um seine Geliebte Beatrice vor bösen Monstern zu retten. Das tut er unter anderem mit Kruzifixen, die die Ausgeburten der Hölle töten. Im Laufe des Spiels köpft, ersticht und erschlägt der Spieler unter anderem auch Babys, wie „Spiegel Online“ berichtete. Am Ende soll er Luzifer selbst gegenüber stehen. Das Nachrichtenportal bezeichnet das Spiel zudem als „ausgesprochen brutal“, „eklig“ und „geschmacklos“.

Für „EA“ boten sich diese Attribute scheinbar gut an, um einen Protest „christlicher Fundamentalisten“ zu inszenieren. Die gekauften Demonstranten sollen den Erfindern des Spiels Hexerei, die Huldigung Satans und sexuelle Perversion vorgeworfen haben. Sogar Interviews gaben die vermeintlichen Christen den Journalisten. „Wir wollen nicht, dass jemand die Hölle als einen Ort glorifiziert, den man aus Spaß besucht“, soll der 36-jährige Christian Kidd gegenüber „Spiegel Online“ gesagt haben und weiter: „Warum muss es ein Videospiel geben, das meine Religion beschmutzt? Warum muss man Satan zum Superhelden machen? Wir haben nichts gegen Spieler, aber wer braucht so ein Spiel?“ Wenige Meter weiter, innerhalb der Messeräume, verteidigte währenddessen ein Sprecher von „EA“ das Spiel: „Alighieris Komödie ist 700 Jahre alt und ein fiktionales Werk – also genau das, was unser Videospiel auch ist. Ich sehe da keine Kontroverse.“

Werbestrategie war bis ins Detail durchdacht

Schon vor einer Woche deutete „Spiegel Online“ an, dass es sich bei der Demonstration nur um eine Werbestrategie handeln könnte. Zu plump kam etwa die Internetseite der „Heilsprediger gegen virtuelle und ewige Verdammnis“ daher, auf der schlecht animierte Kreuze das Wort „Sünde“ zerschlagen und die Macher zu einem Kreuzzug gegen das Verkommen der Jugend aufrufen. „Ist es dieses Spiel wirklich wert, den Preis ewiger Verdammnis zu zahlen?“, heißt es dort unter anderem. Links verwiesen auf die Seiten von „EA“.

Auffällig war auch die schnelle Reaktion der Spielemacher auf die Christendemo. Schon während der Messe twitterte „EA“: „Wow! Leute protestieren gegen Inferno auf der E3“, und versäumte es nicht, Fotos von der Demo online zu stellen. Eine Nutzerin schrieb am selben Tag im „Facebook“-Account von „EA“: „Ich kann es nicht glauben. Da waren Protestierende bei der E3. Ich glaube, dieses Spiel wird absolut fantastisch werden! Ich kann es kaum erwarten!!!“

„Das Ganze war dann doch einfach zu seltsam, um wahr zu sein“, schreibt „Spiegel Online“ am heutigen Dienstag und bezeichnet die eigenwillige Werbestrategie als „Publikumstäuschung“ über die „echte Christen durchaus sauer sein könnten“. Eins ist mittlerweile klar: Die Demonstranten waren „bezahlte Mitarbeiter einer Agentur für virales Marketing“. Das gab die „EA“-Sprecherin Holly Rockwood laut der Nachrichtenagentur „Associated Press“ (AP) zu. Wie Christen auf der ganzen Welt auf den Skandal reagieren, bleibt abzuwarten. (PRO)

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